Großprojekt:Vage Versprechungen

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Verkehrsminister Andreas Scheuer will 500 Millionen Euro für Mobilitätszentrum

Gerade erst hat München den Zuschlag für die Internationale Automobilausstellung (IAA) bekommen, da bringt Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer die Stadt für ein weiteres Großprojekt ins Spiel: Im Interview mit dem Münchner Merkur kündigt der CSU-Politiker ein "Deutsches Zentrum Mobilität der Zukunft" an, in das er 500 Millionen Euro investieren will. In Berlin allerdings wird derweil klar, dass die Pläne längst noch nicht spruchreif sind.

In dem neuen Zentrum sollen mit Blick auf die Klimaziele die Themen Mobilität und Digitalisierung zusammengebracht werden, auch an neuen Kraftstoffen soll gearbeitet werden. "Wir werden ein Forschungszentrum mit Werkstätten errichten, einen Praxiscampus, und wir werden vor allem in die Köpfe von Morgen investieren", erklärte Scheuer. Neben München als Zentrum denkt der Minister dabei an die Standorte Ottobrunn bei München und Straubing in Niederbayern. Dort wird schon jetzt viel geforscht - in Ottobrunn entsteht derzeit die neue Raumfahrt-Fakultät der TU München, in Straubing ist ebenfalls die TU vertreten, mit einem Schwerpunkt auf Biotechnologie.

Was Scheuer beschreibt, passt zumindest in der Theorie gut zum Münchner IAA-Konzept. Darin ist nämlich viel von "Ausprobieren" und neuen Mobilitätslösungen die Rede, Fahrzeuge mit verschiedenen Antriebsarten, Testflüge mit Volocoptern. OB Dieter Reiter nannte Scheuers Ankündigung eine "gute Entscheidung". München sei ideal für dieses Vorhaben. Scheuer sagte, auf Bundesebene habe er sich bislang nur mit Finanzminister Olaf Scholz (SPD) ausgetauscht, dieser habe ihm Unterstützung signalisiert. Nach der Kommunalwahl will der Bundesverkehrsminister mit der Stadt München nach geeigneten Grundstücken suchen.

Das Finanzministerium in Berlin wollte sich am Sonntag nicht zu den Plänen äußern. Von Finanzpolitikern aus dem Bundestag hieß es, für derartige Ausgaben sei kein Beschluss bekannt. Die Pläne müssten zunächst den Bundestag passieren. Ob Scheuers Plan dort aufgehe, sei jedoch völlig offen, verlautete es aus der großen Koalition. Bei Verkehrspolitikern von Scheuers Koalitionspartner SPD sind die Pläne immerhin bekannt. "Mobilität ist ein Megathema der kommenden Jahre und braucht einen Innovationsschub über das hinaus, was die Unternehmen leisten können", sagt der Verkehrspolitiker Sören Bartol. Von gesicherter Finanzierung spricht allerdings niemand. Scholz habe dem Verkehrsminister die notwendigen Mittel in Aussicht gestellt. Wie bei so vielen anderen Vorhaben in seinem Ressort auch, müsse Scheuer nach zahlreichen Ankündigungen jetzt mal Ergebnisse liefern.

Die Opposition übte am Wochenende harte Kritik an dem Vorstoß. Über ein solches Zentrum könne man ja in Ruhe diskutieren, sagt etwa der FDP-Verkehrspolitiker Oliver Luksic. "In keinem Fall kann man aber nach Gutsherrenart Gelder verteilen ohne nachhaltige Konzepte und Standort-Wettbewerb", warnte Luksic. Es gehe wohl eher um ein durchsichtiges Wahlkampf-Manöver, das CSU-Chef Söder gnädig stimmen und die Demission Scheuers als Verkehrsminister verhindern solle, glaubt Luksic. Die CSU nutze das Verkehrsministerium in Berlin mit seinen hohen Etats vor allem, um Geld des Bundes nach Bayern zu schaufeln, klagte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer. "Das grenzt an organisierte Plünderung zu Lasten von 15 anderen Bundesländern."

Der Minister wies die Kritik zurück: "Im Kritisieren und Nörgeln stark, mit eigenen konkreten Vorschlägen schwach", wetterte Scheuer. Bedenken, Verbote und Kleinklein - damit werde Deutschland nicht stark bleiben. "Deutschland braucht einen Modernisierungsschub. Ich lade die Opposition ein, Innovation und Fortschritt zu unterstützen."

© SZ vom 09.03.2020 / infu, mbal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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