Sicherheit:Die Achillesferse der Kreisklinik

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Immer wieder gelingt es Unbefugten, sich Zugang zum Fürstenfeldbrucker Krankenhaus zu verschaffen. Der Personalrat sieht in der Notaufnahme ein Sicherheitsproblem, die Geschäftsführung widerspricht

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Wer ins Landratsamt will, muss seit einigen Wochen an einem Wachmann vorbei. In die Kreisklinik aber können ungebetene Besucher, die über etwas Ortskenntnis und Kaltschnäuzigkeit verfügen, durch die Notaufnahme rund um die Uhr ins Haus gelangen. Das ist nun der Angehörigen eines Patienten aufgefallen. Ein Sicherheitsrisiko? Gefahr für Personal und Patienten? Die Klinikleitung warnt vor Panikmache und glaubt sich gut gerüstet. Ein Experte aber hält Nachbesserungen für überfällig. Auch Obdachlose gelangen offenbar immer wieder ins Gebäude.

Elisabeth Bäck-Degendorfer wunderte sich schon, als sie an jenem Donnerstag nachts einen Angehörigen in die Klinik brachte. Die Zugangstüren zur Notaufnahme hätten sich automatisch geöffnet. Niemand habe sie daran gehindert, ins Foyer und dann weiter in den Patientenbereich weiterzuspazieren. Die Klinikmitarbeiterin in dem Nebenraum "konnte mich gar nicht sehen", die habe auf ihrem Bildschirm nur die Notaufnahme im Blick. Sie erinnert sich, wie vor etwa 20 Jahren eine Schwester von einem ungebetenen Besucher mit einem Messer angegriffen und vor etwa 40 Jahren ein Patient umgebracht wurde. Elisabeth Bäck-Degendorfer: "Mir geht es um Patienten und Personal. Man muss doch nicht so lange warten, bis wieder was passiert." Tags darauf meldete sie sich bei der Klinikverwaltung. Dort habe man sie mit netten Worten abgewimmelt. Marcus Schlund, kaufmännischer Direktor der Kreisklinik, sieht denn auch die Sicherheit gewährleistet. Die Thematik der Zugänglichkeit über die Notaufnahme sei von der Klinikleitung im vergangenen Jahr, als viele Flüchtlinge in der Kreisstadt ankamen, erörtert worden. "Wir sehen eigentlich kein Problem." Alle Außentüren der Klinik würden abends verschlossen. Lediglich die Notaufnahme sei dann zugänglich. Es gebe aber dort eine Videoüberwachung. Und die Tür zum "Windfang" müsse von der Verwaltungskraft, die hinter einer Glasscheibe sitzt, per Knopfdruck entriegelt werden. Wer den Wartebereich rechts und die Notaufnahme links liegen lässt, der steht vor der Tür zum Lichthof. Wie diese sich öffnen lässt, wüssten nur Mitarbeiter. Unklar ist, wie Elisabeth Bäck-Degendorfer dann in den Patiententrakt gelangen konnte.

Türen, die angeblich immer geschlossen sind. Einer Besucherin ist es gelungen, eines Nachts ungehindert ins Foyer zu spazieren. (Foto: Johannes Simon)

Holger Geißler, Personalratsvorsitzender und Unfallchirurg, warnt davor, solche Erfahrungen einfach vom Tisch zu wischen. Zumal seit Jahren schon bekannt sei, dass es sehr wohl "größere Probleme" gebe - unter anderem mit ungebetenen "Übernachtungsgästen, die wissen, wie man reinkommt". Die Notaufnahme ganz zumachen, das gehe natürlich nicht. Geißler sieht aber sehr wohl eine Sicherheitslücke. Vor allem dann, wenn der Platz am Eingang der Notaufnahme gar nicht besetzt ist, was offenbar immer mal wieder vorkommt. Die erforderliche "Sichtkontrolle" sei nicht durchgehend gewährleistet, die Notaufnahme werde dann zum "offenen Scheunentor". Und auch wenn sich die Tür von außen nicht öffnen lässt: Wenn Raucher oder Personal das Haus verlassen, bleibt sie eine Zeitlang offen.

Der Personalrat brachte bereits die Sache mit dem Sicherheitsdienst bei der Klinikleitung vor und verwies auf die zunehmende Zahl von Tätlichkeiten. "Patienten, aber auch Angehörige werden immer aggressiver", sagt Geißler. Doch die Klinikleitung lehnte das mit Hinweis auf die Kosten ab. So etwas sei "unverhältnismäßig", bekräftigt Schlund, der auf die konsequente Strategie des Hauses setzt, sofort die Polizei zu rufen. Das gilt auch tagsüber, wenn alle Türen offen sind. Schlund berichtet von einem "Messi-Ehepaar", das sich immer wieder am Kaffeeautomat bedient und Druckerzeugnisse eingesammelt habe. Mittlerweile sei ein Hausverbot erteilt worden.

© SZ vom 04.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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