Städtepartnerschaft Eichenau/Wischgorod:Kündigung vorerst abgewendet

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Eichenau hat ein Kinderhaus in der ukrainischen Partnerstadt finanziert. Durch eine Verwaltungsreform gerät das Projekt in Schwierigkeiten. Nach einem Gespräch in Wischgorod gibt Bürgermeister Münster Entwarnung

Von Erich C. Setzwein, Eichenau/Wischgorod

Wenn es um das Wohl der Kinder im Kinderhaus von Novi Petrivzi geht, würden etliche Eichenauerinnen und Eichenauer keine Kompromisse machen. Denn das vor ziemlich genau 19 Jahren eingeweihte Kinderhaus in der Nähe der Eichenauer Partnerstadt Wischgorod ist für sie mehr als eine Herzensangelegenheit. Doch nach einer Verwaltungsreform in der Ukraine in diesem Jahr, die Kommunen wie Novi Petrivzi mehr Verantwortung und Aufgaben sowie mehr Freiheit in den Entscheidungen gewährt, gab es Zweifel am Fortbestehen der beschützenden Einrichtung. Grund genug für Eichenaus Bürgermeister Peter Münster, jetzt bei den ukrainischen Partnern zu vermitteln.

In einer behüteten Umgebung können sich die meist aus desolaten Familienverhältnissen stammenden Kinder im Kinderhaus erholen und aufwachsen. Mehr als 180 Kinder haben seit 19 Jahren dort gelebt. (Foto: Erich C. Setzwein)

Ein gutes Dutzend Kinder können in dem geräumigen und mit einer Gesamtsumme von 50 000 Euro aus Spenden und einem Darlehen aus Eichenau hergerichteten Haus unterkommen. Das dortige Jugendamt entscheidet, ob Kinder in desolaten Familienverhältnissen gefährdet sind oder nicht. Kommt die Behörde zu dem Schluss, dass ein Kind besser in die Obhut des Kinderhauses gehört, kann es sich dort einige Zeit aufhalten.

Seit die ersten Kinder im September 2002 dort einzogen, leitet Nikolai Schadan die Einrichtung. Er war Pädagoge und hatte mit Valentina Skurpat Hilfe bei seiner schwierigen Aufgabe, "die Kinder ins Leben zu begleiten", wie Skurpat bei einem Besuch von Eichenauern einmal sagte. Seit diesem Jahr ist Schadan nicht mehr Leiter, sondern dem Sozialamt unterstellt. Er führt das Haus noch bis zu seiner Pensionierung. Sein Wechsel hat auch mit der Verwaltungs- und Gebietsreform zu tun, die in diesem Jahr umgesetzt wurde. Der Rayon Wischgorod, früher vergleichbar mit einem Landkreis in Bayern, sei so vergrößert worden, dass er in der Fläche einem bayerischen Bezirk entspreche, erläutert Peter Münster. Vom Rayonssitz in Wischgorod wurden Kompetenzen an die Kommunen abgegeben. Damit die Städte und Gemeinde in der Ukraine ihre Aufgaben erfüllen können, bekommen sie Geld vom Staat. Und genau darum geht es nun den Kommunen wie Novi Petrivzi oder anderen im Rayon, wenn das Jugendamt ein Kind in dem nicht-staatlichen Kinderhaus unterbringen will.

Umgerechnet etwa 10 000 Euro pro Jahr koste die Betreuung, sagt Peter Münster nach seinem Besuch in der Partnerstadt am vergangenen Wochenende. Manche Kommunen könnten sich das leiten, andere nicht. Staatliche Kinderhäuser, wie etwa in der Hauptstadt Kiew, sind kostenlos für die Kommunen, aber dass dort das Kindswohl immer Priorität hat, bezweifelt Münster ein wenig.

Deshalb waren er, der Referent für die Städtepartnerschaften, Claus Guttenthaler, sowie Susanne Gropp-Stadler als Vorsitzende des Freundeskreises Wischgorod auch alarmiert, als sie von Überlegungen Novi Petrivzis hörten, das Kinderhaus aus wirtschaftlichen Gründen schließen zu wollen. Münster, der nicht nur wegen des Kinderhauses, sondern auch wegen eines gemeinsamen Energiesparprojekts in die Partnerstadt flog, berichtet von seinem Treffen im Kinderhaus, dass sich dort überraschenderweise die Spitze des Rayons, die Leiterin des Sozialamtes sowie mehrere Vertreter aus der Partnerstadt sowie Kinderhaus-Mitarbeiter eingefunden hatten, um die weitere Entwicklung zu besprechen.

Münster ist dabei zu dem Schluss gekommen, dass der Fortbestand gesichert werden könne, wenn bedürftigen Kommunen bei der Unterbringung der Kinder geholfen würde. Da die Gemeinde Eichenau aber nicht selbst tätig werden und Geld geben darf, werden es wohl wieder die großzügigen Freunde Wischgorods und andere Eichenauer Bürger sein, die so viel spenden sollten, dass Kinder im Eichenauer Kinderhaus von Novi Petrivzi unterkommen können.

Die Spenden zu sammeln dürfte nun die Aufgabe der Freundeskreis-Vorsitzenden sein. Susanne Gropp-Stadler ist zuversichtlich, dass die Mitglieder wie auch andere Eichenauer ihre Geldbeutel öffnen, damit das ein oder andere Kind im "Eichenauer" Kinderhaus in der Ukraine aufgenommen werden könne.

© SZ vom 25.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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