Schauplätze der Geschichte:Tod auf der Bärenhatz

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Die Kaisersäule zu Ehren von Ludwig dem Bayern steht nahe der Ortschaft Puch im Landkreis Fürstenfeldbruck. (Foto: Johannes Simon)

Kaiser Ludwig der Bayer hatte Zeit seines Lebens viele Gegner - nicht nur unter den weltlichen Regenten. Die Päpste belegten den streitbaren Wittelsbacher mit Kirchenbann. Als er im Oktober 1347 bei Puch auf der Jagd vom Pferd stürzte, bedeutete das einen großen Machtverlust für das bayerische Herrschergeschlecht

Von Andreas Ostermeier, Fürstenfeldbruck

Dem Autofahrer, der auf der Bundesstraße 2 von Fürstenfeldbruck in Richtung Augsburg unterwegs ist, wird die Ortschaft Puch kaum auffallen: ein paar Bauernhöfe, daneben die neuen Häuser der Zugezogenen, drumherum Äcker und Wiesen. Es sieht aus wie vielerorts in Oberbayern. Doch hier, im unscheinbaren Puch, ist Kaiser Ludwig IV. gestorben, einer der berühmtesten bayerischen Herrscher. Im Oktober 1347 war das. Der Kaiser, besser bekannt unter dem Beinamen "der Bayer", befand sich auf der Bärenjagd, als er im Alter von 65 Jahren vom Pferd stürzte und - der Legende nach - in den Armen eines Bauern starb.

Es ist nicht die einzige Legende, die sich um das Leben des ersten Wittelsbachers auf dem Kaiserthron rankt. Bereits als Säugling soll er von einem Affen "entführt" worden sein. Das exotische Tier wurde am Alten Hof, der Residenz der Wittelsbacher in München, gehalten. Das kleine Kind umklammernd soll der Affe aufs Dach des Stadtschlosses und sodann ein Türmchen hinaufgeklettert sein, ehe er wieder ins Schloss zurückkehrte, den künftigen Kaiser wohlbehalten im Arm.

Das wirkliche Leben Ludwigs war weniger eine Legende als die Geschichte vom Aufstieg eines Herrschers, der sich gegen viele Widerstände durchsetzen musste. Mit seinem älteren Bruder Rudolf geriet er in Streit um das Erbe des Vaters, gegen seinen Vetter Friedrich den Schönen, mit dem er am Wiener Hof gemeinsam erzogen worden war, focht er zwei Schlachten aus und mit den Päpsten lag er zeitlebens über Kreuz, weil sie ihn mit dem Kirchenbann belegten. Im Jahr 1314 wurde Ludwig zum deutschen König gewählt - aber nicht allein. Gleichzeitig erhielt auch der Habsburger Friedrich der Schöne diese Würde. Selbst Ludwigs Bruder Rudolf, mit dem sich Ludwig im Jahr zuvor versöhnt hatte, stimmte für Friedrich. Weil Ludwig seinen Wiener Vetter im Jahr 1313 bei Gammelsdorf besiegt hatte, wurde er zum Kandidaten all der deutschen Fürsten, die keinen Habsburger als König haben wollten. Dennoch kam es zur Doppelwahl, und der Wittelsbacher musste bis 1322 mit dem Gegenkönig Friedrich leben - bis zur Schlacht bei Mühldorf. Dort geriet Friedrich in Gefangenschaft. Ludwig hielt ihn drei Jahre lang auf der Burg Trausnitz fest.

Nun regierte er alleine, seine Herrschaft wurde aber immer noch nicht von allen Fürsten anerkannt, so dass Friedrich 1325 ein Comeback feiern konnte. Vertraglich wurde ein Doppelkönigtum festgelegt, das erst mit dem Tod Friedrichs im Jahr 1330 endete. Zu dieser Zeit hatte Ludwig aber schon einen ganz anderen Gegner, Papst Johannes XXII. Dieser hatte ihn 1324 exkommuniziert, vorgeblich, weil Ludwig den Titel eines römischen Königs führte, ohne sich die Einwilligung des Papstes geholt zu haben. Tatsächlich aber wohl deshalb, weil sich Ludwig in die Politik in Oberitalien eingemischt hatte, was der Papst, der zu dieser Zeit in Avignon saß, nicht dulden wollte. Zu einer Verständigung der beiden kam es nicht - im Gegenteil: Ludwig zog 1327 nach Rom und ließ sich dort ein Jahr später von einem Gegenpapst die Kaiserkrone aufsetzen. In dieser Zeit entstand auch sein Beiname "der Bayer". Papst Johannes meinte das durchaus abfällig. Er nannte Ludwig nur den Bayern, um so auf jeglichen Titel wie Herzog, König oder Kaiser verzichten zu können. Außerdem war die klangliche Nähe von "Bavaricus" und "Barbarus" durchaus beabsichtigt.

Der Kirchenbann gegen Ludwig bewegt immer noch die Gemüter, beispielsweise das von Robert Weinzierl. Der Fürstenfeldbrucker, der dem Historischen Verein in seiner Heimatstadt angehört, ist aufgrund der Akten, die er gelesen hat, davon überzeugt, dass der Wittelsbacher ein "tieffrommer Mann" gewesen ist. Deshalb hat sich Weinzierl schon vor Jahren an den Münchner Kardinal Friedrich Wetter gewandt und ihn gebeten, sich für die Aufhebung des Kirchenbanns einzusetzen. Wetter antwortete, das sei nicht nötig, denn die Kirchenstrafe ende mit dem Tod des Gebannten. Wetters Antwort ist derzeit in Regensburg zu sehen, in der Landesausstellung über Ludwig den Bayern.

Der Streit Ludwigs mit dem Papst endete jedoch nicht - wie der mit Friedrich - durch den Tod des Kontrahenten. Auch Johannes' Nachfolger bestätigten den Kirchenbann gegen den Wittelsbacher. Und der Zwist mit anderen deutschen Fürsten holte den durchsetzungsfähigen, aber wohl auch dickschädeligen und wenig kompromissbereiten Wittelsbacher Monarchen wieder ein. 1346, ein Jahr vor seinem Tod, bekam es Ludwig erneut mit einem Gegenkönig zu tun. Die Wahl von Karl IV. war eine Reaktion der Fürsten darauf, dass Ludwig etliche Territorien, die durch den Tod ihrer Herrscher an den Kaiser fielen, an Wittelsbacher vergab, um seine Hausmacht auszubauen. Mit dieser Politik verspielte er die Chance, den Königsthron für das bayerische Herrschergeschlecht zu sichern. Erst einige Jahrhunderte später sollte es noch einmal ein Wittelsbacher zu Kaiserwürden bringen: Karl VII. Albrecht im Jahr 1742.

Die Machtfrage zwischen Ludwig und Karl musste jedoch nicht mehr militärisch entschieden werden. Ehe es zu einer Auseinandersetzung kommen konnte, starb Ludwig IV. bei der Jagd in Puch. An dieses Geschehen erinnert heute die Kaiser-Ludwig-Säule. Sie steht direkt an der Abzweigung von der B 2 in den kleinen Fürstenfeldbrucker Ortsteil. Von der Bundesstraße aus ist sie schwer zu sehen, denn das Denkmal ist von einem Dutzend Eichen und Ahornbäumen umgeben. Die kleine Anlage wurde Anfang des 19. Jahrhunderts von Friedrich Ludwig von Sckell entworfen, der auch den Englischen Garten gestaltet hat. Wie eine Ansicht von damals zeigt, war das Areal umzäunt.

Einen Zaun gibt es heute nicht mehr, so dass Besucher nah an den Obelisken aus weißem Ettaler Marmor herantreten können. Auf der dem Dorf zugewandten Seite sind an der Säule der kaiserliche Doppeladler zu erkennen sowie das bayerische Wappen. Die Inschrift kündet vom Tod des Kaisers am 11. Oktober 1347. Die der B 2 zugewandte Seite zeigt ein Porträt Ludwigs sowie eine lateinische Inschrift, auf welcher der Herrscher als "Verteidiger der deutschen Freiheit" sowie als "tapferer und standhafter Mann" bezeichnet wird. Zu der Anlage gehört auch eine Brunnenanlage aus Tuffstein. Das Denkmal wurde ursprünglich vom Abt und vom Prior des Klosters Fürstenfeld initiiert. Nach der Aufhebung des Klosters 1803 übernahm laut einer Darstellung des Historischen Vereins Fürstenfeldbruck der Kurfürst und spätere König Maximilian I. das Projekt und ließ die Erinnerungssäule errichten.

Am Freitag: Im 15 Jahrhundert schlagen die Wittelsbacher Familienschlachten - unter anderem die bei Alling

© SZ vom 04.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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