Studie bietet Leitfaden:Lückenhafte Landkreisprognose

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Wie sollen die Städte und Gemeinde wachsen und welches Gewerbe soll angesiedelt werden? Das Mammendorf Gewerbegebiet am Kugelbichl. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Das Einfamilienhaus hat im Landkreis keine Zukunft. Das immerhin geht aus einer Expertise hervor, die bis 2040 vorausblickt. FDP-Kreisrat Klaus Wollenberg vermisst aber wirtschaftlichen Sachverstand

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Seit Ende Februar liegt der 233 Seiten umfassenden Schlussbericht zur Struktur- und Potenzialanalyse für den Landkreis vor. Bei der Vorstellung des Papiers im Planungsausschuss des Kreistags brachte Klaus Wollenberg (FDP) Zweifel an der wirtschaftlichen Kompetenz der Verfasser zum Ausdruck. Nach dem vernichtenden Urteil des Liberalen wurde die in der Studie enthaltene räumliche Entwicklungsstrategie für den Landkreis nicht mehr, wie ursprünglich vorgesehen, vom Gremium beschlossen.

Unter Leitung des Lehrstuhls für Raumentwicklung der TU München hatten Stadtplaner, Architekten sowie Landschafts- und Verkehrsplaner etwa zwei Jahre lang unter Beteiligung von 16 der 23 Kommunen im Landkreis und von Bürgern ein Konzept für die weitere Entwicklung des Landkreises bis zum Jahr 2040 erarbeitet. Die Verfasser sagen beispielsweise ein Ende der den Landkreis seit Jahrzehnten prägenden Einzelhausstruktur vor, eine Verdichtung der bereits bebauten Flächen in den Innenräumen sowie eine Infrastruktur mit kurzen Wegen, die gut zu Fuß oder mit Fahrrad zurückzulegen sind. An Bahnhöfen oder Verkehrsknoten sollten Siedlungsschwerpunkte mit hoher Lebensqualität, aber wenigen Autostellplätzen entstehen.

Neu für den Landkreis ist die Idee der Planer, die Zukunftsstrategie in Abhängigkeit von der Landschaft und den Landschaftsräumen her zu denken und zu planen. So wird die Freifläche zwischen Gröbenzell, Olching und Eichenau als Landschaftspark definiert, wodurch das landwirtschaftlich genutzte Areal als Naherholungsraum eine zweite Funktion erhält. Ebenso neu sind die Bestrebungen, die Maisachauen mit ihren Bachstrukturen als wichtigen, charakteristischen und den Landkreis prägenden Landschaftsbestandteil und Erholungsraum aufzuwerten. Und zwar auch mit dem Ziel, die stark frequentierten und beliebten Amperauen zu entlasten. Neu ist auch die interkommunale Vorgehensweise, also den Blick zu öffnen für gemeinsame Projekt und die Auswirkungen von Planungen auf die Nachbarn zu berücksichtigen. Die Studie soll ein Leitfaden für Kommunen sowie Gemeinde- und Stadträte sein, bei denen die Planungshoheit liegt. Wollenberg lehrt an der Hochschule München als Professor Volkswirtschaftslehre, Wirtschaftspolitik und Regionalökonomie. Er sagte voraus, dass der Landkreis als Wirtschaftsstandort "keine Zukunft" haben werde, sollten die Kommunalpolitiker den Empfehlungen der Regionalplaner folgen. Geboten werde "ganz viel Dünnes". Das tue in der Seele weh.

Da laut Wollenberg noch Diskussionsbedarf besteht, sei eine solche Situation noch keine Ausgangsbasis für die öffentliche Abschlussveranstaltung an diesem Dienstag von 18 Uhr an im großen Sitzungssaal des Landkreises. An diesem Abend soll laut Ankündigung des Landratsamtes "die Brücke vom Konzept zu konkreten Umsetzungsmöglichkeiten" geschlagen und ein Ausblick gegeben werden. Wollenberg kritisierte vor allem die Handlungsempfehlung, den Schwerpunkt der wirtschaftlichen Entwicklung des Landkreises auf die Bereiche Dienstleistung und wissensintensive Dienstleistungen zu legen. Der Wirtschaftsexperte wies darauf hin, dass die Stärke der Wirtschaft in Deutschland im Gewerbe und in der Industrie liege. Diese Bereiche würden jedoch in der räumlichen Entwicklungsstrategie für den Landkreis überhaupt nicht erwähnt. An diesem Punkt hakte in der Debatte im Planungsausschuss Peter Falk (SPD) ein, der kritisierte, dass die Studie auch nichts zur Sozialentwicklung des Landkreises beinhalte. Auf die von Wollenberg angestoßene Detaildiskussion wollten sich die Ausschussmitglieder nicht einlassen. Auch deshalb wurde eine Entscheidung über die Analyse vertagt. Marc Hofmann vom Büro "03 Architekten" rechtfertigte die Fokussierung auf wissensintensive Dienstleistungen damit, dass unter den Beteiligten der Konsens bestanden habe, die Ansiedlung von flächenintensiven Firmen zu vermeiden.

Über die räumliche Entwicklungsstrategie diskutieren a n diesem Dienstag von 18 Uhr an im Landratsamt: Landrat Thomas Karmasin, Michael Schanderl, Kreis chef des Gemeindetags, Kottgeiserings Bürgermeisterin Sandra Meissner , Brucks Stadtbaumeister Martin Kornacher, MVV-Geschäftsführer Alexander Freitag und Annemarie Kubina von der Regierung von Oberbayern.

© SZ vom 14.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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