Schwarz und weiß in Bruck:Größtmögliche Kontraste

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In ihrer Jahresausstellung beschäftigen sich die Mitglieder der Fürstenfeldbrucker Künstlervereinigung mit den unbunten Farben von Schwarz bis Weiß.

Valentina Finger

Man sagt, Gegensätze ziehen sich an. In der Physik durch den Magnetismus zwischen zwei konträren Polen zutreffend, folgt auf allzu große Differenzen im Zwischenmenschlichen doch meist die Entzweiung. Was die Kunst angeht, so spielen Dualismen seit jeher eine gestalterisch bedeutende Rolle. Flächig und konturiert, gegenständlich und abstrakt, farbig und unbunt. Oder eben unbunt im Fokus.

"Die Unbuntfarben Schwarz und Weiß haben den größten Kontrast von hell und dunkel", sagt Hans Fuchs, der Mitglied der Künstlervereinigung Fürstenfeldbruck und damit Teil der aktuellen Jahresausstellung der Gruppe in der Sparkasse Fürstenfeldbruck (Hauptstraße 8) ist. Diese Gegensätzlichkeit, aber auch die zahlreichen Graunuancen dazwischen fundieren den Ausstellungstitel "Von Schwarz bis Weiß", nach dem die 26 teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler ihre Werke ausgesucht haben.

Der Grisaille, eben jener Maltechnik, bei der nur mit Schwarz, Weiß und Grautönen gearbeitet wird, habe man bereits im Mittelalter begegnen können. "Man hat in verschiedenen Zisterzienserklöstern einen ornamentalen Stil der Schwarz-Weiß-Dekoration bei den Glasfenstern entwickelt, wofür sicherlich die Forderung der Zisterzienser nach Schlichtheit eine Rolle gespielt hat", sagt Alex Trespi von der Künstlervereinigung. Schlicht wirkt der Verzicht auf Farbe meistens. Dennoch sabotieren die ausgestellten Werke mit eminenter Formenvielfalt von Fotografie bis Objektkunst jegliche Eintönigkeit.

Wo die auf eine weiße Leinwand gespannten Schnüre von Ingryda Suokaité durch ihre geradlinige Anordnung also besonders klar wirken, vermittelt Peter Kuhrts Malerei den aggressiv-chaotischen Charakter eines zum Leben erwachten Kinderzimmers. Sehr originell ist ganz zweifellos Henriette Henses Tusche-Trilogie zu Franz Kafkas Parade-Werk "Die Verwandlung", in der die Geschichte Gregor Samsas anhand feinstrichiger Illustrationen dargestellt wird, die in ihrer Aufbereitung wiederum Parallelen zu Wilhelm Buschs Bebilderung von "Max und Moritz" aufweisen. Während die reine Ästhetik die meisten Betrachter befriedigen dürfte, könnten Sinnsuchende in dem ein oder anderen Werk der Künstler auch interpretativ interessante Ansätze erkennen.

So ruft Gerhard Gerstberger mit einer düster-makaberen Grafik, in der sich eine Schar Geier subversiv an einem Reichsadler-Wappen zu schaffen macht, finstere Assoziationen mit der nationalsozialistischen Epoche hervor. Scheinen Helga Conings Skulpturen einzeln betrachtet eine gläserne Stichflamme und eine Pyramide aus Holzscheiten darzustellen, erscheinen sie kombiniert wie das künstlerische Pendant eines mittelalterlichen Scheiterhaufens.

Die Kunst lebt von Interpretation. Vielleicht möchte man gelegentlich aber auch einfach nur gefallen. Die zarten Marmor-Büsten von Ulrike Spangenberg verbreiten durch die bloße Andeutung von Mund und Augen ein schläfriges Gefühl der Ruhe. Geschmackvoll sind die großflächigen Monochrome von Esther Balázs, die an reduzierte Kunstwerke des Minimalismus erinnern, sowie die mit schwarzem und weißem Sand überzogenen Bildtafeln von Hans Fuchs, deren körnig-unruhige Oberflächenstruktur die diskreten Bildnisse aufwiegelt.

Die Objektarbeiten von Barbara Buchwald-Stummer und Gabriele Schröder verleihen der Ausstellung schließlich das nötige bisschen Skurrilität: Erstere formt Folie zu mystischen Mönchskutten, die an die Gewänder des Ku-Klux-Klans erinnern, die andere häkelt aus Wolle Schlauchkleider in Form von Sektflöten.

Zugegeben, es ist eine Ausstellung der Extreme. Wie sonst möchte man sich bei der universellen Abwesenheit von Farbe auch bemerkbar machen? Ein deutsches Sprichwort sagt, wenn der Schwan beim Raben sitzt, ist er umso weißer. Die Wahrnehmung entscheidet. Denn es ist nun mal nicht alles nur Schwarz oder Weiß.

Die Ausstellung "Von Schwarz bis Weiß" ist zu den üblichen Geschäftszeiten der Sparkasse geöffnet; bis 5. Januar.

© SZ vom 14.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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