Sozialpädagogik:Ersatz-Eltern für 80 Kinder

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Klare Regeln brauchen Jugendliche, sagt Michael Bayerl, der die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in Olching und Maisach betreut. (Foto: Günther Reger)

Die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge benötigen eine besondere Betreuung

Von Erich C. Setzwein, Olching/Maisach

Manche Eltern haben schon Probleme mit einem Kind, aber wie ist das erst mit 80 Kindern? Carmen Harrieder und Michael Bayerl sind für die 45 jungen Burschen in Olching und die 35 Jugendlichen in Maisach fast so etwas wie Ersatzeltern, und den beiden scheint es ziemlich gut zu gehen mit ihren vielen Buben. Zumindest machen sie nicht den Eindruck, die Arbeit mit den jugendlichen Migranten würde sie schwer belasten.

Seit August betreuen Bayerl als sogenannter Objektbetreuer die im Amtsdeutsch "unbegleitete minderjährige Flüchtlinge" genannten Neuankömmlinge, Harrieder ist Sozialpädagogin und die Leiterin der Einrichtungen. Die beiden passen also von Amt auf die Jugendlichen auf von dem Zeitpunkt, wenn die im Schnitt 16-Jährigen von der Erstaufnahme in der Münchner Bayernkaserne nach Maisach kommen. Dort übernimmt sie Bayerl, der sich mit seinen 33 Jahren im Sommer für den Job des Objektbetreuers in der Ausländerbehörde beworben hat. Der ehemalige Zeitsoldat und studierte Deutschlehrer begleitet die Jugendlichen beim ersten medizinischen Check im Gesundheitsamt und "ich muss sie an der Hand nehmen, wenn es zum Impfen geht". Bayerl ist auch dabei , wenn die Jugendliche sich einfache Klamotten und notwendigste persönliche Sachen kaufen - dafür stehen pro Person 100 Euro zur Verfügung -, und er ist ganz vergnügt dabei, wenn er erzählt, wie er mit 15 Jugendlichen zum Einkaufen geht. Dann gibt's noch den Kulturbeutel für jeden, und der nächste Schritt ist schon der Deutschunterricht.

Den bekommen die 45 Minderjährigen nicht in der Maisacher Turnhalle, die lediglich als Erstaufnahmeeinrichtung für die jungen Migranten gilt, sondern in den Unterkunftscontainern, die direkt am Gymnasium Olching aufgestellt sind. Zusammen mit den Männern vom Sicherheitsdienst betreut Bayerl die Burschen aus Syrien, Afghanistan, Eritrea, Pakistan und afrikanischen Ländern quasi rund um die Uhr. Denn die jungen Leute haben meist die selben Probleme wie andere Jugendliche in Deutschland auch: "Mal Zahnweh oder Bauchweh, mal ein Problem, über das man reden muss", sagt der 33-Jährige. Umgangssprache ist englisch, "noch, bis sie deutsch können", auch mit ein wenig türkisch kommt der Landratsamtsmitarbeiter in der Kommunikation weiter.

"Es gibt keinen geregelten Arbeitstag mehr", sagt Bayerl, und seine Chefin Harrieder kann ihm mit Blick auf die vergangenen Monate und ihren 80 Kindern nur zustimmen.

© SZ vom 13.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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