Umfrage:Höhepunkt des christlichen Kirchenjahrs

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Was bedeutet Ostern für Vertreter der verschiedenen Religionsgemeinschaften und Konfessionen? Die Bandbreite reicht von "Wichtiger als Weihnachten" bis "Ein paar freie Tage"

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Ostern? Heißt das wirklich nur Ostereiersuchen? Oder ist das nicht viel mehr, was in unserer schnelllebigen Zeit manchmal schnell vergessen wird? Brucker Persönlichkeiten, die eine Religion oder eine Konfessionen vertreten, erläutern die Rolle, die das Fest für sie ganz persönlich, aber auch ganz grundsätzlich für ihre Kirche spielt.

Birgitta Klemenz vom Pfarrverbandsrat Fürstenfeld. (Foto: Carmen Voxbrunner)

"Ostern ist für mich das wichtigste Fest im Ablauf des Jahres", sagt Birgitta Klemenz. "Gefühlsmäßig" stehe es ihr sogar näher als Weihnachten, sagt die promovierte Historikerin, die den katholischen Pfarrverbandsrat von Fürstenfeld leitet. "Es beginnt für mich am Palmsonntag." Gefeiert werde es "komplett" - vom Gründonnerstagabend über den Karfreitag und den Karsamstag mit der Grabesruhe ("deshalb besuche ich auch keine Konzerte, so schön sie sein mögen") bis zur morgendlichen Osternacht und dem Ostergottesdienst von elf Uhr an in der Klosterkirche. Nicht zu vergessen sei die Botschaft der Emmausjünger im Evangelium vom Ostermontag. "Für manche mag das an Gnadenvergiftung grenzen", räumt Klemenz freimütig ein, aber "für mich ist es ein Bogen, der mein Leben umfasst und zusammenfasst. Je älter ich werde, desto intensiver wird dieses Erleben". Mit dazu gehört für sie auch, Traditionen in der Familie zu pflegen wie Palmbuschen, Spinat am Gründonnerstag oder das Osterfrühstück.

Mihail Baku von der rumänisch-orthodoxen Gemeinde. (Foto: privat)

Auch für Mihail Baku, Priester der rumänisch-orthodoxen Gemeinde Fürstenfeldbruck, die dem Bischof Sofian von Kronstadt untersteht, ist Ostern immens wichtig. Gefeiert wird in der evangelischen Erlöserkirche am Stockmeierweg - allerdings nach dem Julianischen Kalender und damit erst eine Woche später, also am 8. April. "Für unsere Kirche ist es das größte Fest der Christenheit", sagt der 36-jährige Vater von drei Kindern. Weil die rumänisch-orthodoxen Gläubigen die Karwoche mit dazu zählen, dauert bei ihnen die Fastenzeit sieben Wochen. Es wird vegan gegessen, in der Karwoche dann nur einmal am Tag. Ostern solle zum Anlass genommen werden, sich in Askese zu üben und zu fragen "Wer bin ich und wohin will ich?" Anders als in der westlichen Kirche werde auch der Osterdienstag gleichrangig gefeiert, erzählt Baku. In der Kirche wird ein Osterkorb geweiht und Brot wird in Wein eingetunkt und gegessen. In der 40-tägigen Osterzeit, die mit den Osterfeiertagen beginnt, begrüßt man sich mit den Worten "Christus ist auferstanden", erwidert wird das mit den Worten " Er ist wahrhaftig auferstanden".

In der Familie wird natürlich auch gefeiert. Die Kinder suchen Ostereier und Geschenke. Die Räume werden mit Eiern, von rumänischen Künstlern mit ruhiger Hand prächtig bemalt, dekoriert - oder auch mit Tauf- oder Hochzeitskerze. Und natürlich werde "viel gegessen", sagt Baku und lacht. Es ist eben ein Fest der Freude.

Sehr ähnlich sieht das Manfred Schindler, Gemeindevorsteher der Neuapostolischen Kirche: "Das Osterfest ist für mich als Christ das herausragende Fest im Kirchenjahr. Gerade die Auferstehung von Jesus Christus, daran erinnert ja das Osterfest, ist das Schlüsselereignis, das dann zur Entstehung der christlichen Kirchen führte." Diese Entfaltung göttlicher Kraft fasziniere ihn immer wieder und gibt ihm persönlich die Erklärung, wie die ersten christlichen Kirchen überhaupt entstehen konnten. Schade sei es gleichwohl, dass der Freizeitgedanke - Urlaub von Freitag bis Montag - für viele im Vordergrund stehe. Hinzu kommt noch der Kommerz rund um Ostereier und Osterhase. Schindler: "Ich wünsche mir persönlich, dass wir Kirchen vermehrt unsere weniger aktiven Mitglieder erreichen und motivieren können, die Besonderheit der Osterfeiertage für das eigene Seelenleben zu erschließen. Freizeit zum Feiern gibt es ja dennoch genug." Als Geistlicher hält Schindler die Gottesdienste am Karfreitag und Ostersonntag. Darüber hinaus bleibt aber genügend Zeit fürs Feiern gemeinsam mit der Familie und den Kindern.

Gerd Ballon von der Freien evangelischen Gemeinde. (Foto: privat)

In der Passionswoche werden für die Mitglieder der von Gerd Ballon geleiteten, 1977 gegründeten Freien evangelischen Gemeinde Fürstenfeldbruck Andachten gehalten. Am Gründonnerstag hat es im Gemeindezentrum an der Oskar-von-Miller-Straße mit der Sederfeier das Abendmahl gegeben, der Karfreitagsgottesdienst wurde dann ganz bewusst sehr schlicht gefeiert. Das Osterfest selbst beginnt um 8.30 Uhr mit einem Osterfrühstück in einem fast schon prunkvollen Rahmen - mit bunten Farben, Blumen, Kerzen. "Für mich ist das die Explosion des Lebens, das Gott uns geschenkt hat", sagt Ballon, der 2010 die Nachfolge des nach Hamburg wechselnden Pastors Karsten Wagner angetreten hat. Erlösung und Auferstehung stünden auch für eine "gute und lebendige Beziehung zu Gott". Und all dies werde beim "Hauptfest" der Christen besonders eindrücklich ins Bewusstsein gerufen. Auch zu Hause wird im Familienkreis gefeiert. Und ja, natürlich werden auch für das Enkelkind wieder Ostereier versteckt.

Akif-Mehmet Nemutlu von der türkisch-islamischen Gemeinde. (Foto: Johannes Simon)

Akif-Mehmet Nemutlu kennt die christlich geprägten Bräuche und Rituale in seiner Heimatstadt. Aber für den Muslim, der dem Brucker Sportbeirat ebenso angehört wie dem Vorstand des Fußballvereins BVTA und der Mitglied der türkisch-islamischen Gemeinde Ditib ist, spielt Ostern naturgemäß keine zentrale Rolle. Jesus Christus und seine Mutter Maria werden im Koran zwar an vielen Stellen erwähnt - und Jesus nimmt eine besondere Stellung unter den koranischen Propheten als Gesandter Gottes ein. Dennoch spielen Weihnachten und Ostern im Islam keine große Rolle. Denn der Koran enthält keine Passionsgeschichte und auch keine Informationen zu den Geschehnissen am Karfreitag. Ein einziger sogenannter Kreuzigungsvers in Sure Vers 157 weist auf den Tod Jesu hin, und das nur in wenigen Worten, die zudem geheimnisvoll und kryptisch gehalten sind. "Die vier Tage über Ostern verreisen wir meistens", erzählt Nemutlu. Mit dem Bus ging es bereits nach Venedig, Berlin oder Wien, letztes Jahr nach Bosnien. Manchmal kommen auch Verwandte und Bekannte zu Besuch. Dass es türkische Familien geben soll, die ihren Kindern zuliebe Ostereier verstecken, davon weiß Nemutlu nichts. "Wir haben das jedenfalls nie gemacht."

Vertreter des jüdischen Glaubens sind in Bruck nicht organisiert. Für sie genießt das christlich geprägte Osterfest durchaus eine gewisse Bedeutung. Denn der Vorläufer des Osterfests war das jüdische Pessach oder Passah. Mit dem "Fest des ungesäuerten Brots" wird daran erinnert, dass Gott sein Volk aus der ägyptischen Sklaverei geführt habe.

© SZ vom 31.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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