Transparentes Rathaus:Disput über gläsernes Gremium

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Bislang können nur Zuhörer im Saal die öffentlichen Sitzungen des Fürstenfeldbrucker Stadtrates verfolgen. (Foto: Stefan Salger)

In Fürstenfeldbruck wird hitzig darüber diskutiert, ob Stadtratssitzungen live im Internet übertragen werden sollen. Fast die Hälfte der Politiker sowie die Verwaltung lehnen dies bislang ab

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Da ist sie, die Chance auf eine Vorreiterrolle für die Stadt Fürstenfeldbruck. Doch nach gut einer Stunde Diskussion ist klar, dass es dazu erst einmal nicht kommt. Alexa Zierl und Florian Weber hatten gefordert, dass künftig die Sitzungen des Stadtrats und seiner Ausschüsse per Livestream übertragen und im Nachhinein auf der Seite der Stadt verfügbar gemacht werden.

Im Landkreis macht das bisher sonst noch niemand und auch bayernweit erst eine Handvoll Kommunen. Doch die Mehrheit, das wird in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses schnell klar, kann sich nicht zu diesem Schritt durchringen. Die einen verweisen auf die Kosten, die andere auf Sorgen um die Privatsphäre und darauf, dass so etwas doch wahrscheinlich sowieso niemand nutzen würde.

Zierl begründet den Antrag mit der Forderung nach mehr Barrierefreiheit und Transparenz. Zum einen gebe es im Sitzungssaal schon physisch keine Barrierefreiheit, weil man ihn nur über Stufen erreichen kann. Und dann schließe man auch Menschen aus, die am Abend arbeiten oder sich um ihre Kinder kümmern müssen. Klaus Quinten (BBV) glaubt, dass Menschen mit Behinderung hier nur als Argument vorgeschoben werden und bezweifelt einen echten Bedarf. Und Bürgermeister Erich Raff verweist darauf, dass er auch schon Eltern mit Kindern im Sitzungssaal gesehen habe. Eben das sei doch ein Armutszeugnis, entgegnet Andreas Ströhle (BBV), der Referent für Bürgerbeteiligung. Er glaubt, dass viele Stadträte schlicht Angst vor der Transparenz haben, weil durch eine Liveübertragung sichtbar würde, wer was gesagt hat. Denn eine Umfrage hatte ergeben, dass 18 Stadträte und ein großer Teil der Verwaltung mit einer Übertragung nicht einverstanden wären. Das bedeutet, dass deren Redebeiträge auch nicht übertragen werden dürften. Philipp Heimerl (SPD) beschleicht das Gefühl, die Debatte sei von einer grundlegenden Angst vor dem Internet geprägt. "Ich glaube nicht, dass wir zu Internetphänomenen werden, sondern dass wir die interessierten Bürger erreichen". Es sei eine Aufgabe der Politik, sich zu präsentieren.

Andreas Lohde (CSU) hingegen hält eine komplette Veröffentlichung der Audiospuren für grenzwertig. "Ich glaube, es ist noch nicht an der Zeit". Andere bezweifeln, dass es überhaupt ein ausreichendes Interesse an so einer Übertragung gibt. "Ich will nicht in Abrede stellen, dass das hier einen gewissen Unterhaltungswert hat, aber ich habe Probleme, mir vorzustellen, dass sich eine nennenswerte Zahl von Leuten eine drei- bis vierstündige Sitzung antut", sagt Herwig Bahner (FDP).

Diskutiert wird zudem über die Form der Übertragung und darüber, was das kostet. Zierl nennt eine reine Audioübertragung als günstigste Variante. Das sollte dann höchstens 5000 Euro im Jahr kosten. Die von der Verwaltung vorgelegten Zahlen, von einer reinen Audioübertragung bis hin zur Videoübertragung, bewegen sich hingegen von 50 000 bis 200 000 Euro im Jahr. "Zu diesem Betrag ist das nicht akzeptabel", findet Quinten. "Wenn es irgendwie preiswert geht, wäre das aber okay." Bevor im Fachausschuss weiter diskutiert wird, soll die Stadtverwaltung nun zunächst detailliertere Kostenprognosen vorlegen.

© SZ vom 21.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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