Gesicherte Kraxeltouren:Steile Aufstiege

Lesezeit: 4 min

Klettererfahrung sollte man schon haben, wenn man etwa das Schuastagangl bewältigen will. (Foto: Imago)

Sieben Klettersteige, die Ansprüche an Bergbegeisterte stellen, doch dafür grandiose Ausblicke bieten und Lust auf mehr machen

Von Martin Bernstein und Isabel Meixner

Wer Klettersteige in den Alpen gehen will, sollte sich langsam und vorsichtig vortasten. Das hochalpine Gelände und das Kraxeln bringen Herausforderungen mit sich, die ein Anfänger leicht mal unterschätzt. Sieben Tipps für Steige, die Lust auf mehr machen:

Julius-Mayr-Weg

Das Brünnsteinhaus oberhalb von Oberaudorf wurde auf Initiative des Arztes und Alpinisten Julius Mayr, eines Freunds der Maler Wilhelm Leibl und Max Liebermann, 1894 gebaut. Vier Jahre später war der gesicherte Steig auf den Brünnstein fertig. Der Steig, den auch Kinder begehen können, ist damit eine begehbare Erinnerung an die Anfangstage des Alpinismus in Oberbayern. Er beginnt hinter der Hütte mit Trittstufen und einer Eisentreppe, die zu einem Felsspalt führen. Durch diesen geht es zu drei weiteren Eisentreppen und bald darauf zu einem luftigen, aber breiten Band. Nach einer weiteren Felsstufe erreicht man den Brünnsteingipfel mit einem Traumblick auf den Wilden Kaiser.

Dauer (einfach): 2,5 Stunden ab Tatzelwurm, 30 Minuten ab Hütte

Schwierigkeitsgrad:  A/B

Ettaler Manndl

Beim Ettaler Manndl werden die letzten 50 Höhenmeter zum Gipfel an der Wand zurückgelegt. Der Klettersteig dauert nur eine Viertelstunde, ist durchgehend gesichert und daher geeignet für Bergsteiger, die noch wenig Erfahrung in dem Bereich haben. Die Felsen sind allerdings wegen des großen Andrangs etwas schmierig. Die ersten Meter können mit etwas Übung auch ohne Hilfsmittel zurückgelegt werden. Dann quert man die Felsenwand, hier wird es ausgesetzter, man muss kräftig ans Seil fassen. Anschließend werden die Tritte wieder leichter. Kinder und weniger erfahrene Wanderer sollten ein Klettersteig-Set anlegen. Und Vorsicht vor Gegenverkehr: Aufstiegs- und Abstiegsroute sind identisch.

Dauer (einfach): zwei Stunden

Schwierigkeitsgrad: A/B

Schöngänge / Nordwandsteig

Die Einsteiger-Runde durchs hochalpine Wettersteingebirge bietet gleich drei gesicherte Steige, die auch größere, trittsichere und konditionsstarke Kinder gehen können. Quasi ein Testlauf für die richtigen Klettersteige: Wie ist das, wenn man ans Drahtseil und an den Felsen greifen muss? Wie schaut's mit der Schwindelfreiheit aus? Auch das Klettersteig-Set, das man auf der Runde nicht unbedingt braucht, kann man gleich testen. Mit der Kreuzeckbahn geht's hoch, dann an der Hochalm vorbei zum Einstieg der Schöngänge. Den Abzweig zum extrem schwierigen "Mauerläufersteig" unbedingt ignorieren. Die Schöngänge haben gute Sicherungen, sind manchmal aber ein bisschen nass oder vereist. Oben angekommen auf dem überlaufenen Nordwandsteig (Leiter, Tunnel) durch die Abstürze der Alpspitze.

Dauer (gesamt): drei bis vier Stunden

Schwierigkeitsgrad: A/B

Mittenwalder Höhenweg

Er ist einer der Genussklettersteige im Münchner Alpenvorland. Drei bis vier Stunden lang geht es mit grandioser Aussicht auf Karwendel und Wettersteingebirge über insgesamt vier Gipfel. Von der Bergstation der Karwendelbahn aus führt der Weg in einem Bogen zum Einstieg. Dort gehen gleich die ersten Meter am Drahtseil entlang, zur Nördlichen Linderspitze sind Eisenleitern zu überwinden. Wer hier keine Probleme hat, kann sich entspannen: Schwerer wird der Mittenwalder Höhenweg nicht. Über die Brunnsteinhütte erfolgt der Abstieg ins Tal.

Dauer (gesamt): sechs Stunden ab Bergstation inklusive Abstieg

Schwierigkeitsgrad: B

Riffelscharte

Der Aufstieg zur Riffelscharte ist der Schluss- und Höhepunkt einer traumhaften Bergtour durch das Höllental. Ab der Höllentalangerhütte teilt man sich den Weg zunächst noch mit Bergsteigern, die den Klettersteig zur Zugspitze hinaufsteigen wollen. Nach zirka 30 Minuten trennen sich aber die Wege und der teils gesicherte Steig zur Riffelscharte biegt rechts ab. Auf dem Gipfel angekommen wartet der Blick auf einen der schönsten Seen in Bayern, den Eibsee. Wer mag, kann ihn zum Ziel seines Abstiegs machen; allerdings kann man auch nur bis zum Riffelriss absteigen und dort die Zahnradbahn nach Garmisch-Partenkirchen nehmen.

Dauer (gesamt): fünf bis sechs Stunden

Schwierigkeitsgrad: B

Alpspitz-Ferrata

Wer ein bisschen Übung an Fels und Drahtseil (und eine komplette Ausrüstung mit Hüftgurt, Handschuhen, Klettersteig-Set und Helm) mitbringt, für den sind die 530 Höhenmeter der Alpspitz-Ferrata kein großes Problem. Die Probleme liegen eher im Wetter begründet. Gewittrig? Finger weg! Wechselhaft? Dann kann - wie vergangenes Wochenende - schon mal im Juli Neuschnee liegen. Strahlend schön? Stau am Felsen! Die beste Zeit ist also unter der Woche - und gleich am Morgen, wenn die erste Seilbahn zum Osterfelderkopf auffährt. Der Name "Via Ferrata" (eiserner Weg) ist Programm: Gleich zu Beginn geht es auf Sprossen über eine steile Wand. Gut gesichert und mit zum Teil grandiosen Tiefblicken steigt man immer höher. Noch einmal Eisenstifte und Klammern an recht luftiger Stelle kurz unterm Gipfel. Abstieg über den Alpspitz-Grat oder über ein Schuttkar. Dann entweder über den Nordwandsteig zurück zum Osterfelderkopf oder durch die Schöngänge zum Kreuzeck.

Dauer (einfach): 2,5 Stunden

Schwierigkeitsgrad: B

Karwendelklettersteig

In einer Stunde ist alles vorbei. Zumindest wenn man den "Anstieg" von Mittenwald aus mit der Karwendelbahn bewältigt. Sonst kommen noch mal knackige 1400 Höhenmeter und drei bis vier Stunden Aufstieg dazu. Von der Bergstation ein paar Serpentinen aufwärts, dann gabelt sich der Weg: Links kommt der Abstieg ("Normalweg") herunter, rechts geht's zum Klettersteig. Für absolute Neulinge ist der Steig auf die westliche Karwendelspitze nicht zu empfehlen. Denn die Schlüsselstelle gleich am Einstieg erfordert schon ein bisschen Routine, was Trittsuche, Armzugtechnik und Umhängen der Sicherungen angeht. Auf die technische Schwierigkeit folgt dann die Nagelprobe in Sachen Schwindelfreiheit: Der Steig führt auf dem zum Teil schmalen Grat Richtung Norden. Auf dem letzten Stück muss man dann noch einmal besonders aufpassen - die von unzähligen Bergschuhen blank polierten Felsen können ziemlich rutschig sein. Dasselbe gilt für den Abstieg auf dem ebenfalls seilgesicherten Normalweg. Wem das Vergnügen zu kurz war, der kann am Fuß des Felsaufbaus auf alten, unmarkierten Steigresten in nordöstlicher Richtung rechts um die Karwendelspitze zum Nordeinstieg des Dammkar-Tunnels absteigen.

Dauer (gesamt): 1,5 Stunden

Schwierigkeitsgrad: C

© SZ vom 22.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: