Strukturdefizite im Landkreis:Der Spielraum der Kommunen

Lesezeit: 1 min

In der Region steht der Fürstenfeldbruck in wichtigen Punkten nicht gut da. Das ließe sich ändern

Kommentar Von Gerhard Eisenkolb

Der Landkreis ist in drei zentralen Bereichen Schlusslicht im Münchner Umland. Das sollte zu denken geben. Gilt es doch, Konsequenzen daraus zu ziehen, dass hier die wenigsten Wohnungen in der Region entstehen, das größte Defizit an Arbeitsplätzen besteht und die Kommunen nach den Steuereinnahmen pro Einwohner finanziell am schlechtesten dastehen. Die Folgen dieser Strukturdefizite bekommt fast jeder, der hier wohnt, irgendwann zu spüren. So war der Landkreis in den Boomjahren der Nachkriegszeit ein Wohnlandkreis geworden, weil es sich Menschen mit mittleren Einkommen leisten konnten, hier zu bauen. Inzwischen sind Baugrund und Mieten fast unerschwinglich geworden. Die meisten Kommunen agieren bei der Ausweisung von Bauland wie Gehilfen von Bodenspekulanten. Sie schaffen mit jedem Quadratmeter Baurecht riesige Werte, aber die Gewinne werden privatisiert. Dabei könnten die Kommunen legal einen Teil der Planungsgewinne abschöpfen. Das unterbleibt aber, und so fehlt ihnen das Geld für bezahlbare Wohnungen. Erzieherinnen und Pflegekräfte fehlen, weil sie es sich nicht leisten können, im Landkreis zu wohnen. Es würde schon etwas Erleichterung bringen, entstünde wenigstens der Wohnraum, um jährlich das eine Prozent Bevölkerungswachstum zu verkraften, das für den Landkreis so etwas wie eine allgemein akzeptierte Richtschnur ist.

Lebensqualität hängt nicht nur von der privaten Wohnsituation ab. Dazu gehören öffentliche Einrichtungen wie Schulen mit Klassenzimmern, die kein Sanierungsfall sind, Kultur- und Sportstätten und Ortszentren zum Verweilen, die mehr als eine Durchgangszone sind. Schafft es eine Gemeinde wie Gröbenzell in Jahrzehnten nicht, das Ortszentrum neu zu gestalten oder eine bescheidene, sanierungsbedürftige Aussegnungshalle zu renovieren, ist das ein Indiz dafür, dass in einer solchen Gartenstadt-Suburbia mit einkommensstarker Bevölkerung etwas nicht stimmt. Oft liegt das daran, dass die Einkommensteuer als Haupteinnahmequelle nicht reicht, um notwendige Investitionen in die Infrastruktur zu tätigen.

Wenigstens einen Lichtblick bieten die Daten des Planungsverbands. Berücksichtigt man die Vorbehalte gegen Gewerbebetriebe, sind 27,3 Prozent neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze in zehn Jahren ein großer Erfolg. Immerhin ist damit der Strukturwandel zu einem Landkreis eingeleitet, in dem man nicht nur wohnen kann, sondern auch Arbeit findet. Diesen Trend gilt es zu verstetigen - aber nicht mit Logistikzentren, die für wenige Arbeitsstellen riesige Flächen beanspruchen.

© SZ vom 21.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: