Gleichstellung:Schlechtes Vorbild

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Weibliche Führungskräfte sind in den städtischen Unternehmen deutlich in der Minderheit. Bei Klinikum, Messe und Stadtwerken gehört jeweils nur eine Frau zur Geschäftsführungsriege, beim Flughafen gar keine. Das Rathaus will nun mehr Druck machen

Von Dominik Hutter, München

Immerhin: Die gesetzlichen Vorgaben werden bei den städtischen Unternehmen "weitgehend erfüllt", schreibt Oberbürgermeister Dieter Reiter in seiner aktuellen Bilanz zur Frauenquote. Was allerdings nicht allzu schwierig ist. Denn nur fünf Firmen mit kommunaler Beteiligung - Flughafen, Stadtwerke, Klinikum, Messe und Tierpark - sind überhaupt gesetzlich verpflichtet, mehr Frauen in Chefebene und Aufsichtsrat aufzunehmen. Alle anderen handeln auf freiwilliger Basis. Und: Dem Gesetz genügt es, wenn sich die Firmen eine Zielvorgabe machen. Von einem 30-Prozent-Anteil sind viele Unternehmen meilenweit entfernt.

Es ist also noch ein langer Weg zu gehen, resümiert die Gleichstellungsstelle des Rathauses. In der vierköpfigen Chefriege des städtischen Klinikums ist lediglich eine einzige Frau vertreten (Personalgeschäftsführerin Susanne Diefenthal), bei den Stadtwerken arbeitet Vertriebs-Geschäftsführerin Erna-Maria Trixl mit vier Männern zusammen. Monika Dech, Vize-Geschäftsführerin der Messe, ist eine von fünfen. Flughafen und Tierpark kommen auf einen Frauenanteil von null Prozent. Wobei man fairerweise sagen muss, dass Hellabrunn nur einen einzigen Chef hat, eine Quote also praktisch unmöglich ist. Dafür hat Münchens Zoo in der zweiten und dritten Führungsebene die 30-Prozent-Marke bereits hinter sich gelassen und ist damit in diesem Teil der Unternehmens-Hierarchie Spitzenreiter. Das Schlusslicht bilden hierbei die Stadtwerke mit 18 Prozent.

"Es geht hier um eine Frage der Gerechtigkeit", sagt Grünen-Stadträtin Lydia Dietrich, deren Fraktion seit langem mehr Engagement bei der Gleichstellung anmahnt. Besonders ärgerlich sei die Situation bei den Stadtwerken, die im gesamten Unternehmen lediglich einen Frauenanteil von 20 Prozent vorweisen können. "Es sind zwar schon Erfolge erreicht worden", findet ihre SPD-Kollegin Bettina Messinger. Dennoch bleibe noch viel zu tun. Wenn es der Stadt nicht einmal in ihren eigenen Unternehmen gelinge, den Frauenanteil in den Führungsetagen zu erhöhen, habe sie ein echtes Glaubwürdigkeitsproblem. "Wie sollen wir dann von der Privatwirtschaft mehr Aktivitäten verlangen?"

Wenig rosig sieht es auch in den Geschäftsführungen der Kommunalfirmen aus, die nicht unter die gesetzlichen Vorgaben fallen. Eine freiwillige Quote von mindestens 30 Prozent, wie sie die Grünen anregen, erfüllen lediglich der Gasteig, die Volkshochschule und das Multiple-Sklerose-Behandlungszentrum Kempfenhausen. Bei Gewofag, GWG, MGS, Münchenstift und Olympiapark gibt es überhaupt keine Frauen an der Spitze - wie demnächst auch beim Gasteig, dessen Chefin Brigitte von Welser 2017 von Max Wagner abgelöst wird. Ähnlich ist die Situation bei den Aufsichtsräten: Wo es eine gesetzliche Vorgabe gibt, wird sie meist auch eingehalten. Lediglich im Klinikum fehlt eine solche Festlegung noch - allerdings ist die Mindest-Marke ohnehin schon überschritten. Auch Gewofag, GWG, Münchenstift, Volkshochschule und Olympiapark können einen Frauenanteil von 30 Prozent im Aufsichtsrat vorweisen. Gasteig, MGS und Kempfenhausen müssen nacharbeiten.

Ob das gelingt, hängt auch vom Stadtrat ab, der Vertreter in den Aufsichtsrat entsendet. Entscheidend für die Frauenförderung aber ist laut Gleichstellungsstelle das konkrete interne Engagement der Firmen. Es müssten Maßnahmen auf allen Führungsebenen getroffen werden, und zwar verbindliche. Genau daran hapere es oft.

Eines der Vorbilder in Sachen Frauenförderung ist für Reiter das Klinikum, das unter anderem ein Anreizsystem eingeführt hat. Wird eine Frau zum Oberarzt ernannt, erhält ihre Abteilung 1000 Euro zusätzlich für Fortbildung. Bei einer leitenden Oberärztin sind es 2000 Euro. Das Klinikum sieht selbst starken Nachholbedarf: Denn obwohl 70 Prozent aller Mitarbeiter weiblich sind, dominieren Männer die Chefebenen. Nur 32 Prozent der Oberärzte und 14 Prozent der leitenden Oberärzte sind Frauen - der medizinische Nachwuchs ist jedoch zu 60 Prozent weiblich. Bei den Chefärzten liegt der Männeranteil gar beimehr als 90 Prozent.

Das Rathaus will nun mehr Druck machen, um Frauen nach oben zu bringen. Künftig, so hat es der Stadtrat beschlossen, muss in jeder Bewerber-Endrunde auch eine qualifizierte Frau vertreten sein. Falls sich eine beworben hat.

© SZ vom 21.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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