Soziales Leben:Gegenseitige Unterstützung

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Monique Braun (links) hat die Arbeit in der Selbsthilfe-Kontaktstelle an Susann Deuschle (rechts) übergeben. Bianca Wallenta ist die neue Leiterin der Germeringer Insel, bei der die Kontaktstelle angesiedelt ist. (Foto: Leonhard Simon)

Kontaktstelle der Germeringer Insel will Selbsthilfe ausbauen

Von Ingrid Hügenell, Germering

Mit Menschen sprechen, die die selben Probleme haben wie man selbst, die vielleicht neue Lösungen kennen, das kann man in Selbsthilfegruppen. In Germering gibt es momentan 15; das Angebot reicht von einer Gruppe für Blinde und Sehbehinderte über eine für Menschen mit Tinnitus, die den Namen "Echo" trägt, bis zu Gruppen für Menschen mit Depressionen, einer Sucht oder einer Krebserkrankung. Seit 25 Jahren werden die Selbsthilfegruppen von der Stadt unterstützt.

Die Selbsthilfekontaktstelle, die bei der Insel angesiedelt ist, geht auf eine Podiumsdiskussion zurück, in der die Frage debattiert wurde, welchen Zweck die Gruppen in der Gesellschaft erfüllen. Monique Braun, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Germering der Deutschen Rheuma-Liga, hatte dazu eingeladen. Friedl Off, der 2018 gestorbenen Stadträtin und Sozialreferentin der CSU, sei die große Bedeutung der Selbsthilfe damals gar nicht bewusst gewesen, berichtet Braun. Das habe sich durch die Diskussion geändert. Ein Jahr später gab es die Kontaktstelle, die Braun später leitete. "Die Germeringer Insel ist seitdem die Anlaufstelle für die Selbsthilfegruppen und Interessenten", sagt Braun, die ihre Aufgabe nun an die Sozialpädagogin Susann Deuschle übergeben hat.

Dass die Gruppen sich im geschützten Rahmen bei der Insel treffen könnten, habe große Vorteile, erklärt Deuschle. "Es werden in den Gruppen auch intime Themen besprochen." Wirtshäuser oder Cafés seien daher als Treffpunkte weniger geeignet. Die Corona-Zeit war für die Selbsthilfegruppen besonders schwierig. Lange konnten keine Treffen in den Insel-Räumen stattfinden. Doch viele Gruppen hätten sich zu helfen gewusst, berichtet Braun. "Sie haben sich draußen getroffen, am Germeringer See oder zum Spazierengehen." Auch über das Telefon hätten viele den Kontakt gehalten. Vor allem für Menschen mit Depressionen sei die Zeit aber sehr schwierig gewesen, sagt Deuschle.

Auch an der Spitze der Germeringer Insel hat es einen Wechsel gegeben. Leiterin Anita Schindler ist nach 26 Jahren in dieser Position in Rente gegangen, ihre Nachfolgerin ist Bianca Wallenta. Deuschle und sie wollen nach der Corona-Pandemie wieder neuen Schwung in die Selbsthilfe-Szene bringen. Denn es gab in der Stadt auch schon etwa zwei Dutzend Selbsthilfegruppen.

Es könnten also gut weitere Gruppen gebildet werden, etwa von Erwachsenen mit ADHS, Arbeitslosen, Eltern behinderter oder autistischer Kinder oder von Alleinerziehenden, sagten beide kürzlich bei einem Pressetermin. Deuschle hält es für gut möglich, dass sich auch Betroffene von Long Covid zu einer Gruppe zusammen tun, "weil gegenseitige Unterstützung unheimlich hilft". Durch die Gruppen würden auch die Angehörigen entlastet. Dabei werde nicht nur geredet, betont Braun. Die Gruppen unternähmen auch viel gemeinsam, es werde viel gelacht.

Für eine neue Gruppe braucht es fünf bis sieben Gleichgesinnte und eine Gruppenleitung. Die sollte selbst betroffen sein. Die Selbsthilfekontaktstelle hilft bei der Suche nach einer Leitung, auch bei Konflikten in der Gruppe und weist auf Fördermöglichkeiten hin. "Die Gruppen sind eigenständig, aber wir helfen", sagt Deuschle. "Wir freuen uns über jede Anfrage." Sie seien für jede und jeden offen, der betroffen ist, nicht nur für Germeringer. Manchen sei es lieber, nicht am Wohnort zu einer Gruppe zu gehen.

Wer eine Gruppe sucht oder gründen möchte, kann sich täglich außer mittwochs von 9 bis 12 Uhr, montags auch von 14 bis 18 Uhr und donnerstags von 14 bis 17 Uhr unter Telefon 089/840 53 58 an Susann Deuschle wenden, oder ihr eine E-Mail schreiben unter deuschle@germeringerinsel.de.

© SZ vom 13.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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