Vorsicht geboten:Bootspartie mit Risiko

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Abenteuerliches Freizeitvergnügen oder verantwortungslose Party: Nicht nur an der Isar, auch an Amper und Würm tummeln sich am Wochenende viele Gefährte, die die Rettungsdienste herausfordern

Von Carolin Fries, Fürstenfeldbruck/Starnberg

Die Beiboote für die Bierkästen sind als erstes aufgeblasen. Erst dann werden die Schlauchboote wie leere Fischernetze auf der kleinen Rasenfläche neben der Holzhütte der Wasserwacht ausgebreitet und binnen weniger Minuten zu tragfähigen Gefährten aufgeblasen. Wie viele Menschen sich in Grafrath an einem sonnigen Wochenende mit Schlauchboot, Kajak, Kanu oder als Standup-Paddler in den Fluss gleiten lassen, ist schwer zu sagen. Fakt ist, es werden immer mehr. Und nicht nur die Amper ist beliebt: Auch in Leutstetten an der Würm ist am Wochenende kein Parkplatz zu bekommen, die "Gewässer-Touristen" schleppen Boote in und aus dem Fluss. Nach der Rettungsaktion von acht gekenterten Schlauchbooten auf der Isar am vergangenen Wochenende, drängt sich angesichts solcher Szenen die Frage auf: Ist das verträgliche Freizeitgestaltung mit Abenteuercharakter oder verantwortungslose Party ohne Rücksicht auf Verluste?

"Man kann einen riesengroßen Spaß haben, wenn man will", sagt Walter Kohlenz von der Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) Starnberg-Pöcking. Vorausgesetzt, der Alkohol hemme nicht die Risikoeinschätzung, fügt er hinzu. Entlang der Würm komme es zwar kaum zu Einsätzen. Dennoch mahnt Kohlenz zu Vorsicht. "Auch wenn die Würm verhältnismäßig klein und die Strömungsgeschwindigkeit gering ist, sollte nur auf ein Boot, wer schwimmen kann", sagt er. Besonders bei Hochwasser wie in den vergangenen Tagen seien Fahrten auf Gewässern grundsätzlich deutlich gefährlicher, insbesondere wegen eingeschwemmter Materialien aus dem Uferbereich. "Es ist nicht angenehm, wenn ein Baumstamm auf ein Schlauchboot trifft." Auch bei Wehren und Rechen, wie sie im Würmtal zwischen Leutstetten und Gauting vorkommen, seien Gefahrenstellen. "Eigentlich aber ist die Würm kein Problemgebiet", sagt Andreas Fischer, technischer Leiter der Kreiswasserwacht Starnberg. Am stärksten befahren werde die etwa fünf Kilometer lange Strecke zwischen Starnberg und Leutstetten. Vor vielen Jahren habe sich einmal ein tödlicher Unfall ereignet, in der jüngsten Vergangenheit gab es lediglich einen größeren Einsatz: Im Leutstettener Moos war eine Wandergruppe im Matsch stecken geblieben und musste mit dem Hubschrauber gerettet werden.

An der Amper ist da schon deutlich mehr los - insbesondere, wenn auf anderen Flüssen wie der Isar hochwasserbedingt keine Fahrten möglich sind. "Der Ammersee ist ein großes Rückhaltebecken, die Amper im Gegensatz zur Isar gut reguliert", sagt Florian Heininger, technischer Leiter der Kreiswasserwacht in Fürstenfeldbruck. Von Stegen oder Grafrath aus führe die Strecke. Er schätzt, dass sich an einem sommerlichen Wochenende bis zu 200 Schlauchboote auf dem Ammersee-Abfluss tummeln - darunter etliche Gefährte, die diesen Namen gar nicht verdienten, betont er. Vor allem billige Discounter-Modelle würden dann nach Kollisionen mit in den Fluss wachsenden Bäumen auf dem Fluss zurückgelassen. "Das führt dazu, dass wir von Spaziergängern alarmiert werden, die ein herrenloses Schlauchboot gefunden haben", berichtet Heininger. Wasserwacht und Polizei begäben sich dann auf die Suche nach der Besatzung - die aber gar nicht gefunden, geschweige denn gerettet werden wolle.

In der Regel zeichnet sich solch ein Einsatz aber schon bei der Einstiegsstelle ab. "Wenn wir angetrunkene Gruppen in halbscharige Boote einsteigen sehen, bleibt uns nur die Hinweispflicht", sagt Heininger. "Da schlägt einem nicht unbedingt Einsicht entgegen." Er hat schon viel gesehen, unter anderem mit Jeans und Jacke bekleidete Bootsinsassen, die "ohne Auftriebskraft gleich weg" wären. "Da bleibt bloß Daumen drücken." Richtig schief gegangen sei in den vergangenen Jahren allerdings nur ein einziger Bootsausflug auf der Amper: Eine Gruppe geriet in die Dämmerung und verlor schließlich die Orientierung. Heininger: "Nachts ist es da überall schwarz."

© SZ vom 02.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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