Geschichte der Luftfahrt:Pioniere und Piloten

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Das "Fly-In" auf der Flugwerft Schleißheim ist dieses Mal nicht nur ein Treffen für Flugzeugbegeisterte und deren Maschinen. Es dient auch als Jubiläumsfeier für die erste Außenstelle des Deutschen Museums, die vor 25 Jahren eröffnet wurde

Von Franziska Gerlach

Stephan Schreyer klettert als Allerletzter aus der Junkers Ju 52, mit geröteten Wangen und Wehmut in den Augen. Denn der Abschied vom Fliegen, der fällt ihm jedesmal schwer. "Bestimmt unterhält er sich wieder mit dem Piloten", witzelt seine Frau, Martha Schreyer, die die Landung des wuchtigen Fliegers mit ihrem Gatten an Bord hinter der Absperrung beobachtet hat. "Oder er ist am Fotografieren." Soll er ruhig: Das Fliegen, das sei nun einmal sein Traum, seit er ein kleiner Junge ist. Und weil ihm die Familie zu seinem 85. Geburtstag im März einen Rundflug geschenkt hat, sind die Schreyers am Samstag extra von Nürnberg nach Oberschleißheim gefahren.

Fotos: Alessandra Schellnegger (Foto: Alessandra Schellnegger)

Dort wurde an diesem Wochenende nämlich ebenfalls ein Geburtstag gefeiert, oder genauer: das 25. Jubiläum der Flugwerft Schleißheim, der ersten Außenstelle des Deutschen Museums, in dem sich die Geschichte der Luftfahrt vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart verfolgen lässt. Als Jubiläumsfeier im herkömmlichen Sinne darf man sich das Ganze allerdings nicht vorstellen. Die Flugwerft hatte vielmehr zum "Fly-In" geladen, wie das so schön heißt, wenn sich Piloten zum gepflegten Austausch treffen, mit ihren Maschinen, versteht sich. Sogar aus Berlin oder Flensburg waren sie eingeflogen. "Die meisten kommen aber aus der näheren Umgebung", sagt Reinhard Mücke, Leiter der Museumswerkstatt, und für die Restauration der Exponate zuständig. Gerade steht er vor dem pardon: Gerippe eines Motorseglers, Baujahr 1965, der Oberschleißheim mit Rost am Rumpf und verschimmeltem Leinenbezug erreicht hat. "Das wird jetzt halbe, halbe gemacht", erklärt Mücke. Will heißen: Wenn sich das gute Stück eines Tages frisch restauriert zu den rund 70 Flugobjekten des Museums - Raketen, Flugzeuge, Hubschrauber - gesellen darf, wird der Besucher auch einen Teil des Innenlebens sehen können.

Flieger, grüß mir die Sonne! (Foto: Alessandra Schellnegger)

Ein Vater betritt mit seinen drei kleinen Töchtern die Werkstatt. Warum sie gekommen sind? "Der Papa ist fluginteressiert", sagt Hauke Wellhöner über sich selbst. Seine Tochter Lilith aber offenbar auch. Zumindest hüpft die Sechsjährige aufgeregt, als draußen mal wieder "die Tante Ju" abhebt. Dass sich Mädchen nicht für Technik interessieren, sei ein blödes, ödes Klischee, findet das Vater-Tochter-Gespann. Schade nur, dass sie den Auftritt von Insa Thiele-Eich und Nicola Baumann auf der Bühne verpasst haben, den beiden Astronauten-Trainees. Eine von ihnen wird 2020 als erste deutsche Frau zur internationalen Raumstation ISS fliegen. "Die andere ist der sogenannte Backup", sagt Ulrich Walter ins Mikrofon, früher selbst Astronaut und heute Professor am Lehrstuhl für Raumfahrtechnik an der TU München. Der Ersatz also, der dann bei einer zweiten Mission zum Einsatz kommt.

Wie man ein Flugzeug steuert, das übten bei der Jubiläumsfeier der Flugwerft Schleißheim schon die ganz Kleinen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Vor der Bühne applaudieren die Leute den angehenden Astronautinnen, andere haben sich unter die Sonnenschirme auf die Bierbänke verzogen, Hauptsache Schatten. Wer allerdings das Programmheft nicht nur dazu verwendete, sich Luft zuzufächeln, der fand heraus, dass die Jubiläumsfeier einiges zu bieten hat: Ein Kran zog die Besucher in einem Korb 40 Meter in den Himmel hinauf, es gab "Science Shows" zur Kraft der Luft sowie Führungen zur Geschichte der Flugwerft.

Andere genossen die Aussicht vom Turm. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Deren Leiter, Gerhard Filchner, erinnert sich noch sehr gut an die Anfänge. "Das Gebäude war in einem ruinösen Zustand." Eigentlich habe man damals alles abreißen wollen. Dass ein Museum daraus wurde, das sei auch der Initiative des Vereins zur Erhaltung der historischen Flugwerft zu verdanken, der auf den Pioniercharakter der Anlage verwies. Der Flugplatz wurde nämlich schon 1912 errichtet, als Standort der königlich-bayerischen Fliegertruppe. Als 1984 die Luftfahrtabteilung im Deutschen Museum erweitert wurde, so Filchner, wurde es eng für die ganzen Flugzeuge. Etwas eigenes musste her, das fand dann auch Franz-Josef Strauß (CSU), der als Ministerpräsident bereit gewesen sei, Geld für das Museum in die Hand zu nehmen. Noch so ein Flugzeugbegeisterter.

© SZ vom 10.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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