Verkehrskontrollen:"Beim harten Kern kommt man nicht durch"

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Blitzmarathon in Bayern. Der Verkehrspsychologe Jürgen Brenner-Hartmann erklärt den Sinn der Aktion und ihre Grenzen

Interview von Ingrid Fuchs

Achtung Blitzer: Mit Radarkontrollen will die Polizei an diesem Donnerstag deutschlandweit Raser ausbremsen, in Bayern wird eine Woche lang vermehrt kontrolliert, im Kreis Fürstenfeldbruck an über 50 Standorten. Das bayerische Innenministerium will damit das Problembewusstsein der Autofahrer schärfen, denn überhöhte Geschwindigkeit gilt als häufigste Unfallursache, fast 200 Menschen starben deshalb 2014 in Bayern. Für den "Blitzmarathon" sind etwa 2000 Polizisten im Einsatz, 2200 Messstellen werden aufgebaut. Der Psychologe Jürgen Brenner-Hartmann vom TÜV Süd erklärt, was das Ziel der großflächigen Kontrolle ist.

SZ: Von sechs Uhr morgens bis Mitternacht wird geblitzt, allein in München an etwa 70 Stellen. Wo genau, hat das Innenministerium vorab bekanntgegeben. Was soll das denn bringen, wenn die Autofahrer schon wissen, wo geblitzt wird?

Jürgen Brenner-Hartmann: Der Blitzmarathon soll die Wahrnehmung der eigenen Geschwindigkeit in den Fokus rücken. Die Autofahrer sollen zum einen darüber nachdenken, wie schnell sie eigentlich unterwegs sind. Und zum anderen sehen sie, dass es nichts bringt, wenn sie zehn Stundenkilometer zu schnell fahren. Bei angepasster Geschwindigkeit kommt man meist in der gleichen Zeit ans Ziel.

Angepasste Geschwindigkeit bedeutet an manchen Stellen im Stadtverkehr aber auch, dass man konstant ein bisschen zu schnell fährt, etwa am Mittleren Ring.

Es gibt aber auch eine Art Herden-Effekt, vielleicht wissen genug Menschen über die Aktion Bescheid und der Verkehr bewegt sich generell langsamer. In Städten wird sowieso mit unterschiedlichen Methoden gearbeitet, um das Tempo zu regulieren. In Wohngebieten gibt es beispielsweise Bremsinseln die spürt man schon, wenn man zu schnell drüberfährt. Man setzt dabei selten auf Zwangsmaßnahmen, eher auf bauliche Maßnahmen und Vernunft.

Das sind die dauerhaften Mittel. Wie lange hält die Wirkung eines Blitzmarathons an - oder geht es ums Geld?

Die Aktion ist mit erheblichem Aufwand verbunden. Tausende Polizisten sind im Einsatz, das Ganze wird wohl mehr Geld kosten als einbringen. Es geht eher um diesen Aha-Effekt, dass Rasen nichts bringt und gefährlich ist. Man spart sich kaum Zeit und kann bei hohem Tempo in Gefahrensituationen kaum mehr reagieren.

Aber dringt man damit auch zu notorischen Rasern durch?

Bei Geschwindigkeits- und Rotlichtdelikten gibt es grundsätzlich mehr Kontrollen als bei anderen Verstößen. Deshalb ist das Bewusstsein sowieso etwas höher. Bei notorischen Schnellfahrern hat man wenig Chancen. Dafür gibt es Plakataktionen, beispielsweise "Einer rast, vier sterben", um die Gefahren zu verdeutlichen und an die Verantwortung des Einzelnen zu appellieren. Aber beim harten Kern der Raser kommt man auch damit nicht durch.

Was hilft dann noch?

Am ehesten überraschende Kontrollen, dann tut's auch denen weh.

Im Landkreis stehen die Radarfallen an weit mehr als 50 Stellen. In Fürstenfeldbruck sind darunter so bekannte Punkte wie die Bundesstraße 2 bei Puch, aber auch weiter Richtung Mammendorf, wo Tempo 70 gilt. Für Emmering sind vier Standorte angegeben, unter anderem die Pfarrer-Ferstl- und die Hauptstraße. Auch in den kleineren Ortschaften kontrolliert die Polizei die Geschwindigkeit. In Alling beispielsweise sind drei Messpunkte aufgeführt, an der Kreuzung Parsberg/Weiherstraße, auf der Ortsverbindungsstraße nach Biburg auf der Höhe von Germannsberg und auf der B2 beim Abzweig Alling. Alle Messstellen in Bayern sind im Internet zu finden: unter www.sichermobil.bayern.de.

© SZ vom 16.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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