Schuleinschreibung:Gymnasium wird wieder beliebter

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Die Übertrittsquote steigt nach Jahren, in denen viele Schüler den Weg über Real- und Fachoberschule zum Abitur wählten, an. Das könnte auch mit der Rückkehr zum G9 zu tun haben

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Nach Jahren leicht rückläufiger Tendenz verzeichnen die Gymnasien im Landkreis wieder steigende Nachfrage. 1076 Schülerinnen und Schüler meldeten sich für Herbst neu an einem der sieben Gymnasien an, im Vorjahr waren es 990. Damit steigt die Zahl der Viertklässler im Landkreis, die ans Gymnasium übertreten, erstmals seit dem Schuljahr 2014/15 wieder auf über tausend Schüler. Die Übertrittsquote auf das Gymnasium liegt damit bei 47 Prozent. Das heißt, dass fast jedes zweite Kind im Alter von zehn Jahren auf ein Gymnasium wechselt.

Das ist immer noch beachtlich viel, auch wenn die Spitzenwerte von Anfang des Jahrzehnts nicht wieder erreicht werden. In der jüngsten Sitzung des Kreiskulturausschusses, dem die Übertrittszahlen präsentiert wurden, erinnerte Günter Sigl, Schulreferatsleiter im Brucker Landratsamt, daran, dass "wir schon mal bei 54Prozent waren". Inwieweit die steigenden Schülerzahlen damit zu tun haben, dass für die Fünft- und Sechsklässler vom neuen Schuljahr an wieder das G9 die Regel ist, vermag man im Landratsamt allerdings noch nicht zu beurteilen.

Für "viel zu hoch" hält Klaus Quinten die Übertrittszahlen an die Gymnasien. Der Brucker UBV-Kreisrat, der selbst "40 Jahre Schulalltag" als Gymnasiallehrer hinter sich hat, wie er im Ausschuss erwähnte, nennt den Andrang an den Gymnasien "gesellschaftlich schlecht, für die Schule schlecht, weil das Niveau nach unten geht, und auch für einen Teil der Schüler schlecht, weil sie auf der falschen Schule sind". Quinten verwies auf den Philosophen und Politikwissenschaftler Julian Nida-Rümelin, der kürzlich in einem Vortrag beim Wirtschaftsempfang in Fürstenfeldbruck die zunehmende Akademisierung kritisiert hatte. Man müsse diese Entwicklung als falsch erkennen, forderte auch Quinten und verwies auch auf die hohe Zahl an Einser-Abiturienten. Das bedeute nicht, "dass die Schüler alle besser geworden sind". Leider gebe es keine Daten, mit denen die Bildungsforschung die Ergebnisse von vor 30 Jahren mit den heutigen verglichen habe. Quinten bedauerte dies: "Das ist offensichtlich unerwünscht."

Die Gegenrede kam umgehend von Johann Thurner von den Freien Wählern. "Wir brauchen als Land einen hohen Bildungsstandard", betonte er. Deshalb sei notwendig, dass "möglichst viele versuchen, Gymnasium oder Realschule zu absolvieren". Die steigenden Zahlen zeigen seiner Meinung nach, dass mit Wiedereinführung des G 9 nun wieder mehr Eltern "den direkten Weg" zum Abitur wählen.

Möglicherweise ist die Aussicht auf die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium auch der Grund, warum sich erstmals seit Jahren weniger Fünftklässler am Gymnasium Puchheim angemeldet haben. Es erlebte zuletzt einen Ansturm, weil es mit dem Modellversuch "Mittelstufe plus" bereits eine Art G 9 anbieten konnte: Die Jahrgangsstufen acht, neun und zehn werden dabei auf vier Jahre ausgedehnt. Die neuen Fünftklässler können indes keine "Mittelstufe plus" mehr wählen, weil für sie das G9 gilt. 137 Fünftklässler sind nach dem Probeunterricht in Puchheim angemeldet, im Vorjahr waren es 172. Dafür übertrifft das Nachbargymnasium in Gröbenzell die Prognose mit 207 Fünftklässlern, für die sieben Klassen gebildet werden müssen, deutlich. Vor allem Schüler aus Maisach und Olching drängen nach Gröbenzell, obwohl sie mindestens ebenso gut das Olchinger Gymnasium erreichen könnten. In Olching meldeten sich 127 Neulinge an.

Die steigenden Zahlen haben auch damit zu tun, dass es mehr sogenannte Einpendler an die Landkreisgymnasien gibt - Schüler also, die Nachbarkreisen kommen und zuvorderst an die beiden Germeringer Schulen drängen. Am Carl-Spitzweg-Gymnasium meldeten sich jetzt 159 Fünftklässler an, am Max-Born-Gymnasium 135 - was zusammen genommen einer ganzen Klasse mehr entspricht als im Vorjahr.

An den beiden Fürstenfeldbrucker Schulen gleichen sich die Schülerzahlen wieder an, nachdem das Graf-Rasso-Gymnasium (GRG) vor Jahren sowie im vergangenen Jahr extrem wenige Neuzugänge verzeichnete. Nun wollen 143 Fünftklässler am GRG beginnen, am Viscardi-Gymnasium im Westen der Stadt liegen die Neuanmeldungen mit 168 ziemlich exakt auf Vorjahresniveau. Der Landkreis, der als Sachaufwandsträger die Gebäude bereit stellen muss, kündigte bereits an, auf eine ausgewogenere Verteilung der Schüler an die einzelnen Gymnasien achten zu wollen - auch im Hinblick auf das wiederbelebte G 9. Spätestens, wenn in einigen Jahren dadurch ein zusätzlicher Jahrgang an jeder Schule unterrichtet werden muss, werden dafür auch weitere Räume benötigt.

An den Realschulen beträgt die Übertrittsquote 27,5 Prozent. Die Zahl der Anmeldungen für die fünften Klassen ist bislang nur minimal höher als im Vorjahr, weitere Anmeldungen aus den Mittelschulen werden jedoch noch erwartet. Diese sind erst zum Schuljahresende möglich. Die meisten, nämlich 136, nimmt die Orlando-di-Lasso-Realschule in Maisach neu auf. Sie ist in der glücklichen Lage, aufgrund der Nachbarschaft zur Mittelschule über ausreichend räumliche Kapazitäten zu verfügen. Gut ausgelastet ist auch die Ferdinand-von-Miller-Realschule in Fürstenfeldbruck, dorthin wollen 120 Neulinge. In Unterpfaffenhofen meldeten sich 109 Fünftklässler an, an der Realschule Puchheim 128. Beide Schulen verfügen auch über einen gebundenen Ganztagszweig.

© SZ vom 27.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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