Verkehr in Fürstenfeldbruck:Teure Alternative

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Die Umstellung des Nahverkehrs auf Elektrobusse würde dem Landkreis 80 Prozent höhere Kosten bescheren. Einigen Kreisräten ist das zu viel. In der Debatte geht es dann auch um Kinderarbeit im Kongo

Von Peter Bierl

Erste Ergebnisse zum Einsatz von Bussen mit alternativen Antrieben zeigen deutlich höhere Kosten. Untersucht wurden sechs Linien im Osten des Landkreises. Würde man statt Dieselfahrzeugen Busse mit Elektroantrieben verwenden, würden die Kosten demnach um rund 82 Prozent steigen, bei der Brennstoffzelle wären es gar mehr als 116 Prozent. Manchen Kreisräten ist das zu teuer.

Den Auftrag zur Untersuchung hatte der Kreistag im Juni 2019 vergeben. Untersucht worden waren Linien in Olching, Gröbenzell, Puchheim, Emmering, Bruck und Maisach, also in dicht besiedelten Zonen mit vielen Fahrgästen. Die Busse, die mit Strom oder Wasserstoff fahren sollen, könnten frühestens ab 2024 eingesetzt werden. Eine komplette Umstellung des Busnetzes im Landkreis würde bis 2030 dauern, weil für die Fahrzeuge Ladesäulen und eine Wasserstoff-Tankstelle gebaut werden müssten. Wenn zum Fahrplanwechsel im Dezember 2024 die ersten Elektrobusse fahren sollen, muss sich der Kreistag im Frühjahr 2021 dafür entscheiden.

"Alternativ hin oder her, aber das ist definitiv undenkbar", sagte Kreisrat Johann Wörle (CSU) bei der Präsentation der Ergebnisse am Montag im Energie-, Planungs- und Umweltausschuss zu den Kosten. Landrat Thomas Karmasin (CSU) zweifelt grundsätzlich an der Elektromobilität, weil für die Batterien Metalle der seltene Erden verwendet werden müssten. Außerdem ist die Herstellung der Busse nicht klimaneutral und der Strom fließt zwar aus der Steckdose, kommt aber zum guten Teil aus Atom- und Kohlekraftwerken. Erst wenn ein Elektrobus etwa 80 000 Kilometer gefahren sei, werde die Ökobilanz positiv, erklärte Karmasin.

Jan Halbauer (Grüne) verwies auf ein Förderprogramm der Bundesregierung, das 80 Prozent der Mehrkosten decke. Seltene Erden würden auch in Handys verbaut, und der Elektrobus würde nicht nur den CO2-Ausstoß reduzieren, sondern auch Lärm und Feinstaub. Jakob Drexler (UBV) sagte, es würden gar keine seltenen Erden verwandt, aber Kobalt, den Kinder im Kongo aus dem Boden holen müssen. Bald würden jedoch Batterien ohne Kobalt hergestellt, deswegen sei Elektromobilität grundsätzlich der richtige Weg. Was die Kosten betreffe, so seien Elektrobusse im Unterhalt günstiger und der Kaufpreis werde sinken, sobald die Fahrzeuge in Serie hergestellt werden, prognostizierte er.

Hubert Ficker (CSU) plädierte grundsätzlich für eine Umstellung weg vom Dieselmotor. Allerdings müsse man bei derzeit 49 Buslinien im Landkreis genau überlegen, mit welchen Antriebsmotoren man in Zukunft fahren wolle. Christina Claus (Grüne) bedauerte, dass Elektrobusse erst 2024 eingeführt werden können, zumal bis dahin die Wasserstofftechnologie weiter entwickelt sein werde. Elektrobusse können aber nicht auf Wasserstoffantrieb umgerüstet werden, wie Hermann Seifert, der Koordinator der ÖPNV-Stelle im Landratsamt berichtete.

Trotz aller Bedenken wollte allerdings kaum jemand die Studie abbrechen. "Ich werde das Ergebnis kritisch prüfen", kündigte der Landrat an. Der Antrag von Florian Jäger (AfD), die Untersuchung einzustellen, wurde nur von ihm selbst unterstützt.

Einstimmig beschloss der Ausschuss ein ganzes Bündel von Maßnahmen, mit denen das Busnetz im Landkreis weiter ausgebaut wird. Der Landrat warb dafür, trotz der finanziellen Einbußen, die die Folgen der Corona-Pandemie dem Kreis bescheren. Es gelte das Angebot abzurunden und den Busverkehr attraktiv zu machen, "um die Leute vom Individualverkehr wegzubringen". Das MVV-Busnetz sei ein Geflecht, das Schaden nehme, wenn man einzelne Komponenten "rausrupft".

© SZ vom 23.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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