Umzug aus München:Gewerkschaft zieht Einwände gegen Briefzentrum zurück

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Bei einer Podiumsdiskussion der Germeringer SPD macht David Merck von Verdi deutlich, dass sich Arbeitnehmervertretung und Deutsche Post geeinigt haben. Beide Seiten wollen Nachteile ausgleichen, die für die Beschäftigten entstehen

Von Andreas Ostermeier, Germering

Dass die Zuhörer von Podiumsdiskussionen überrascht werden, das passiert selten. Der Veranstaltung der Germeringer SPD zum Briefverteilzentrum ist dies am Mittwoch gelungen. Die Zuhörer wurden Zeugen einer Kehrtwende der Gewerkschaft Verdi. War bislang zu hören gewesen, die Arbeitnehmervertretung sei strikt gegen einen Umzug aus München, klang dies nun ganz anders. Verdi-Vertreter David Merck präsentierte sich als Unterstützer einer Ansiedelung des Briefzentrums in Germering. In den Reihen der zahlreich erschienenen Zuhörer rumorte es, den Fragen aus dem Publikum war die Verblüffung über den Richtungswechsel anzuhören.

Merck, Landesleiter der Gewerkschaft im Bereich Postdienste, erklärte auf Frage von Moderator Christian Winklmeier (SPD) den Sinneswandel mit Einigungen, die zwischen Geschäftsleitung und Gewerkschaft zugunsten der Mitarbeiter gefunden worden seien. Demnach soll es für Beschäftigte, die auch nach dem Umzug für die Post arbeiten möchten, MVV-Tickets geben. Ihr Fahrtweg zur Arbeit wird damit nicht teurer. Zudem sollen Schichten verlängert werden, damit Teilzeitkräfte nicht nur für wenige Stunden einen weiten Fahrweg auf sich nehmen müssen. Außerdem will die Post mit der Stadt darüber reden, dass zwischen Bahnhof und Gewerbegebiet Nord mehr Busse fahren. Auch Altersteilzeitmodelle seien verhandelt worden, sagten Merk und Projektleiter Thomas Schlickenrieder von der Deutschen Post. Zu hören war auch von Abfindungen für Mitarbeiter, die nicht mitgehen wollen.

Die Deutsche Post plant einen Umzug des Briefzentrums nach Germering. (Foto: Stephan Rumpf)

Merck und Schlickenrieder machten auch für die durch eine Ansiedlung entstehenden Arbeitsplätze Werbung. Merck sagte, in einem möglichen Briefverteilzentrum Germering werde es die "bestmöglichen Bedingungen" geben. Schlickenrieder sprach davon, dass in wenigen Jahren ein Großteil der Beschäftigten aus Germering kommen werde. Zur Begründung verwies er auf die große Fluktuation bei Arbeitsplätzen in Verteilzentren. Daneben seien diese Arbeitsplätze aber auch sehr begehrt. Meist werden sie seinen Worten nach von Mitarbeitern besetzt, die einen Zuverdienst zum Familieneinkommen anstreben.

Zuhörer äußerten Bedenken, dass die Digitalisierung in den nächsten Jahren viele Arbeitsplätze kosten könne. Dem widersprach Ralf Steffes aus der Post-Konzernzentrale in Bonn. Die Digitalisierung werde die Arbeit stark verändern, sagte er, doch durch sie entstehe auch neue Arbeit. Zur Begründung verwies er auf den E-Commerce, also die Zustellung von Waren, die im Internet bestellt werden. Diese erreichten den Empfänger meist als Briefsendung. Die Briefpost und ihre Bearbeitung werde es auch in Zukunft geben, sagte Steffes.

Eine Podiumsdiskussion zum geplanten Umzug interessiert viele Zuhörer. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Ein Zuhörer monierte, dass das Gewerbegebiet Nord ursprünglich für die Ansiedelung von hochwertigen Arbeitsplätzen gedacht gewesen sei, und solche könne er in einem Briefverteilzentrum nicht erkennen. SPD-Stadträtin Tinka Rausch verwies dagegen auf die bisherigen Ansiedelungen im Gewerbegebiet Nord, so beispielsweise eine Tankstelle und zwei Großmärkte. Sie habe eher Bedenken wegen des Verkehrs. Schlickenrieder antwortete darauf, dass der Verkehr für ein Briefzentrum hauptsächlich zu Zeiten ablaufe, in denen der andere Straßenverkehr niedrig ist. Meist sind seinen Worten nach auch keine Lastwagen im Einsatz, sondern Fahrzeuge bis zu einem Gewicht von 3,5 Tonnen. Ein Diskutant aus dem Publikum sagte, er wolle nicht, dass nachts Shuttlebusse durch die Stadt fahren. Die Einwohner hätten ein Recht auf Ruhe.

Grünen-Stadträtin Angelika Kropp-Dürr bezweifelte dass Merck für die Mehrheit der Beschäftigten im Briefzentrum München spreche. Der Gewerkschafter entgegnete, etwa 70 Prozent der Beschäftigten seien Mitglieder von Verdi. Zudem stelle die Gewerkschaft sämtliche Betriebsratsvorsitzenden in den Post-Unternehmen.

Jürgen Knöckelmann, Ortsvorsitzender des Bundes Naturschutz, brachte die Diskussion auf die ökologischen Aspekte. Er kritisierte die Versiegelung landwirtschaftlichen Bodens durch den Bau eines Verteilzentrums. Auch die vorgeschriebene Ausgleichsfläche und eine Dachbegrünung böten dafür keinen ökologischen Ersatz, sagte der Naturschützer. Schlickenrieder entgegnete, dass auch andere Betriebe, sollten sie im Gewerbegebiet angesiedelt werden, den Boden versiegelten. Für mehrere kleine Betriebsstätten gilt das seinen Worten nach noch mehr als für eine große Halle, weil zwischen den kleinen Betriebsstätten zusätzlich noch Straßenverbindungen gebaut werden müssten.

© SZ vom 08.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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