Gaskraftwerk als Ersatz?:Idee, Plan oder Option

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Grüne und Stadtwerke streiten über einen Steinkohle-Ausstieg

Von Heiner Effern

Im Streit über den schnellen Ausstieg Münchens aus der Steinkohle liefern sich die Stadtwerke München (SWM) und die Grünen einen scharfen Schlagabtausch. Die städtische Tochter wirft der Umweltpartei vor, die Öffentlichkeit in die Irre zu führen. Dabei geht es um die Frage, ob die Stadtwerke den Steinkohleblock in ihrem Heizkraftwerk Nord bis Ende 2022 durch ein Gaskraftwerk am gleichen Standort ersetzen könnten. "Die Darstellung, dass diese Option von uns überraschend vorgeschlagen worden ist, ist falsch", sagte SWM-Chef Florian Bieberbach am Rande einer Stadtratssitzung. Ein Gaskraftwerk im Norden sei schon vor Jahren erwogen und verworfen worden. Nun hätten die Stadtwerke das nochmals geprüft, keinesfalls aber vorgeschlagen.

Die Grünen wehren sich gegen die Kritik der Stadtwerke. Jahrelang spreche man nun über Alternativen für die Steinkohle, ein Gaskraftwerk sei als Vorschlag schlicht nicht vorgekommen. Erst in der jüngsten Sitzung des SWM-Aufsichtsrats sei ein solches erstmals in einem Schriftstück als Variante aufgetaucht, hinterlegt mit aktuellen Kosten. Die Angriffe der Stadtwerke seien deshalb "sehr erstaunlich", sagte der Fraktions-Vize Dominik Krause.

Die Grünen hatten sich am Dienstag überraschend auf die Seite des Bürgerbegehrens "Raus aus der Steinkohle" geschlagen. Das von der ÖDP geführte Bündnis will die Stadtwerke per Entscheid dazu zwingen, ihren Steinkohleblock bis Ende 2022 abzuschalten. Die Grünen begründeten ihre Wende mit einem plötzlichen Vorschlag der Stadtwerke, Fernwärme und Strom durch ein Gaskraftwerk ersetzen zu können. Dass die Stadtwerke diesen Plan schon irgendwann einmal hatten, sei bekannt, sagt Stadträtin und SWM-Aufsichtsrätin Sabine Krieger. Dass er nun aktuell noch einmal geprüft und für so relevant gehalten werde, um als schriftliche Option im Aufsichtsrat präsentiert zu werden, komme sehr wohl überraschend.

Die Stadtwerke bräuchten, falls der im Herbst geplante Bürgerentscheid erfolgreich sein sollte, schnellen Ersatz für ihren Steinkohleblock, insbesondere für die dort produzierte Fernwärme. Die wahrscheinlichste Variante ist der Bau von reinen Gasheizwerken. Ein Gas-und-Dampfturbinen-Kraftwerk könnte Strom und Fernwärme erzeugen. Jedoch sei dieses unrentabel und der nötige Bau bis Ende 2022 unrealistisch, sagte SWM-Chef Bieberbach.

Bis zu ihrem Seitenwechsel hatten sich die Grünen wegen fehlender technischer Optionen dafür ausgesprochen,den Kohleblock nicht stillzulegen, sondern seine Leistung zu reduzieren. Fast die Hälfte der jährlich 800 000 Tonnen Steinkohle könne so eingespart werden. CSU und SPD teilen die neue Haltung der Grünen nicht. Ein Gaskraftwerk sei wirtschaftlich, technisch und ökologisch keine Lösung, sind sich CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl und sein SPD-Kollege Alexander Reissl einig. Beide halten es zudem für unmöglich, das Gaskraftwerk rechtzeitig in Betrieb zu nehmen. "Da braucht nur einer zu klagen, dann geht das nicht. Und einer klagt bei so etwas immer", sagte Reissl. CSU-Fraktionschef Pretzl hat eine Theorie, warum die Grünen plötzlich ein fossiles Kraftwerk für so attraktiv halten. "Das ist ihr Strohhalm, um aus der Ecke der Gegner des Bürgerbegehrens herauszukommen. Doch das ist der falsche Strohhalm."

© SZ vom 27.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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