SZ-Serie: Arbeiten in Corona-Zeiten, Folge 27:Leere Leinwände

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Für die Kinobetreiber im Landkreis gibt es momentan nicht viel zu tun. Noch können sie ihre Kosten aus Reserven decken

Von Maximilian Neumair, Gröbenzell/Fürstenfeldbruck

Die Veranstaltungs- und Unterhaltungsbranche wurde von der Corona-Pandemie zuerst getroffen. Und sie wird deren Konsequenzen wohl mit am längsten zu spüren bekommen. Die Kinoleinwände im Landkreis bleiben derzeit dunkel, wie auch im Rest Deutschlands. Davon kann auch Petra Löw, 58, aus Gröbenzell berichten. Ihr gehört das Gröbenlichtspiele-Kino. Sie ist eine der vielen ratlosen Kinobetreiberinnen, die nicht wissen, wie es in Zukunft weiter geht. Derzeit bleibe nur die Möglichkeit, abzuwarten und den finanziellen Schaden so gering wie möglich zu halten, erzählt sie. "Ich habe bei der Filmförderung einen Antrag gestellt für laufende Kosten", sagt sie weiter. 5000 Euro bekäme sie in diesem Fall. "Mir gehört das Kino, daher muss ich keine Miete zahlen", sagt die Gröbenzellerin. Das sei der größte Kostenfaktor bei den meisten anderen Kinos, der bei ihr zum Glück wegfällt.

Finanzielle Sorgen machen sich auch die anderen Kinobetreiber im Landkreis. Zum Beispiel Markus Eisele, einer der Geschäftsführer des Arena Filmtheaters, zu dem das Lichtspielhaus in Fürstenfeldbruck gehört. Für dieses sei der Saisonstart gut gelaufen, weshalb man jetzt über etwas Puffer verfüge, sagt er. Dieser sei jedoch eigentlich für die schweren Sommermonate angedacht, deren Kosten wiederum ungedeckt bleiben würden. Deshalb bezeichnet er die derzeitige Krisensituation auch als "extrem langen Sommer". Die Kosten pro Monat bewegen sich im fünfstelligen Bereich, die trotz Filmförderung und noch ausstehender Soforthilfe nicht gedeckt werden können. Das Kino sei somit auf Kredite angewiesen.

Aktuell laufen bei Petra Löw die Projektoren nur, um ihre Funktionsfähigkeit zu testen - oder wenn sie mal alleine einen Film schaut. (Foto: Günther Reger)

Alternative Finanzierungsmöglichkeiten, wie der Verkauf von Gutscheinen, seien zwar ein "schöner Beitrag" derjenigen Kinobesucher, die in dieser schweren Zeit helfen wollen, aber natürlich keine nachhaltige Hilfe. Auch Markus Schmölz, Geschäftsführer des Scala-Kinos in Buchenau, verkauft momentan Gutscheine. Damit wolle das Kino nicht nur sich selbst helfen, sondern auch das Klinikum Fürstenfeldbruck für seine Arbeit unterstützen, sagt er. Die von den Leuten gekauften Gutscheine werden dann an das Personal der Klinik geschickt. Auf diese Weise habe man innerhalb von eineinhalb Wochen bereits 750 Euro gesammelt. Ansonsten lebe das Scala-Kino derzeit von den Rücklagen. Es sei also vorerst nicht davon bedroht, dauerhaft schließen zu müssen, sagt Schmölz. Derzeit mache sich er Gedanken, welche Maßnahmen bei einer schrittweisen Öffnung ergriffen werden müssen. Die Zubereitung von Popcorn und Nachos oder das Anstehen in der Schlange müssten anders geregelt werden. Daher hofft er, dass die Kinos erst wieder unter gewöhnlichen Hygienebedingungen öffnen werden.

Das Cineplex in Germering stemmt derzeit die laufenden Kosten, wie Miete, Personal- und Nebenkosten durch Rücklagen, die eigentlich für Investitionen in die technische Ausstattung angedacht gewesen seien. Marketing-Leiterin Susanne Schubert erzählt, dass die Kinobesucher derzeit viele Gutscheine kaufen. Außerdem gebe es nun auch in Germering den Cinesnacks-Onlineshop. Ein kinoeigener Lieferdienst, der Popcorn und Nachos nach Hause liefert.

Schon vor der offiziellen Sperrung sei in den Gröbenlichtspielen wenig los gewesen, sagt Kinobetreiberin Löw. Filme wie die "Känguru-Chroniken" oder "Narziss und Goldmund" seien nicht so gut angelaufen, wie erwartet. "Es wird noch eine Weile dauern, bis die Leute wieder bereit für das Kino sind. Durch Streaming vermisst man das Filmeschauen nicht", glaubt die Gröbenzellerin. Sie fürchtet, dass das Kino noch länger eine schwierige Zeit haben werde. Online habe sie zwar bereits ein paar Gutscheine verkaufen können, aber weniger als normalerweise, sagt die Kinobetreiberin. Auf ihrer Homepage weist Löw auf die Website "hilfdeinemkino.de" hin. Auf dieser können die Leute ein Kino auswählen, das sie unterstützen möchten und Kinospots anschauen, die normalerweise auf der großen Leinwand laufen würden. "Ein gewisser Betrag wird dann an das Kino ausgezahlt", sagt Löw. Allerdings könne sie nicht abschätzen, wie hoch dieser am Ende sein werde. Von einer wirklichen Finanzierungsalternative geht sie jedenfalls nicht aus. Die Website wurde von "Weischer Cinema" entwickelt, dem führenden Vertreiber für überregionale Werbung in Deutschland. Dieser habe alle an dem Konzept interessierten Kinos aufgenommen, auch wenn diese normalerweise nicht bei ihnen unter Vertrag stehen, berichtet Löw. So zum Beispiel auch die Gröbenlichtspiele. Dass sie mit Weischer Cinema unter normalen Umständen nicht zusammenarbeite, sagt sie, liege an den 30 Minuten Werbung, die damit einhergehen. "Das gibt zwar einen Haufen Geld, aber vergrault Gäste", sagt Löw.

Petra Löw betreibt die Gröbenlichtspiele in Gröbenzell. (Foto: Günther Reger)

In ihrem Kino läuft nur regionale Werbung und die nicht länger als fünf Minuten. Da sie nur einen Kinosaal habe, zeige sie lieber eine Vorstellung mehr am Tag, verrät sie. Eine weitere Finanzierungsidee sei die Fotovoltaikanlage, die sie im November eingebaut habe, sagt Löw. Derzeit speist sie den erzeugten Solarstrom komplett ein. "Da bin ich gespannt, wie viel Geld wir bekommen", sagt sie. Im Moment verbrauche das Kino schließlich fast nichts. Für die Zukunft hofft die Kinobetreiberin, dass zumindest der Sommerblockbuster "Tenet" von Christopher Nolan nicht verschoben werde. "Das wäre ein wichtiger Film", sagt Löw. Sie hofft auch darauf, dass der August wieder gut laufe. Dieser sei letztes Jahr besonders erfolgreich durch die Krimikomödie "Leberkäsjunkie" gewesen. Der Nachfolger "Kaiserschmarrndrama" steht ebenfalls diesen August auf dem Programm.

Ansonsten sei ihr Arbeitstag derzeit ziemlich ereignislos, wie sie erzählt. "Ich mache nix. Nicht mal planen. Alle größeren Filme sind auf Herbst oder nächstes Jahr verschoben." Zwar habe sie die Zeit genutzt, um zu renovieren und einen neuen Teppichboden zu legen, aber ansonsten bleibe es rund um den Kinobetrieb still. Die Leinwände werden nur bespielt, um die Funktionalität der Technik zu prüfen. Oder mal für einen privaten Filmabend im Kino. "Ich habe allein zwei Filme bislang geschaut. Narziss und Goldmund und einen Kinderfilm", sagt Löw. Das geschlossene Kino führe natürlich auch zu Leerlauf bei ihren Mitarbeitern, sagt sie. Diejenigen, die regelmäßig und schon seit langer Zeit für sie arbeiten, wie die Putzfrau oder die Vorführer-Aushilfen, will sie weiterbezahlen. Das Kino arbeite ansonsten mit vielen (Schüler-)Aushilfen, da sich der Arbeitsaufwand von Woche zu Woche ändere. Diesen muss Löw im Notfall kündigen.

Auch wenn sie dem Kinobetrieb eine schwere Zeit voraussagt, sei für sie das Filmeschauen im Kino etwas Besonderes und als Erlebnis nicht zu ersetzen. "Im Kino ist einfach eine ganz andere Atmosphäre. Jeder Film verliert im Wohnzimmer im Vergleich zum Kino", findet Löw. Man werde komplett in den Film hineingesogen und durch nichts abgelenkt. Das Gemeinschaftserlebnis im Kino gibt es eben nicht auf der Couch.

© SZ vom 30.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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