Statt einer Tanne:Alle Jahre der gleiche Baum

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Wie zwei Germeringer Klimaaktivistinnen das Weihnachtsfest nachhaltig gestalten - auch bei der Geschenkverpackung

Von Cynthia Seidel, Germering

Festessen, Geschenke, Dekoration - Dinge, die in vielen Haushalten am Weihnachtsabend nicht fehlen dürfen. Oft bedeutet das viel (Plastik-)Müll. Dass das nicht so sein muss, zeigen die Umweltpädagogin Stefanie Pockrandt-Gauderer, 38, und Ingeborg Köstner, 69, von "Omas for Future Germering". "Weihnachten geht nachhaltig und muss keine Materialschlacht werden", sagt Pockrandt-Gauderer, Mutter zweier Töchter, zwölf und acht Jahre alt. Auch ihr Mann zieht mit.

Tanne und Geschenkpapier wandern nach den Feiertagen meist in den Müll. Als kreative Alternative zum klassischen Tannenbaum steht bei Familie Pockrandt-Gauderer seit 2016 ein selbstgebauter Weihnachtsbaum - bestehend aus Ästen, einer Baumscheibe und einer Metallstange. "Die Äste kann man im Wald vom Boden aufsammeln", erklärt die Umweltpädagogin. Sie werden in der Mitte durchbohrt und auf die Metallstange aufgezogen. Die Holzscheibe dient als Sockel. "Dieser Baum erspart einem nicht nur das Wegräumen von Tannennadeln, sondern hält auch länger", sagt Pockrandt-Gauderer. Die Konstruktion könne nach den Festtagen wieder abgebaut und verstaut werden. Die festliche Weihnachtsstimmung bleibe dabei erhalten.

Aus einem Metallgerüst und Zweigen steckt die Familie Pockrandt-Gauderer ihren Weihnachtbaum zusammen. Das ist der Baum von 2020. (Foto: privat/oh)

Wer nicht auf die echte Tanne verzichten möchte, der sollte darauf achten, dass sie regional ist, sagt Köstner. "Am besten beim Förster fragen. Der muss eh' ausholzen und dann ist das Weihnachtsbaumschlagen auch nicht mehr verwerflich", erklärt die Germeringerin, die den traditionellen Baum selbst nicht missen möchte. Für Germering wüscht sie sich allerdings einen nachhaltigen Baum. "Ich finde es immer schade, wenn so große Bäume wegen ein paar Wochen Glitzer abgeholzt werde", sagt sie. Geschmückt werden die Bäume in beiden Familien selbstverständlich möglichst plastikfrei, aber vor allem nachhaltig, damit die Dekoration länger hält als nur für ein Weihnachtsfest. "Wir nehmen Naturgegenstände oder versuchen uns an selbstgemachten Kaltporzellan", sagt Pockrandt-Gauderer. Alternativ habe sie noch Weihnachtsschmuck von ihrer Oma. Wichtig sei ihr, dass man eben nicht möglichst viele unnatürliche Stoffe, wie Glitzer, Girlanden und "anderes Tamtam" an einen natürlichen Baum hänge.

Auch sonst achten Pockrandt-Gauderer und Köstner sehr darauf, nicht mehr Müll als unbedingt nötig zu produzieren und ein möglichst umwelt- und klimafreundliches Weihnachtsfest zu feiern. "Allein an Weihnachten verbraucht Deutschland schätzungsweise 8000 Tonnen Geschenkpapier", sagt Köstner. Sie nutzt lieber selbstbemalte Zeitungen oder Stoffe um die Geschenkpapierberge bei sich zu vermeiden.

Damit an Heiligabend auch ohne Geschenkpapier schöne verpackte Sachen unter dem Weihnachtsbaum liegen, gibt es die viele hundert Jahre alte japanische Furoshiki-Methode. Schöne Tücher werden kunstvoll um die Geschenke gewickelt und sind auch selber ein Geschenk. "Dabei verwendet man quadratisch Tücher und kann das Geschenk je nach Form und Größe unterschiedlich verpacken", sagt die Umweltpädagogin. In ihrer Familie hat jeder Tücher in einer eigenen Farbe. Die Anleitung findet man im Internet.

Was die Geschenke angeht, gilt bei Köstner der Grundsatz: Weniger ist mehr. "Die Kinder haben meist schon so viel, da sollte man lieber Zeit schenken als noch ein Plastikspielzeug", sagt die 69-Jährige. Für ihre beiden Enkelkindern, sechs und sieben Jahre alt, baut sie dieses Jahr eine Tischkegelbahn aus Holz.

Denn es sei irrelevant, ob Plastikverpackung oder Plastikgeschenk, "ist es irgendwelches Billigzeug aus China, sollte man das tunlichst vermeiden", sagt Pockrandt-Gauderer. Plastik zerfalle in immer kleinere Teile und werde so zu Mikroplastik. "Das gelangt durchs Essen und Trinken in unsere Körper und ist nachweislich schädlich", erklärt die Umweltpädagogin. Wenn man aber doch zum Plastik greife, dann solle man auf hochwertiges Material aus Deutschland oder Europa achten und schauen, ob es nicht auch gute Secondhand-Ware oder gebrauchte, aufbereitete Elektronik gibt.

Die Hochwertigkeit sollte man auch beim Einkauf für das Weihnachtsessen im Hinterkopf behalten. Am ersten Weihnachtsfeiertag kommt die Familie zu Köstner. Sie kocht für sich, fünf weitere Erwachsene und ihre beiden Enkel. Köstner verzichtet auf den traditionellen Weihnachtsbraten. Stattdessen füllt sie einen Blätterteig mit Gemüse und formt diesen nach einem Geflügel. "Bei uns stand bis vor ein paar Jahren an Weihnachten immer ein Truthahn auf dem Tisch, aber nun ist es Zeit neue Traditionen zu schaffen", sagt sie. Wer doch zu Fleisch greift, solle sich fragen, woher es komme, sagt Köstner. Gerade an Weihnachten könne man den Bio-Braten kaufen oder beim Jäger nach Wild fragen. Wichtig sei ihr vor allem der bewusste Konsum.

Für den Weihnachtseinkauf der Familie Pockrandt-Gauderer hat die Umweltpädagogin immer eigene Stofftaschen und Brotboxen dabei. Sie kaufe gerne in Unverpackt-Läden. "Wenn ich da nicht die passenden Lebensmittel finden, dann nehme ich die Brotboxen auch in den großen Einkaufsladen mit an die Frischetheke, um müllarm einkaufen", sagt Pockrandt-Gauderer.

Ob Unverpackt-Laden, Tauschpartys, fair einkaufen, Flohmarkt oder Secondhandläden, die Fürstenfeldbrucker Umgebung biete einige Möglichkeiten zum nachhaltigen Einkaufen.

© SZ vom 24.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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