Generalkonservator:Ein Denkmal als Chance

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Die alte Tribüne könnte für den Stadtteil identitätsstiftend sein

Interview von Heiner Effern

Generalkonservator Mathias Pfeil, oberster Denkmalpfleger in Bayern, hält die Zuschauertribüne in Riem für ein wichtiges historisches Zeugnis. Er rät den Münchnern, dieses Denkmal nicht nur als Last zu sehen, sondern auch als eine Chance, die eigene Vergangenheit zu verstehen.

SZ: Die Tribüne ist zugewuchert, das Gebäude am Kopf steht leer. Dieser Anblick kann Ihnen nicht gefallen.

Mathias Pfeil: Es gibt einige, die sich über die Neuanlage eines Biotops freuen werden. Ich bin natürlich daran interessiert, jedes Denkmal zu erhalten. Ohne Nutzung ist ein solches aber relativ sinnfrei. Dann ist es nicht mehr lange Denkmal, sondern eine Ruine.

Würde eine Gaststätte im früheren Kassenhaus zum Denkmalschutz passen?

Absolut, alles ist gut, was Leute reinzieht. Dort müsste man den Besuchern zum Beispiel auf Tafeln erklären, was dieses Denkmal bedeutet.

Manche verstehen bisher nicht, warum gerade die Zuschauertribüne als Erinnerung an den Flughafen dienen soll.

In Bayern gibt es nur eine vergleichbare Tribüne aus der Zeit des Nationalsozialismus, das ist die Zeppelintribüne in Nürnberg. Die hatte zwar eine viel herausgehobenere Bedeutung, ist aber vom Schadenszustand ähnlich. In Riem sieht man, in welchen Dimensionen die Nationalsozialisten gedacht haben. Für Flugshows sollten auf der 500 Meter langen Tribüne bis zu 100 000 Besucher Platz finden. Wenn man das erklärt bekommt, ist das schon spannend. So kann man zurückgehen in eine Zeit, die man sonst nicht versteht.

Wenn man so argumentiert, müsste man aber die Tribüne in ihrer gesamten Länge erhalten.

Die Stadt muss nun entscheiden, was sie will. Wenn sie nichts tut, muss die Tribüne aus Sicherheitsgründen abgesperrt bleiben, das ist eine Sache der Haftung. Ein möglicher Weg wäre es, die Tribüne zu verfüllen, damit sie nicht einstürzt, und einen kleinen Teil zu erhalten.

Lieber wäre Ihnen sicher , wenn das Denkmal in gesamter Länge erhalten bliebe?

Man muss sehen, was machbar ist. Ich finde es schon ein gutes Zeichen, dass sich die Stadt mit der Zukunft der Tribüne beschäftigt.

Immerhin ist das Denkmal schon so verfallen, dass Schilder auf die drohende Einsturzgefahr hinweisen. Hätte die Stadt nicht früher handeln müssen?

Der Zaun steht, glaube ich, seit 2008. Wenn man sich innerhalb eines Zeitraums von einer Dekade Gedanken macht, ist das in Ordnung. Irgendwann fehlt aber ein Zugang zum Denkmal.

Den gibt es schon länger nicht mehr.

Ich meine den gedanklichen Zugang.

Was könnte der den Anwohnern bieten?

Im besten Fall könnte ein gelungenes Konzept dem Stadtteil Riem einen Teil seiner Identität geben.

© SZ vom 13.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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