Griechische Schule:Es liegt was in der Luft

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Übelkeit, Kopfschmerzen, Atemwegsreizungen und Schwindelanfälle: An der Griechischen Schule in Untersendling erkranken Kinder - doch keiner weiß warum.

Christian Rost

Es ist ein Rätsel, was diese Übelkeit, diese Kopfschmerzen, Atemwegsreizungen und Schwindelanfälle verursacht. Vier Gutachter konnten keine gesundheitsgefährdenden Stoffe in dem Gebäude in der Hinterbärenbadstraße 71 finden. Und doch geht es den Kindern immer wieder schlecht.

Schüler stehen vor der griechischen Volksschule am Westpark. Nach einem Brand herrscht ein ungesundes Klima in dem Gebäude. (Foto: Foto: Rumpf)

Seit es in der benachbarten Tiefgarage der griechischen Volksschule in Untersendling gebrannt hat und Rauch in die Klassenzimmer eingedrungen ist, funktioniert der Schulbetrieb nicht mehr: Am 30. März mussten 24 Kinder sogar vorsorglich ins Schwabinger Krankenhaus gebracht werden, weil sie über Krankheitssymptome geklagt hatten. Auch nach weiteren toxikologischen Messungen und der Reinigung der Schule ist die Ursache offenbar nicht behoben.

Als nach 13 Wochen Schließung die Schule Anfang dieser Woche wieder in Betrieb ging, vergingen nur ein paar Stunden, ehe der Lehrer der sechsten Klasse kapitulierte und die Kinder nach Hause schickte. Schulleiter Nikolas Oikonomou bot sich selbst an, die zwölfjährige Katerina, der übel war, erneut ins Krankenhaus zu bringen. Der neuerliche Vorfall trieb die Eltern auf die Barrikaden: Am gestrigen Donnerstag rief der Elternbeirat zum Schulboykott auf.

Vor Schulbeginn sammelten sich die Eltern mit ihren Kindern vor dem Eingang zu dem schmucklosen Bau, der, von der Straße aus nicht sichtbar, eingezwängt zwischen Wohnhäusern steht. Im Nieselregen entbrannten hitzige Debatten über die Ursache der Vergiftungssymptome, die die Kinder immer wieder zeigen, und darüber, wie die Schulleitung und das griechische Generalkonsulat als Träger der Einrichtung mit dem Problem umgehen.

Jilias Kotsis, Erziehungsattaché am Konsulat, klingt selbst verzweifelt: "Ich weiß auch nicht, woran es liegt. Die Untersuchungsergebnisse sind eindeutig, es gibt keine Hinweise auf Gefahr im Gebäude." Vielleicht, meint er, "bilden sich die Kinder ja etwas ein, weil sie nach dem Brand so viel gehört haben von ihren Eltern". Ein Teil der Eltern ließ die Kinder am Donnerstag jedenfalls nicht in die Schule gehen.

Athanassios Charamis weist die Vermutung des Attachés entschieden zurück. Der 42-Jährige ist Vater eines Sechstklässlers und Elternbeirat. Er pocht auf die Tatsachen: "Die Kinder gehen immer wieder rein und werden krank. Und sie verbringen nicht freiwillig Tage im Krankenhaus, wenn ihnen nichts fehlt." Auch die Schülerinnen Sofia, Eleni, Katerina und Veronika, alle aus der sechsten Klasse im zweiten Stock des Schulgebäudes, bleiben dabei: "Es riecht schlecht in unserem Zimmer. Und überall ist noch Ruß vom Brand."

Das Feuer war am 3. Februar in einer Tiefgarage im Nebengebäude der Schule ausgebrochen. Ein Lieferwagen ging in Flammen auf, Rauchschwaden zogen durch die Schule und hinterließen auf Böden, Bänken und Büchern eine schmierige Schicht. Vermutlich drückte der Qualm durch einen Lüftungsschacht ins Gebäude. Nach dem Feuer wurde das Haus geschlossen, die 220 Schüler auf andere Schulen in Freimann und Zamdorf verteilt.

Arbeiter rückten in der Hinterbärenbadstraße an, reinigten die Klassenzimmer und strichen die Wände neu. Bereits am Tag der Wiedereröffnung am 26. März klagten einige Kinder über Kopfschmerzen und Übelkeit. Nach dem folgenden Wochenende musste dann die Feuerwehr sogar zu einer vermeintlichen Massenvergiftung ausrücken. Die Einsatzkräfte brachten 24 Kinder kurzerhand ins Krankenhaus.

Während die Feuerwehr im Schulgebäude mit Messgeräten nach der Ursache suchte, kümmerten sich Ärzte im Schwabinger Klinikum um die Schüler. Beide Untersuchungen ergaben nichts: Die Atemluftmessung in der Schule verlief genauso ohne Befund wie die Laboruntersuchungen bei den Kindern. Weder konnten bei ihnen erhöhte Kreatinin-Werte festgestellt werden, die auf eine Vergiftung schließen lassen, noch gaben Muconsäure-Werte einen Hinweis auf eine Benzolbelastung.

Messungen ohne Ergebnis

Einer möglichen Benzolbelastung gingen auch Experten der Kriminalpolizei nach, weil benzolhaltige Dämpfe bei einem Brand entstehen können. Außerdem konnte nicht ausgeschlossen werden, dass beim Renovieren der Schule Farben mit Benzol als Lösungsmittel verwendet wurden, was eigentlich nicht erlaubt ist. Beide Vermutungen erwiesen sich aber als falsch.

Auch die Messungen des TÜV Süd und eines Umweltgutachters kamen zum gleichen Ergebnis: Die Kinder sind keinen gefährlichen Dämpfen ausgesetzt. Rektor Nikolas Oikonomou sieht deshalb auch keinen Grund, dass die Schüler nicht wieder zum Unterricht kommen könnten. Er beharrt aber nicht darauf, zumal er in den vergangenen Tagen selbst mehrere Schüler nach Hause schicken musste. "Wer rein will, kann rein", sagte er am Donnerstag den Eltern - und überließ ihnen die Entscheidung, wie mit dem Problem zu verfahren sei.

Dass nichts in der Luft liegt im Schulgebäude, das wollen vor allem die Eltern der Sechstklässler nicht glauben, bei denen am häufigsten Symptome auftraten. Marine Gildidon sagt, ihre Tochter sei "nicht empfindlich. Die sollen mal die Luft messen, wenn die Klassen voll besetzt sind und nicht nur leere Räume untersuchen. Vielleicht ergeben sich dann ganz andere Werte." Elternbeirat Charamis betont, das Schulgebäude sei nicht gründlich gereinigt worden. "Unter den Bänken ist noch immer Ruß, wenn man nur mit der Hand drüberwischt, ist alles schwarz."

Erziehungsattaché Kotsis kam den Eltern am Donnerstagnachmittag bei einem Gespräch im Konsulat entgegen. Er versprach, die Schule werde umziehen. Entweder in einen Neubau, der in Berg am Laim ohnehin geplant sei. Oder in ein anderes Gebäude, das sich aber nicht so leicht finden lasse. "Bis zu einem Umzug muss der Betrieb in Untersendling aber weitergehen", betonte Kotsis.

© SZ vom 15.05.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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