SZ-Serie: Politpaare, Folge 14:Die Emmeringer Ehrenamtssammler

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Werner Öl war schon mit elf Jahren Lektor in der Kirche, später unter anderem Jugendleiter und Präsident des FC Emmering. Nun ist er Dritter Bürgermeister. Sohn Tobias hat seine Schwester im Gemeinderat ersetzt, und auch Nichte Sarah Kumeth engagiert sich an vielen Stellen

Von Ingrid Hügenell, Emmering

Die Erfahrung von Lokaljournalisten zeigt: Wer ehrenamtlich tätig ist, hat in aller Regel nicht nur ein Amt. Die Emmeringer Familie Öl und Nichte Sarah Kumeth bestätigen das auf besonders eindrucksvolle Weise. Sie decken praktisch alle Felder ab: Sport, Kultur, Religion, Soziales und natürlich Politik. Werner Öl, 61, begann seine ehrenamtliche Karriere schon mit elf Jahren als Lektor.

"Ich habe in der katholischen Kirchengemeinde alles gemacht, was man machen kann", sagt Öl und zählt eine Auswahl auf: Ministrant, Kirchenchor, Organist, Jugendgruppenleiter. Außerdem war er acht Jahre lang Präsident des FC Emmering, "sowie Trainer etc.", sagt er. Er singt bei Löwen-Weihnachtsfeiern für die Fans mit einem kleinen Vokalensemble vor allem traditionelle Weihnachtslieder, und auch mal ein Solo, "wenn es sich ergibt".

Sein jüngster Sohn Tobias, 27, war als Jugendlicher Betreuer bei Zeltlagern der Pfarrgemeinde. Vier Jahre lang war er Vorsitzender der Jungen Union Germering, seit drei Jahren ist er Fußballtrainer, er macht die Damenmannschaft in Überacker fit und die dritte Herrenmannschaft in Emmering ebenfalls. Natürlich haben beide Söhne und auch beide Töchter Werner Öls Fußball gespielt. Übereinstimmend erklären sie, dass sie keine bestimmte Fußballmannschaft unterstützen außer der Emmeringer. "Wir sympathisieren mit allen Münchner und bayerischen Mannschaften", bekräftigen Vater und Sohn. Wenn es möglich ist, im Stadion, in der Allianzarena ebenso wie im Grünwalder Stadion oder in der Augsburger WWK-Arena. Vielleicht lassen die Gesangsauftritte auf ein bisschen mehr Sympathie mit dem TSV 1860 München schließen.

Sarah Kumeth, 28, ist keine Fußballerin, sondern Leichtathletin. Als Übungsleiterin beim Turnverein Emmering trainiert sie Kinder, schon mit 13 Jahren hat sie mitgeholfen, noch bevor sie den Übungsleiterschein überhaupt machen durfte. Bei der Theatergruppe Emmering spielt sie mit, an der Harfe musiziert sie beim CSU-Hoagart, zusammen mit ihrer Mutter bei der Christmette an Heiligabend, aber auch mit einer kleinen Band bei Hochzeiten und anderen Festen.

"Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm", kommentiert Werner Öl (rechts) das Bild, das ihn mit Sohn Tobias und Nichte Sarah Kumeth im Garten der Familie Öl zeigt (Foto: Carmen Voxbrunner)

Alle drei gehören dem Gemeinderat an, der Senior seit März 1996, er ist seit Mai Dritter Bürgermeister. Tobias rückte im September 2017 für seine Schwester Magdalena Kiener nach, als die nach Maisach zog. Zuvor saß sie neun Jahre lang im Gemeinderat. Sarah Kumeth löste im Januar 2018 Edmund Oswald ab. Sie sind alle für die CSU ins Gremium gewählt worden, auch wenn die Jüngeren bisher nicht der Partei selber angehören, sondern nur ihrer Jugendorganisation, der Jungen Union. Das Mandat alleine reicht der umtriebigen Familie natürlich nicht. Werner Öl ist Fraktionsvorsitzender, Tobias Referent für Sport und Ortsvereine, Sarah Kumeth Referentin für Kinder, Jugend und Familie. Umgekehrt hätte es auch gepasst, bestätigen Cousin und Cousine und lachen.

Denn er ist Sozialpädagoge und arbeitet in einer Eichenauer Kinderbetreuungseinrichtung. Sie ist Grundschullehrerin und unterrichtet eine Ganztagsklasse an einer Puchheimer Grundschule. Werner Öl war Gymnasiallehrer für Deutsch und katholische Religion. Beinahe wäre er Redakteur bei der Süddeutschen Zeitung geworden, erzählt er, ein entsprechendes Angebot habe er ausgeschlagen zugunsten der Beamtenlaufbahn. Nun ist er Geschäftsführer der Bayerischen Museumsakademie, einer gemeinsamen Initiative des Museumspädagogischen Zentrums München, der Landesstelle für nichtstaatliche Museen und des Instituts der bayerischen Geschichte der Ludwig-Maximilians-Universität München.

In seinem Großvater Hans Bierlinger hatte Werner Öl ein Vorbild, ihm ist er in vielem ähnlich. Bierlinger war Schulrektor in Emmering, Zweiter Bürgermeister und in der Kirche aktiv. Den Opa hat Werner Öl nicht lange gehabt, er starb, als der Enkel sechs Jahre alt war. Aber vor seinem frühen Tod brachte er dem begabten Buben noch Lesen, Schreiben und lateinische Gebete bei. Auch Werner Öls Frau ist in der Pfarrgemeinde aktiv.

Kumeths Eltern sind ebenfalls ehrenamtlich tätig. Ihre Mutter, die Schwester von Tobias Mutter, spielt seit Jahrzehnten bei der Theatergruppe Emmering und ist dort Jugendleiterin. Sie musiziert an der Harfe, Sarah hat das Instrument deshalb erlernt. Ihr Vater ist im TV Emmering aktiv und mache beim Theater die Technik "seit ich denken kann", sagt Kumeth.

Sarah Kumeth. (Foto: oh)

Es drängt sich die Frage auf: Macht das alles Spaß? "Der Spaßfaktor steht nicht im Vordergrund", antwortet Werner Öl. Es gehe vielmehr um die Verantwortung für das Gemeinwesen. Auch Tobias spürt die Verantwortung. "Bei der Jungen Union hat man den Spaßfaktor, im Gemeinderat weniger." Er sieht sich als "Emmeringer durch und durch", und da mache man eben gerne etwas für die Gemeinde. Sarah Kumeth nickt zustimmend. Um ihre ehrenamtlichen Tätigkeiten machen die drei nicht viel Aufhebens, für sie ist das selbstverständlich. Die Jüngeren schauen es sich von den Älteren ab, sie sind da so hineingerutscht. Dass sie bei der CSU gelandet sind, liegt daran, dass der neu gewählte CSU-Bürgermeister Stefan Floerecke sie erst für die Junge Union und dann für die Gemeinderatsliste anwarb.

Bei so vielen Themen ist es vielleicht auch wenig verwunderlich, dass über Politik bei Öls zuhause nicht groß debattiert wird. Schon gar nicht wird gestritten, auch dann nicht, wenn die Ansichten sich unterscheiden. Sebastian, Tobias älterer Bruder, ist Politologe. Er arbeitet als Journalist und hat es nicht ganz in den Gemeinderat geschafft. Mit ihm gibt es natürlich Gespräche, aber es gehe dann aber eher um die große Politik, sagt Werner Öl.

Wenn ein neuer Bürgermeister und vielleicht sogar eine neue Partei in den Gemeinderat gewählt wird, braucht es eine Zeit, bis alles läuft. So war es, erinnert sich Werner Öl, als Michael Schanderl von den Freien Wählern 2002 erstmals zum Bürgermeister gewählt wurde und die CSU nicht nur das Amt, sondern auch die Mehrheit im Gemeinderat verlor. "Für die CSU war es ein Schock, so viele Gemeinderäte zu verlieren. Es war ein massiver Einbruch, die Verhältnisse haben sich umgekehrt", erklärt Öl. Die erste Wahlperiode mit Schanderl sei angespannt gewesen. Doch zuletzt sei es nur noch um die Sache gegangen. Schanderl hat sich den Respekt des Öl-Clans auch dadurch erworben, dass er als "mutiger Bürgermeister" mit den Vereinen die Sportflächenerweiterung durchzog, in den Jahren 2012 bis 2017. Es war die Zeit, als Werner Öl Präsident der FC Emmering war. Er lobt die gute Zusammenarbeit. Für die neuen Sportplätze fallen die Worte "Juwel" und "Schmuckstück".

Tobias (von links), Werner und Sebastian Öl beim bisher letzten Fußballspiel, bei dem sie gemeinsam auf dem Platz standen, "aus Jux", wie sie sagen (Foto: oh)

Seit Mai sitzen erstmals vier Grüne im Emmeringer Gemeinderat. Diesmal wird das Zusammenfinden des neuen Gemeinderats nicht nur durch die Coronapandemie erschwert, sondern auch durch einen neuen Stil, den die Grünen den Öls zufolge mitgebracht haben. Werner Öl kneift die Augen zusammen, seine Lippen werden ganz schmal, als er von der "Antragsflut" spricht, die schon im Rathaus eingegangen sei, bevor der neue Bürgermeister überhaupt im Amt war. Gleichzeitig seien die Anträge an die Presse "durchgestochen" worden. In anderen Kommunen ist das durchaus üblich, in Emmering aber sei es nicht Usus gewesen.

"Der Fraktionsvorsitzende überzieht die Verwaltung mit Anträgen. Das gefällt uns nicht so sehr", sagt Werner Öl für sich und die CSU-Fraktion. "Da müssen die Grünen noch viel lernen." In der vorigen Periode sei die Arbeit im Gemeinderat entspannter gewesen, sagt Tobias Öl. "Klar kracht es mal, aber das wurde immer auf der sachlichen Ebene geklärt." Jetzt sei es "nicht mehr so harmonisch."

Bisher erschienen: Peter und Hannelore Münster, Eichenau (8./9 August), Familie Off-Nesselhauf, Germering (14./15./16. August), Erwin und Markus Fraunhofer, Jesenwang (18. August), Barbara Lackermeier und Gerhard Jilka, Schöngeising (22./23. August), Wolfgang und Sandra Andre, Germering (25. August), Katrin und Emanuel Staffler (29./30. August), Gisella Gigliotti und Manfred Sengl (1. September), Michael und Valentin Schanderl (5./6. September), Michael und Johannes Bals (8. September), Familie Dürr und Kropp-Dürr (12./13. September), Josef und Maximilian Gigl (15. September), Cornelia Aicher-Leonbacher (19. September), Markus und Sieglinde Kennerknecht (22. September)

© SZ vom 26.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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