Günstige Personalwohnungen:Finanzamt als Preistreiber

Lesezeit: 2 min

Wenn "geldwerter Vorteil" zum blanken Zynismus wird

" Zu günstig fürs Finanzamt" ( 16. November) und die Besteuerung günstiger Bedienstetenwohnungen fürs Pflegepersonal der Barmherzigen Schwestern in und um München:

Fairness wird bestraft

Wie widersprüchlich ist unser Staat? In Sonntagsreden wird der Mangel an Pflegekräften, über alle Parteigrenzen hinweg, beklagt. Alle Verantwortlichen sind sich einig, dass die Bezahlung der Pflegekräfte unbedingt erhöht werden muss, damit ein auskömmliches Leben davon - auch in den Ballungsgebieten - bezahlt werden kann. Dabei sind die extrem hohen Mieten, zum Beispiel in München, ein Hautproblem bei der Anwerbung von Pflegekräften.

Die Barmherzigen Schwestern, deren Ordensgemeinschaft in München und Umgebung zwei Krankenhäuser und Pflegeheime betreibt, sorgen für günstigen Wohnraum für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Mieten betragen dort im Durchschnitt neun bis zehn Euro pro Quadratmeter.

Und was fordert unser Staat beziehungsweise das Finanzamt? "Die Mitarbeiter des Ordens sollen nun auf den geldwerten Vorteil Steuern bezahlen." Statt dass der Staat selbst für bezahlbare Mieten sorgt, bestraft er faire Vermieter, und sein ungerechter Mietspiegel bewirkt, dass die Mieten steigen. Rolf Baumann, Taglaching

Auf Kosten der Wenigverdiener

Mit großer Hilflosigkeit - oder ist es einfach nur fehlender politischer Wille? - versuchen die staatlichen Organe, angefangen vom Bundestag bis hin zu den Gemeinden, die explodierenden Mieten einzufangen. Da ist es schon wohltuend, wenn - wie kürzlich berichtet - der Erbe eines Mehrfamilienhauses trotz der steuerlichen Nachteile auf Mieterhöhungen verzichtet. Oder wenn Einrichtungen wie die "Barmherzigen Schwestern" ihren Pflegekräften im Ballungsraum München günstige Wohnungen zur Verfügung stellen, wobei neun bis zehn Euro für den Quadratmeter in Berg-am-Laim zwar günstig erscheinen, aber sicher für die Betroffenen keinen "geldwerten Vorteil" darstellen.

Dies sind verzweifelt gesuchte Arbeitskräfte, die auch nicht besonders üppig bezahlt werden und ihre wahrlich harte Arbeit im teuren Ballungsraum München leisten wollen. Sie müssten ansonsten fern vom Arbeitsplatz im Umland günstigere Wohnungen suchen und dazu lange Wege zur Arbeit in Kauf nehmen.

Nicht nur diese Fälle beweisen, dass der Staat mit dem Instrument der Finanzverwaltung massiv die Preise nach oben treibt und damit auf Kosten der Wenigverdiener auch noch Profit macht. Freuen sich doch die Investoren - und wie viele unserer Politiker befinden sich darunter? - über die steigende Preisentwicklung auf dem Immobilienmarkt. Eine echte "Win-Win-Situation" für sie. Und auf die paar Wählerstimmen der Betroffenen kann man gerne verzichten!

Wundert sich da noch jemand über die Politikverdrossenheit? Eberhard Ried, Germering

© SZ vom 19.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: