Gaddafis Häuser in München:Die verwaisten Villen des Diktatorensohnes

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Die Villa in der Pienzenauerstraße 32 ist im Besitz des Libyschen Staates und steht seit dem Tod des ehemaligen Bewohners Saif al-Arab al-Gaddafi leer. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Zwei Villen im Dornröschenschlaf: Ein Sohn des ehemaligen libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi lebte in München auf großem Fuß, jetzt ist er tot und die Häuser stehen leer. Was aus ihnen wird, ist unklar - den Anwohnern wird das recht sein.

Von Franziska Dürmeier

Im Herzogpark reiht sich eine mit Stuck und Efeu geschmückte Villa an die nächste. Eine davon sticht heraus - nicht nur durch ihre architektonische Nüchternheit, auch durch die besondere Stille, die sie umgibt: Jalousien verdecken die großen, rechteckigen Fenster, das Gras im Garten wächst wüst, die Thujen auf der Dachterrasse des weißgrauen, steril wirkenden Hauses sind zum Teil vertrocknet.

Wilde Geschichten ranken sich um diese und eine weitere Villa in Münchens nobelsten Straßen. Das liegt an dem einstigen Bewohner, einem Sohn des früheren libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi. Mehr als zwei Jahre stehen die Häuser nun schon leer - als sich der Bürgerkrieg in Libyen 2011 zuspitzte, verwaisten auch die beiden Villen. Gewissermaßen haben die Spannungen in Nordafrika auch in München Spuren hinterlassen und zeichnen sich an der Entwicklung der Immobilien ab.

Saif al-Arab al-Gaddafi verbrachte etwa fünf Jahre in der Landeshauptstadt, angeblich um hier zu studieren. Immatrikuliert war er an der Technischen Universität. Inzwischen ist er tot, wie sein Vater. Er kam 2011 bei einem Militäreinsatz in Libyen ums Leben. Seitdem steht das acht Millionen Euro teure Haus im Herzogpark leer - und nicht nur dieses.

Auch in Waldperlach steht eine verwaiste Villa des Gaddafi-Sohnes. Hier hat der damals 29-Jährige während seines Aufenthalts in Deutschland zum Teil gewohnt. Die Villa in Waldperlach war als "Gästehaus" der libyschen Botschaft deklariert und teilweise durch das Auswärtige Amt als solches anerkannt.

Betonmauern und Überwachungskameras

Das Garagentor ist geschlossen, auf dem Stellplatz steht kein Auto mehr wie einst, und über das leicht geöffnete Gartentor lehnt ein herabgefallener Ast eines Nadelbaums. Um das Grundstück herum blüht das Leben, viele Familien sind im Garten, nur die Villa selbst ist wie ausgestorben. Das war nicht immer so.

Saif al-Arab al-Gaddafi war zeitlebens kein allzu dezenter Nachbar: Die Polizei rückte mehrmals an, wegen Ruhestörung und Hausdurchsuchungen. Der Diktatoren-Sprössling war in mehrere Strafverfahren involviert, unter anderem wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung, einer Trunkenheitsfahrt, des Verdachts der Körperverletzung, der Bedrohung und des Verstoßes gegen das Waffengesetz, des Verdachts der Beleidigung und des Verdachts der versuchten Anstiftung zu einem Verbrechen. Saif al-Gaddafi nahm sich oft mehr Freiheiten als ihm zustanden und führte ein exklusives Leben in München; trotz der zwei Villen zog er den Luxus des Hotels Bayerischer Hof vor.

Bei Villen wie diesen legen die Eigentümer viel Wert auf Diskretion. So sind die beiden Häuser von der Außenwelt abgeschirmt, im Fall der Villa im Herzogpark durch hohe graue Betonmauern. Überwachungskameras sind auf den Eingangsbereich gerichtet, auch direkt über der Klingel befindet sich eine Art digitaler Spion, der dicht mit Spinnweben umsponnen ist. Ob er noch funktionstüchtig und eingeschaltet ist, wenn man vor den leeren Namensschildern steht, ist unklar.

Eigentümer ist immer noch der libysche Staat. Und das soll nach Auskunft der Botschaft auch so bleiben. Voraussichtlich werde man die Villen vermieten, teilt ein Sprecher der libyschen Vertretung in Berlin mit. An Privatleute oder an eine andere Botschaft. Ursprünglich wollte sich Libyen von den beiden Häusern trennen.

Mit dem Verkauf war der Immobilienhändler Detlev von Wangenheim betraut, der die Villa im Herzogpark 2009 an Libyen veräußert hatte. "Als der Konflikt in Libyen losging, wurde das Botschaftspersonal ausgetauscht", sagt Wangenheim. "Seitdem steht alles auf Hold. Ich habe derzeit keinen Auftrag, die Villa weiterzuverkaufen." Interessenten für das Haus habe es damals bereits gegeben, erzählt Wangenheim. Zwischendurch sei das Haus mit arabischen Graffiti beschmiert worden, diese habe man aber wieder entfernt.

Die beiden Villen werden also noch eine Weile in ihrem Dornröschenschlaf verharren. Den Nachbarn wird das ganz recht sein, nach den turbulenten Besuchen des Gaddafi-Sohns und den langen Umbauphasen, in denen die Häuser dem Geschmack des Diktatorensohns angepasst wurden.

© SZ vom 07.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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