Gläserne Betonbunker gefragt:Ohne Auto in die WG

Lesezeit: 1 min

Die Züricher werden weniger, brauchen aber mehr Platz

Von Charlotte Theile

Zürich ist, auch wenn die Einwohner das völlig anders sehen, keine Großstadt. Dass es immer wieder in einem Atemzug mit New York, Paris oder Tokio genannt wird, macht vor allem Sinn, wenn man sich auf die Mietpreise bezieht. Wer in Zürich drei Zimmer für unter 2500 Euro bewohnt, hat Glück gehabt. Sonst ist hier alles etwas kleiner: Die größte Stadt der Schweiz hat etwas mehr als 400 000 Einwohner, man ist schnell auf einem der Stadtberge. Von dort aus sieht man vor allem: Dutzende Baukräne. Die Wohnungen, die hier entstehen, ähneln einander. Beton, Fenster bis zum Boden, eine Loggia aus Glas. Es sind große Wohnungen, 100 Quadratmeter und mehr, in denen nicht selten nur zwei Personen leben - der "Wohnflächenverbrauch" eines Zürchers liegt bei mehr als 40 Quadratmetern. So lässt es sich vielleicht erklären, dass viele den Eindruck haben, die Stadt würde aus allen Nähten platzen. Die Realität sieht anders aus: 1962 wohnten fast 450 000 Menschen in Zürich.

Doch während man sich damals eher in der Innenstadt bewegte, werden jetzt etwas abgelegenere Quartiere "überbaut", wie man in der Schweiz sagt. In Altstetten und Albisrieden, einige Kilometer von See und Altstadt entfernt, entstehen besonders viele gläserne Beton-Bunker.

Das klingt kalt - doch viele Neubauten der vergangenen Jahre sind inzwischen Kult geworden, haben mit praktischen Umnutzungen früherer Industriebauten und einer vielfältigen Belegung lebendige Nachbarschaften geschaffen. Nicht wenige Anlagen werden von Genossenschaften verwaltet. Auch deshalb konstatiert das zuständige Departement der Stadt Zürich einen Trend zu "großen Wohngemeinschaften", wie es sie zum Beispiel in der 2014 eröffneten Kalkbreite gibt. In der Genossenschaft leben 240 Menschen über einem Tramdepot, viele von ihnen in WGs. Um eine der begehrten Wohnungen zu bekommen, müssen die Bewerber eine ungewöhnliche Bedingung erfüllen: Sie dürfen kein Auto besitzen.

© SZ vom 10.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: