Sonntagsöffnung:Auf Extra-Angebote besser verzichten

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Die Forderung der IHK nach einem zusätzlichen Verkaufstag klingt erst einmal nachvollziehbar, wäre aber kontraproduktiv

Kommentar von Erich C. Setzwein

Es sollte die Kernaufgabe von Interessenvertretern wie der Industrie- und Handelskammer sein, sich für die Belange ihrer Mitglieder einzusetzen. Würde sie es nicht tun, würde sie ihrer Verpflichtung, Stimme ihrer zahlenden Mitglieder zu sein, nicht nachkommen. Doch ist es gerade jetzt wirklich im Interesse aller Händlerinnen und Händler und der Dienstleistungsbranche, verkaufsoffene Sonntage zu verlangen? Sollte die IHK nicht daran denken, dass bei stetig steigenden Zahlen von Infizierten- und Toten jeder Tag mehr im Geschäft und jeder einzelne Kundenkontakt mehr als gesundheitsgefährdend angesehen werden sollte? Und wäre es nicht im Interesse aller, in den Wochen, in denen die Infektionszahlen eher nicht weniger werden, auf Extra-Angebote zu verzichten?

In diesen Tagen und Wochen noch mehr Menschen auf die Straßen zu bringen und in die Läden zu locken, ist nicht besonders gut durchdacht. Freilich, es geht ums Geschäft, besser: um die Vermeidung von Umsatzeinbußen. Da muss getrommelt und geworben werden um jede Gelegenheit, etwas verkaufen zu können. Aber ebenso wie die IHK könnte der Hotel- und Gaststättenverband eine Wochenendöffnung für seine arg gebeutelten Mitglieder fordern. Dass die Gastronomie im Landkreis gut funktionierte trotz der Corona-Einschränkungen, weil sie gute Hygienekonzepte vorweisen konnte, spräche für eine Wiedereröffnung. Gastronomie und Hotellerie leiden wie kaum eine andere Branche schwer unter den Einschränkungen, auch wenn die Wirte für November einen finanziellen Ausgleich bekommen können.

Auch wenn klar ist, dass November und Dezember die umsatzstärksten Monate in jedem Jahr sind, so muss mehr als klar sein, dass sie es in diesem ersten Corona-Jahr nicht sein werden. Die Einzelhändler in den großen Kommunen - und um die geht es der IHK - sollten um jeden Tag froh sein, der noch nicht durch einen Lockdown ausfällt. Verhältnisse wie im Frühjahr, als nur das Allernotwendigste verkauft werden durfte und außer dem Lebensmitteleinzelhandel niemand richtig Geschäft gemacht hat, will eigentlich keiner mehr erleben. Bei der IHK sollte man das eigentlich verstanden haben.

© SZ vom 20.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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