Selbstbewusste Frauen behaupten sich in einer männlich dominierten Kirche:Wenn Worten auch Taten folgen

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Die Katholische Frauengemeinschaft des Pfarrverbands Fürstenfeld feiert ihr 100-jähriges Bestehen. Aus dem früheren Mütterverein wurde ein selbstbewusster sowie gesellschaftlich und politisch engagierter Akteur

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

"Frauen engagieren sich in einer männlich dominierten klerikalen Kirche. Sie geben sich selbst eine Stimme, gerade weil ihnen oft genug das Wort genommen wurde, und das durchaus bis auf den heutigen Tag. Keine Frage: Frauen gehören zur Kirche und Kirche wäre ohne Frauen nichts." Bedeutungsschwere und sehr einsichtige Worte. Sie stammen von Albert Bauernfeind, seit 2010 Präses der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschland (Kfd) im Pfarrverband Fürstenfeld, der für solch offene Worte bekannt ist. Der Stadtpfarrer würdigt damit anlässlich der 100-Jahr-Feier die Bedeutung der Kfd.

Aufenthalt in Schlehdorf 1958 (links sitzend Schwester Magdalena, links stehend Hedwig Kriebler). (Foto: Pfarrverband Fürstenfeld)

1917 wird diese als katholisches Mütterbündnis auf Antrag Peter Graßls, des damaligen Pfarrers der Pfarrgemeinde Fürstenfeldbruck, gegründet. Vor allem bei der katholischen Erziehung der Kinder sollen ihm laut Gründungsurkunde eine Vorsteherin und ein Rat von Müttern zur Seite stehen. 1930 zählt der Mütterverein bereits 295 Mitglieder. In der NS-Zeit wird der Verein nicht aufgelöst, weil er sich unter dem Dach der Kirche befindet. Einen wahren Aufschwung erlebt er nach dem Krieg. Es gibt monatliche Andachten und Versammlungen, Vorträge, Ausflüge, Adventsfeiern, Wallfahrten und Faschingsfeiern. Beim 50-jährigen Jubiläum im Jahr 1967 zählt der Mütterverein bereits 350 Mitglieder. 1968 wird aus dem Mütterverein die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (Kfd), ein selbständiger Frauenverband.

das aktuelle Leitungsteam der Katholischen Frauengemeinschaft mit (von links) Gertrud Englert, Annemarie Fischer, Irene Klemenz, Helga Müller, Anna Rauch und Elisabeth Zeitler-Schwalber. (Foto: Reinhard Wieland)

Maria Schwalber, Margarete Metzner, Margit Wimmer und Elisabeth Zeitler-Schwalber führen den Verein von 1967 bis 2012. Seit fünf Jahren wird die 130 Mitglieder zählende und dem Diözesanverband München-Freising angehörende Kfd gemeinsam von Gertrud Englert, Annemarie Fischer, Anna Rauch, Elisabeth Zeitler-Schwalber und Irene Klemenz geleitet. Erklärtes Ziel ist es, die langjährige Tradition und das Motto "leidenschaftlich leben und glauben" zu bewahren und generell in Kirche und Gesellschaft ein modernes Frauenbild zu verwirklichen. Gottesdienste von Frauen für Frauen werden gestaltet und die Fürstenfeldbrucker Kfd erhebt auch die Stimme in aktuellen politischen Debatten. So beteiligt sie sich an Unterschriftenaktionen des Bundesverbands, wenn es etwa darum geht, dass Geschiedene wieder heiraten dürfen. Zudem werden Spenden gesammelt - so geht die Kollekte der Jubiläumsgottesdienste ans Frauenhaus. Die Kfd beteiligt sich am Ökumenischen Stadtkirchentag und an der "Langen Nacht", einem ökumenischen Stationengang durch die Stadt, sie hilft Flüchtlingen, bietet das Bibelfrühstück "Kaffee, Bibel und Croissant" an. Gertrud Englert bringt das eigene Selbstverständnis so auf den Punkt: "Wir versuchen liebevoll miteinander umzugehen, damit wir Christentum glaubhaft machen."

Maria Schwalber (links) und Josefa Rothmund (rechts) sitzen am Esstisch. (Foto: Pfarrverband Fürstenfeld)

Was heute im Zuge der voranschreitenden Gleichberechtigung so selbstbewusst und selbstverständlich klingt, das war früher durchaus mühsam. Daran erinnert sich auch Elisabeth Zeitler-Schwalber, die von 2002 bis 2014 an der Spitze des Kfd Fürstenfeld stand. Ihre Mutter, die von 1948 bis 1973 Vorsitzende war, musste sich in den Nachkriegsjahren gemeinsam mit ihrem Mann nicht nur um das eigene kleine Spielwarengeschäft kümmern, das sechs Tage die Woche geöffnet hatte, sondern auch noch um ihre drei kleinen Töchter. Dennoch fand sie Zeit für die Anliegen von Frauen. Im Speicher standen ein paar Babykörbe mit Babysachen und Windeln. Natürlich musste alles gewaschen und gebügelt werden. Der Vater unterstützte das Engagement und steuerte bei Ausflügen den Bus. Der Mütterverein habe "einfach zu unserer Familie gehört", erinnert sich Elisabeth Zeitler-Schwalber, "alles, was so drum und dran war, hat man miteinander gemacht".

Ähnlich war es bei Margit Wimmer, Vorsitzende von 1974 bis 2002, deren Tochter Karin Wimmer-Billetter sich noch gerne an die Kindheit erinnert und an die vielen Unternehmungen der Frauengemeinschaft. Und daran, dass deren Mitglieder den Worten auch Taten folgen ließen und aktiv halfen: Ihre Mutter habe das Ehrenamt als Vorsitzende genutzt, um "etwas zu bewirken".

© SZ vom 01.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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