Geplanter Kinofilm:Aus Liebe zum Bullen

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Nessy Karolinger hängt an der TV-Serie "Der Bulle von Tölz". Deshalb hat Karolinger die "Bullen-Tour" initiiert - das ist der Besuch von Drehorten. (Foto: Manfred Neubauer)

Nessy Karolinger will, dass Ottfried Fischer wieder in Tölz ermittelt

Von Claudia Koestler, Bad Tölz

Liebe kann, heißt es im Volksmund, Berge versetzen. Die Liebe zu einer Serie kann sogar in ein Millionenprojekt für die Kinoleinwand münden. So wie gerade in Bad Tölz: Kommissar Benno Berghammer alias "Der Bulle von Tölz" hat drei seiner Fans, Nessy Karolinger, Markus Kleinhans und Andreas Jordan, so nachhaltig begeistert, dass sie seine Welt nun weiterdrehen wollen - mit Ottfried Fischer wieder in der Rolle des Kommissars.

Der Schauspieler hat, trotz seiner Parkinson-Erkrankung, seine Rückkehr vor die Kamera für dieses Projekt bereits in Aussicht gestellt, "sofern das Drehbuch stimmt". Seine Kollegin Katerina Jacob, die die Rolle der Kommissarin Sabrina Lorenz spielte, stünde in diesem Falle ebenfalls bereit. In einem Casting konnte zudem schon eine weitere Schlüsselrolle besetzt werden: der 13-jährige Simon Steinbeißer wird in der geplanten Kinofassung von "Der Bulle von Tölz" den Sohn von Fischer und Jacob spielen. Im Oktober werden alle drei erstmals gemeinsam in Tölz vor der Kamera stehen, für einen Teaserfilm. Mit diesem wollen die drei Tölzer Fans und Filmemacher dann das Budget sichern, um 2017 den Kinofilm zu drehen.

Doch die ungeschminkte Wahrheit zu erzählen über das Tölzer Team, das die 2009 eingestellte Serie damit fortsetzen will, ist nicht einfach. Denn neben den Filmemachern Kleinhans und Jordan ist Karolinger die treibende Kraft hinter dem Projekt. Und sie ist nicht nur eine "Hamburger Deern", die es inzwischen aus Liebe zum "Bullen" nach Bad Tölz verschlagen hat - Karolinger ist auch eine Dragqueen und somit eine Kunstfigur, rein für die Öffentlichkeit geschaffen. Lipgloss, Puder und Kajal bleiben konsequent drauf, der Mann hinter der Travestie zieht sich für die Öffentlichkeit komplett hinter die Figur der Karolinger zurück und lässt sie für sich sprechen: "Man hat zwei Leben", erklärt sie die Travestie. "Nur ganz enge Mitarbeiter und Freunde erkennen mich ungeschminkt auf der Straße - das bietet ein freies Leben." Ähnlich wie ein Bäcker am Ende des Tages seine Schürze abstreife, "so ist das auch bei mir: Schminke ab, dann ist Privatleben."

Nur so viel sei verraten: Der Mann hinter Nessy Karolinger hat eine Ausbildung an der "stageart"-Musical-Schule in Hamburg absolviert. Er spielte unter anderem an zahlreichen Theatern, auch an der Hamburger Staatsoper. Das Interesse für die Bühne sei schon von frühester Kindheit an da gewesen. "Woher ich das habe, weiß ich nicht, aber ich bin dankbar dafür", sagt er. Immer anders sein als andere war ein Antrieb, "das Beste rausholen und dann noch was draufsetzen! So denke, lebe und arbeite ich."

Von Kindesbeinen an war er auch Fan des "Bullen": "Meine Oma hat die Serie immer mit mir geguckt, das ist meine schönste Erinnerung." Es sei "dieser Humor, dieses Langsame, Gemütliche", das ihn bis heute begeistere. "Es geht nie um die Leiche oder den Mörder, es ist nie brutal. Es ist in meinen Augen eine Comedy-Serie, in der eben eine Leiche in der Ecke liegt", beschreibt er.

Vor etwa neun Jahren entstand dann die Figur der Nessy Karolinger: "Ich hatte Ernie Reinhardt kennen gelernt, den Darsteller von Lilo Wanders." Im gemeinsamen Ideen-Spinnen, was man in der Kunst und auf der Bühne alles machen könne, habe es irgendwann "Zack" gemacht, und Nessy war geboren. Karolinger sollte eine Figur werden, "die interessant ist", erklärt ihr Schöpfer. Karolinger sei "eine Berufsfigur, die auffällt. Und in der heutigen Zeit muss man halt auffallen." Sie mache deshalb alles: singen, malen, moderieren und sich auch schon mal die Finger schmutzig. Alles, um eine "Kulturmuse" zu sein, mit 1,94 Metern Körperlänge und den Füßen in Pumps der Schuhgröße 47.

Doch im Laufe der Jahre habe sich "die Karolinger" verändert: vom schrill-schrägen Kiezmädchen zur seriösen Dame. In Hamburg habe sie lange nach ihrer Nische gesucht - und sie letztlich in Tölz gefunden: zunächst als Helferin bei der Ausstattung eines "Bullen von Tölz"-Museums, dann als Initiatorin der "oanzig wahren Bullen-Tour" zu den Drehorten der Krimiserie, als Buchautorin, Filmmuseums-Kuratorin und nun eben als treibende Kraft der Filmfortsetzung des "Bullen". Schließlich habe es laut Karolinger nicht nur die Fans, sondern auch Fischer selbst immer gestört, dass die Serie nach 69 Folgen abrupt aufhörte.

Dass Fischers Bedingung vom stimmigen Drehbuch erfüllt wird, daran arbeitet Karolinger zusammen mit Kleinhans und Jordan. Dass sich Fischer auf das Projekt einlässt, obwohl er sich 2014 eigentlich schon aus dem Filmgeschäft zurückgezogen hatte, liegt auch daran, dass er diese beiden schon lange kennt: Bereits in ihren zwei vorangegangenen Krimis hatte Fischer jeweils einen Part. Obwohl die beiden mit dem Filmgeschäft gar nicht hauptberuflich zu tun haben, wurde ihr Krimi "Tödliche Verbindungen" 2007 zu einem Überraschungserfolg in den bayerischen Kinos, ebenso wie 2012 die Fortsetzung "Pension Freiheit". Ihr dritter Film soll nun also die "Bullen"-Fortsetzung werden und allen Beteiligten nicht nur "wahnsinnig viel Spaß machen", sondern auch "der ganz große Sprung werden", sagt Karolinger.

© SZ vom 20.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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