Further Naturbad:Facebook-Hetze gegen Bademeister

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Mann besteht darauf, dass Kinder bekleidet sind - und wird als Pädophiler diffamiert

Von Michael Morosow, Oberhaching

Gerüchte werden von Dummen verbreitet und von Idioten geglaubt, heißt es. Dieses Bonmot wird Heinz Effenberger, dem Bademeister des Further Naturbades in Oberhaching, kaum zum Trost gereichen. Er ist Opfer eines Gerüchtes, gar eines ehrverletzenden Rufmordes geworden. Deshalb zunächst eine Richtigstellung: Heinz Effenberger hat keineswegs ein dreijähriges nacktes Mädchen im Naturbad sexuell belästigt, wie dies am Dienstag eine Userin auf Facebook postete und damit einen Shitstorm auslöste, der weite Kreise zog. Auch Zeitungen transportierten den Vorwurf am Mittwoch weiter, um einen Tag später zu vermelden, dass er vollkommen haltlos ist. Aber Effenberger kennt eine weitere sprichwörtliche Redensart, jene, wonach immer etwas hängen bleibt. Für Stefan Schraut, den Leiter der Unterhachinger Polizei, ist dieser Fall "ein Lehrstück darüber, was man mit Facebook alles anstellen kann".

Was ist tatsächlich passiert im Further Freibad am Freitag vor ein Woche? Wie so oft an heißen Tagen entdeckte der Bademeister ein Kind, das splitterfasernackt war. Es zählt bereits zur Routine von Heinz Effenberger und seinen Kollegen, die Eltern dazu anzuhalten, ihren Kindern eine Badehose anzuziehen. Dieses Vorgehen ist mit der Polizei abgesprochen und dient dem Zweck, pädophilen Interessen vorzubeugen. Inspektionsleiter Schraut selbst sensibilisiert nach eigenen Worten jedes Jahr vor Beginn der Saison die Freibadbeschäftigten für das Thema "sexuelle Gewalt an Kindern".

Sein Ziel sei es, sagt der Bademeister, das Bad für Pädophile uninteressant zu machen, "die gerne an den Zäunen luren". In diesem Sinne verhalte sich auch das Kioskpersonal, wenn zum Beispiel Mütter mit nackten Kindern zum Eiskaufen kämen. Deshalb habe er darauf bestanden, dass die Mutter ihrem Mädchen ein Höschen anzieht. Effenberger vertraut dann nicht auf die Einsicht der Eltern, sondern bleibt grundsätzlich so lange beim nackten Kind stehen, bis dessen Scham bedeckt ist. "Die meisten Mütter verstehen das", sagt Effenberger. Der Mutter der Dreijährigen aber missfiel seine Hartnäckigkeit, was sie in einer geschlossenen Facebook-Gruppe zum Ausdruck brachte. Kurze Zeit darauf machten sich mehrere Dutzend Facebook-Nutzer öffentlich über den Bademeister her und überboten sich mit gehässigen Kommentaren und üblen Beschimpfungen. Binnen weniger Posts wurde aus einem Bademeister, der Kinder vor Pädophilen schützen will, ein Kinderschänder gemacht.

Sie habe gehört, dass die Tochter ihrer Freundin von dem Bademeister sexuell belästigt worden sei, postete eine Userin. Sie vermute, dass der Bademeister pädophil sei, gab kurz darauf eine andere öffentlich zum Besten. Und je länger sich die Facebook-Nutzer entrüsten konnten, desto dramatischer wurden ihre Schilderungen des "Skandals". Das rief schließlich die Polizei auf den Plan. Man habe von einem Anfangsverdacht ausgehen müssen, erklärt Schraut sein weiteres Vorgehen. Ein paar Stunden später wurde die Mutter auf der Dienststelle vernommen und entkräftete alle Vorwürfe gegen den Bademeister. Ihr Kind habe Angst gehabt vor ihm, ihren Ärger darüber habe sie in der Facebook-Gruppe gepostet, erklärte die Frau. Der Fall ist damit aus Sicht der Polizei erledigt; ob der Bademeister oder die Freibad-Verantwortlichen Anzeige wegen übler Nachrede stellen werden, ist noch offen. "Für mich ist das alles schon sehr hart", sagt der Bademeister.

© SZ vom 28.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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