Schau:Leben zwischen den Kieseln

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Das Kiesbett der Amper wie bei Grafrath sieht nicht nur gut aus, es ist auch ein wichtiger Lebensraum für Tiere, der allerdings gefährdet ist. (Foto: Johannes Simon)

Eine Ausstellung in der Stadtbibliothek in der Aumühle zeigt die Besonderheiten im Ampertal

Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Sie sind vor Jahrmillionen unter höchstem Druck und Hitze zusammengeschmolzen, in Stücke zerbrochen und mit dem Gletscher ins Voralpenland geschoben, im Wasser rund gerieben worden und schieben sich mit dem Lauf der Amper langsam gen Norden. Den Kieseln im Fluss zwischen Ammersee und Isar sowie dem Lebensraum, in dem sie liegen, ist eine Ausstellung in der Fürstenfeldbrucker Stadtbibliothek gewidmet. Am Montagabend eröffnet, ist das Gemeinschaftsprojekt der Landschaftspflegeverbände Fürstenfeldbruck, Dachau und Freising öffentlich und kostenlos bis zum Samstag, 24. September, zugänglich.

Für die einen ist Kies, um den es im Wesentlichen geht, tote Materie, für die anderen ein wunderbarer Lebensraum. Zu den "anderen" gehört Sebastian Böhm, der neue Gebietsbetreuer für das Ampertal. Er betreut den Flussabschnitt in den Landkreisen Fürstenfeldbruck und Dachau und hat sich in seiner zunächst auf zwei Jahre angelegten und vom bayerischen Naturschutzfonds bezahlten Amtszeit einiges vorgenommen. Dafür benötigt er auch die Öffentlichkeit, und so nahm er am Montag die Gelegenheit wahr, seine Ausstellung in der Aumühle zu kommentieren. Allerdings vor nur wenigen Besuchern, denn die Ausstellungseröffnung fand am Vorabend des neuen Schuljahres statt. Böhm spricht, wenn er das Ampertal überblickt, von einem "bedrohten Biotop". Die Begradigungen und Verbauungen haben dazu geführt, dass sich der Kies nicht mehr auf natürliche Weise verlagert. Wo die Amper mäandert, schiebt der Fluss am äußeren Rand Kies ab und zum inneren Rand hin. So werden immer neue Möglichkeiten geschaffen, wo sich Tiere und Pflanzen ausbreiten oder neu ansiedeln können.

Dass sich zwischen den Kieseln im Wasser spannende Prozesse abspielen, das versuchte Böhm den Gästen näherzubringen. Kleine Schnecken und Muscheln benötigen die Lücken zwischen rund geschliffenen Kalk- und Sandsteinen, den Dolomiten, Gneisen und Quarzen, um dort zu leben, Fische, um dort zu laichen. Von Minikrebsen und Laich ernähren sich wiederum Bachstelzen, Wasseramsel und Flussregenpfeifer. Allerdings droht dieses Kieslückensystem kaputt zu gehen, weil immer mehr Sediment eingetragen wird. "Durch den Maisanbau sind viele offene Böden entstanden", sagte Böhm. Wind und Wasser tragen die Erde und den Sand aus diesen Feldern ab und bringen sie in den Fluss ein. Die Folge: Kieslücken verstopfen.

Zu den Aufgaben Böhms gehört nun, in der Amper Stellen zu finden und zu kartieren, wo am besten neue Kiesstellen geschaffen werden können, um den Lebensraum zu verbessern. Bei Haimhausen und Hebertshausen im Landkreis Dachau sollen die ersten beiden seiner Baustellen liegen, in einer zweiten Phase kommen zwei Gebiete im Landkreis Fürstenfeldbruck dran.

Die Schaffung neuer Kieslaichplätze wird vom oberbayerischen Fischereiverband stark unterstützt. Die Fischer haben ein natürliches Interesse daran, dass sie Aale, Forellen und Zander auch weiterhin angeln können. Die Geschäftsführerin des Verbandes, Caroline Schaffer, betonte denn auch die Bedeutung der Kiesflächen als Reproduktionsort und wünschte sich, dass es durch Uferaufweitungen an einigen Stellen wieder möglich werde, für die Fische eine "natürliche Kinderstube" anzulegen.

© SZ vom 14.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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