Schutzunterkunft:Frauenhaus mit bekannter Adresse

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Nach dem Umzug nach Germering soll die Anonymität aufgegeben werden. Bei einigen Stadträten stößt das auf Skepsis

Von Karl-Wilhelm Götte, Germering

Das Frauenhaus zieht von Fürstenfeldbruck nach Germering um. Allerdings ist noch unklar, wann die Unterkunft für Frauen, die körperliche oder seelische Gewalt durch den Ehemann oder den Partner erfahren haben, am neuen Standort eröffnet wird. Bekannt ist jedoch, dass das neue Frauenhaus an der Unteren Bahnhofstraße stehen wird. Bislang wird die Adresse des Frauenhauses im Landkreis geheim gehalten. Die Aufgabe der Anonymität traf bei der Vorstellung des Projekts durch Vertreterinnen des Vereins "Frauen helfen Frauen" auf die Skepsis einiger Germeringer Stadträte. CSU-Stadtrat Herbert Sedlmeier fragte: "Eine Sicherheitsschleuse - reicht das? Interessiert das Psychopathen oder betrunkene Männer?"

Bisher ist es so, dass der Ort des Frauenhauses von allen Beteiligten geheim gehalten wird, um Nachstellungen der gewalttätigen Partner zu unterbinden. Doch diese Geheimhaltung hat schon jetzt ihre Schwachstellen. "Wenn jemand einen Taxifahrer fragt, wo das Frauenhaus ist, wird er vom Taxi dort hingefahren", berichtete Ulrike Jurschitzka, Mitarbeiterin des Frauenhauses, von den schon vorhandenen Lücken der Geheimhaltung. "Wir wollen im neuen Haus Offenheit und Sicherheit miteinander verknüpfen", beschrieb ihre Kollegin Miriam Ludwig das Konzept für Germering. Der Trend der Frauenhäuser gehe in diese Richtung, dass sie "in der Mitte der Gesellschaft ankommen", wie es die Grünen-Stadträtin Agnes Dürr formulierte. Die möglichen Ängste und Bedenken der Nachbarn werde man ernst nehmen und mit den Nachbarn kooperieren, so Ludwig und Jurschitzka übereinstimmend.

Im Germeringer Frauenhaus sollen zehn Zimmer oder Appartements für die Schutz suchenden Frauen entstehen. Bisher verfügt das Brucker Frauenhaus über sechs kleine Zimmer, in denen Frauen mit ihren Kindern in Stockbetten untergebracht werden. Nach dem Umzug nach Germering wird das Brucker Haus geschlossen. Im Jahr 2017 haben dort 16 Frauen mit 14 Kindern Schutz gesucht. "Die Frauen kommen häufig nur mit einer Tüte Habseligkeiten zu uns", erzählte Ludwig. "Manchmal auch nur in Hausschuhen." Das Brucker Frauenhaus ist eines von 400 mit insgesamt 7000 Plätzen in ganz Deutschland. "50 000 Frauen fliehen pro Jahr in diese Häuser", so Jurschitzka. In Fürstenfeldbruck werden die Frauen und Kinder von zwei Teilzeitmitarbeiterinnen der Beratungsstelle, sowie von drei Mitarbeiterinnen und vier Minijobberinnen direkt im Haus betreut. 15 ehrenamtlich aktive Frauen sitzen rund und die Uhr zudem am Notruftelefon.

Die Aufenthaltsdauer hat sich verlängert. Früher sind die Frauen zwei, drei Monate in der schützenden Unterkunft geblieben. Jetzt sind auch zwölf Monte keine Seltenheit mehr. Erst einmal gehe es um die Existenzsicherung der Frauen mit ihren Kindern. Viele rechtliche Fragen müssten geklärt werden. Das neue Haus, so die Hoffnungen der Mitarbeiterinnen, könnte mehr Raum bieten, mit den Betroffenen neue Lebensperspektiven zu entwickeln. Sie wünschten sich auch mehr Personal. "Bisher müssen wir auch Hausmeistertätigkeiten miterledigen", berichtete Ludwig.

Einen fixen Zeitplan für den Bau des Frauenhauses gibt es noch nicht. "Der nächste Schritt ist die Gründung einer gemeinnützigen GmbH als Trägergesellschaft", teilte der dritte Bürgermeister Helmut Ankenbrand (SPD) als Sitzungsleiter des Sozialausschusses mit. Auf dem selben Grundstück, gleich nebenan, soll mit dem Hospiz noch eine weitere Einrichtung für den Landkreis Fürstenfeldbruck entstehen. Ermöglicht werden die Bauten durch ein Vermächtnis an die Germeringer Sozialstiftung.

© SZ vom 11.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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