Genervte Bürger:Lange Schlangen, falsche Bescheide

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Im Kreisverwaltungsreferat warten die Münchner oft stundenlang, daran ist auch ein Software-Problem schuld. (Foto: Stephan Rumpf)

Nicht nur beim Kreisverwaltungsreferat zeigen sich die Auswirkungen der IT-Probleme, auch Stadträte und Eltern von betreuten Kindern sind betroffen

Von Heiner Effern, München

Die Schlangen vor den Schaltern in den Bürgerbüros wachsen, an den Schreibtischen sitzen Mitarbeiter, deren Rechner nicht mehr mitkommen. Menschen, die einen Pass verlängern oder ein Auto zulassen wollen, müssen wieder nach Hause gehen. Nicht nur einmal, wenn es schief läuft. So beschreibt KVR-Chef Wilfried Blume-Beyerle den Alltag seiner Mitarbeiter. Doch warum sitzen die vor Computern, die in die Knie gehen, immer wieder, einfach so? Blume-Beyerle sagt, die Probleme mit der IT könnten sich hinziehen. Sie ist eine der Baustellen von Karl-Heinz Schneider, Leiter des städtischen IT-Dienstleiters. Er versucht zu erklären, warum sich das so zieht. Die Stadt kauft ein Programm ein, zum Beispiel für die Belange der Einwohner. Ein großer Anbieter, es herrscht Zeitdruck. Das Programm läuft in kleinen Städten erfolgreich, aber es ist noch nie in solch einem Umfang beansprucht worden. Als es schließlich installiert ist, werden die Computer bei großem Andrang immer langsamer. So langsam, dass der Mitarbeiter irgendwann nicht mehr wisse, ob es überhaupt noch laufe, sagt Schneider. Oder es verabschiedet sich komplett. Bald wird klar: Das Programm verlangt viel mehr Rechnerleistung, als es der Hersteller angekündigt hat.

Nun beginnt ein Kreislauf: Der Hersteller rüstet das Programm immer wieder nach, um es an die Münchner Ansprüche anzupassen. Gleichzeitig müssen nach und nach "alle Maschinen massiv aufgerüstet werden", sagt Schneider. Am 1. November 2015 tritt im Einwohnerwesen ein neues Gesetz in Kraft. Das Programm muss wieder aktualisiert und angepasst werden. "Die schweren Ausfälle sind hoffentlich weg", sagt Schneider. Aber es werde noch ein halbes bis ein ganzes Jahr brauchen, bis alles einwandfrei läuft.

Das KVR ist aber nur eine Baustelle der IT in München. Viele Eltern erlebten zu Beginn des Jahres ein komplettes Versagen des Computersystems in der Gebührenstelle, die die Kita-Kosten erhebt. Väter und Mütter, welche die Gebühren monatlich von ihrem Konto abbuchen lassen, erhielten eine Zahlungsaufforderung für Dezember. Die Folge: eine Flut von Rückfragen und Reklamationen, die die ohnehin überlastete Stelle lahm legte. Auch aus dem Stadtrat kommen immer wieder Klagen über die Ausstattung der Arbeitsgeräte. "Leider können die mit Limux vorinstallierten Notebooks aufgrund umständlicher Benutzbarkeit, Inkompatibilitäten und der fehlenden Benutzerrechte von den Stadträten nur sehr eingeschränkt benutzt werden", heißt es in einem CSU-Antrag. Er fordert eine Umstellung des Betriebssystems. "Der Stadtrat möge beschließen die aktuellen Notebooks und Tablets nachzurüsten und aus den oben genannten Gründen Windows-Lizenzen samt Officepaketen für die

Notebooks anzuschaffen und die Stadträte auch mit den nötigen Benutzerrechten auszustatten", heißt es in dem Antrag. Einen weiteren Beitrag zum schlechten Ruf der städtischen IT lieferte das selbständig arbeitende Bildungsreferat: Im Oktober 2015 hatte es sein gesamtes Budget für Computer- und IT-Dienstleistungen bis Ende 2017 aufgebraucht - ohne es zu bemerken.

© SZ vom 09.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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