Zahl der HIV-Infektionen stagniert:Aids ist im Bewusstsein

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Martin Urban vom Gesundheitsamt in Fürstenfeldbruck zieht eine positive Bilanz für den Landkreis: Die Gefahren der Krankheit sind vielen bekannt und die Möglichkeit zum Test wird genutzt

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Zuerst die gute Nachricht: Die Zahl der HIV-Neuinfektionen ist in Deutschland, verglichen mit anderen Ländern, verhältnismäßig niedrig. Im vergangenen Jahr haben sich etwa 3200 Menschen neu mit dem HIV-Virus angesteckt. Die schlechte Nachricht ist: Die Zahl stagniert seit Jahren. Was bedeutet, dass es bei den Neuinfektionen keinen Rückgang gibt und die staatlich betriebene Aufklärung nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts (RKI) keinesfalls vermindert werden darf. Das Gesundheitsamt Fürstenfeldbruck veranstaltet deshalb an diesem Montag in der Berufsschule einen Aktionstag zu den Themen Aids und HIV. Ferner liegen während der gesamten Woche anlässlich des Welt-Aids-Tages am Donnerstag im Landratsamt Infobroschüren aus.

In ganz Deutschland leben laut RKI etwa 84 700 Menschen mit Aids. Wie viele Menschen im Landkreis mit dem Virus infiziert sind, lässt sich laut Martin Urban vom Gesundheitsamt nicht sagen. Die Behörde an der Hans-Sachs-Straße bietet zwar Aufklärung, zum Beispiel an den Schulen, und kostenlose Aids-Tests. Doch da diese anonym sind, werden die Zahlen nicht für den Landkreis erhoben. Rein subjektiv hat der Mediziner jedoch den Eindruck, dass sich die Erkrankung im Landkreis in Grenzen hält. "Ich bin seit 1996 da und habe vielleicht fünf positive Tests erlebt", berichtet er. Ob das daran liegen könnte, dass sich zu wenig Leute testen lassen, weil die in den Achtzigerjahren sehr präsente Erkrankung inzwischen aus dem Bewusstsein der Menschen verschwunden ist? Das verneint der Leiter des Referats für Prävention, gesundheitliche Aufklärung und Beratung. "Wir haben bis jetzt dieses Jahr 124 Tests durchgeführt. Ich finde, das ist schon gut besucht. Die Leute nehmen das Angebot gerne an, weil es kostenlos und anonym ist."

Laut Urban lassen sich vor allem Frauen und junge Menschen auf Aids testen. "Die Quote liegt etwa bei zwei zu eins, also Frauen lassen den Test öfter machen." Dieses geschlechtsspezifisch so unterschiedliche Problembewusstsein ist allerdings diametral verschieden zur Realität. Denn unter den 3200 Neuinfektionen in Deutschland ist die weitaus größte Gruppe laut RKI die der homosexuellen Männer mit etwa 2200 Neuinfektionen.

Doch Urban berichtet durchaus auch von Geschlechtsgenossen, die verantwortungsvoll mit der Gefahr umgehen. Etwa jener ältere Herr, der zum Test kam, nachdem ihm im Swingerklub ein Kondom geplatzt war. Oder dem Anstieg von Tests nach einer Urlaubsreise. "Da hat man direkt im Januar einen Gipfel, nachdem die Thailandreise war." Wie er ergänzt, kommen auch weibliche Touristen nach ihrem Urlaub, beispielsweise in Kenia, zum Test. Auch was Problembewusstsein und Aufklärung betrifft, widerspricht der Mediziner dem Eindruck, die - immer noch tödliche - Gefahr durch Aids sei aus den Köpfen verschwunden. Von jenen Menschen, die ins Gesundheitsamt kommen, hat der Mediziner den Eindruck, dass sie gut über die Erkrankung und die Möglichkeiten der Übertragung aufgeklärt sind: "Die, die es bewegt, die haben sich schon informiert." Wie Urban betont, ist die Erkrankung, die das Immunsystem befällt, nicht über eine Tröpfcheninfektion wie etwa beim grippalen Infekt übertragbar. Sondern ausschließlich über einen intensiven Austausch von Körperflüssigkeiten, in der Regel beim Geschlechtsverkehr. Deshalb rät er zum Gebrauch von Kondomen. Denn eine Impfung gegen Aids gibt es nicht.

Nichtsdestotrotz haben sich die medizinischen Möglichkeiten seit der Entdeckung von Aids in den Achtzigerjahren stark verbessert. Wird die Infektion rechtzeitig entdeckt, kann ein Ausbruch von Aids mit Medikamenten recht zuverlässig verhindert werden. "Mit einer Spätdiagnose sind höhere Sterblichkeit und Behandlungskosten verbunden. Zudem kann die Infektion unbeabsichtigt weitergegeben werden", warnen die Experten vom RKI und raten im Zweifelsfall zum Test.

© SZ vom 28.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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