Tagraum eines Mädchens:Das schaurig Gute

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Die Proben für das Mysterienspiel "Wuide Hetz - eine Fürstenfelder Raunachtgeschichte" mit Perchten und wilden Gestalten beginnen im Veranstaltungsforum. Datum der Uraufführung des Stücks von Winfried Frey ist der 16. Dezember

Von Katharina Proksch, Fürstenfeldbruck

Mystische Gestalten in langhaarigen Fellgewändern mit Angst einflößenden Masken, an denen Hörner in die Luft ragen. Einige haben selbst geschnitzte Wanderstöcke in der Hand, andere Weidenkörbe auf den Rücken geschnallt. Ihre Glockengürtel tönen zur rhythmischen Musik, den Ton geben Trommeln an. Sie tanzen in Nebel gehüllt um einen Platz. Er scheint in einem Wald zu sein, mit all den Holzstämmen voller Moos, die hier liegen. Mitten drin ein Menschenkind und eine auffallend lange Figur auf Stelzen im goldenen Gewand mit einer ebenso beängstigenden Maske wie die anderen Wesen.

Was wie ein Traum erscheint, ist der Tagtraum vom Mädchen Emi, gespielt von Jasmin Hallbauer. Für das Mysterienspiel "Wuide Hetz - eine Fürstenfelder Rauhnachtgeschichte" proben Regisseur und Drehbuchautor Winfried Frey und Komponist Christian Ludwig Mayer die Anfangsszene des Stücks und geben erste Einblicke in die aufwendigen Kostüme. Unter der Leitung von Christine Hochenbleicher vom Veranstaltungsforum wurde das Stück extra für die Bühne im Stadtsaal geschrieben. Emi, "der Mensch als Kind", wie Frey betont, ist vom Leben überfordert: Schulstress, mediale Einflüsse und selbst die Hobbys sind ihr zu viel. Voller Erschöpfung fällt sie in einen Tagtraum und wacht in einer mystischen Welt wieder auf, wo ihr Frau Perchta und andere Sagenfiguren auf ihrer Reise durch "verschiedenen Epochen und Welten" begegnen. Sie erfährt dabei, dass alles zwei Seiten hat: das Gute ist gleichzeitig schlecht und umgekehrt. Bei diesem Lernprozess erleichtern ihr die schaurigen Sagenfiguren die Suche nach dem Heimweg.

Das Sinnbild für das gute Böse oder das schaurig Gute in diesem Stück ist Frau Perchta, die lange Figur mit dem goldenen Kleid und der Maske. Sie gilt als Göttin, die von den Perchten, den fellbehangenen Gestalten, begleitet wird, und sowohl bestrafen als auch belohnen kann. "Der Perchten-Brauch ist neu in Fürstenfeldbruck, ursprünglich kommt er aus dem Alpenraum", erklärt Klaus Trnka, Vorsitzender des Vereins Brucker Perchten und Rauhnachtsgsindl. "Im Herbst und Winter, wenn die Dunkelheit zunimmt, bekommen viele Menschen Angst. An der Wintersonnenwende wird das Licht neu geboren, das feiern die Perchten, und in den kommenden Rauhnächten vertreiben sie mit Tänzen die Wintergeister."

In einer Rauhnacht spielt Emis Tagtraum. Für die "Wuide Hetz" wurde das Kostüm der Frau Perchta, gespielt von Annette Schregle, neu interpretiert. "Die Figur soll sich verwandeln können, das Gute und das Schlechte immer bei sich haben", erklärt Frey. Somit entstand eine Figur mit einer geschnitzten Holzmaske auf dem Kopf, die variabel das Gesicht der Darstellerin verdecken oder zeigen kann. Das immer Gute wird mit dem zarten, goldenen Kleid versinnbildlicht. Die Maske wurde wie alle anderen Perchtenmasken in Berchtesgaden geschnitzt. "Sie sind aus Weymouthskiefer und Zirbenholz. Die Hörner stammen von der Ziege oder dem Widder", so Trnka. Die 30 Kilogramm schweren Kostüme aus Langhaarziegenfell, mit Rosshaar veredelt, wurden in Österreich maßgeschneidert. Dafür musste kein Tier getötet werden, denn Perchten leben im "Einklang mit der Natur, und es werden nur Felle und Hörner von nichtjagdbaren Tieren" verwendet, versichert Trnka. Für das fantasievolle Stück, das regionale Rauhnachtsbräuche aufgreift, stehen Vereine der Region, wie der oben genannte Perchtenverein und der Trachtenverein Almfrieden, zusammen mit Laien und Profis auf der Bühne. Dazu kommen ortsansässige Musiker. Frey, den Mythen und Sagen faszinieren, möchte passend zur Weihnachtszeit die ganze Familie "aus dem Alltag rausziehen und in eine Welt, die meist schöner oder schlimmer als die Realität ist, entführen." Am 16. Dezember ist die Uraufführung des Mysterienspiels im Veranstaltungsforum.

© SZ vom 06.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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