Sankt Rasso:Klanglose Wallfahrtskirche

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Voraussichtlich bis Ostern müssen die Grafrather auf den Glockenschlag verzichten. Bei der Demontage des maroden Gebälks im kleinen Dachreiter-Turm stellt sich heraus, dass es komplett ersetzt werden muss

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Das Geläut der Rassokirche in Grafrath ist seit der vergangenen Woche verstummt. Das freilich hat mitnichten etwas zu tun mit Beschwerden von Nachbarn, die sich in ihrer Ruhe gestört fühlen - so wie im Fall der Brucker Kirche Sankt Bernhard. Die drei Glocken der an der Bundesstraße 471 gelegenen Wallfahrtskirche wurden vielmehr komplett demontiert, um den maroden Glockenstuhl auszutauschen. In ein paar Monaten soll der Glockenklang noch besser und harmonischer zur Geltung kommen.

Herbert Brettner von der Kirchenverwaltung hat die Arbeiten sowie den Abtransport in eine Spezialwerkstatt in Passau begleitet und dokumentiert. Der kleine Dachreiter-Turm der Wallfahrts- und Mittelpunktskirche des Pfarrverbands Grafrath-Schöngeising habe nur Platz für drei relativ kleine Glocken, erklärt er. Seit vielen Monaten aber sei "das Geläut immer erbärmlicher" geworden - wegen des instabilen Glockenstuhls. Durch dessen starke Eigenschwingung gelangten die Glocken nicht in den richtigen Rhythmus. Ungünstig war zudem, dass die größte und schwerste Glocke am höchsten Punkt des Glockenstuhls aufgehängt war statt, wie es üblich ist, an der tiefsten Stelle.

Über mehrere Jahre wurde von den Experten diskutiert, wie zu verfahren sei. Ein Eingriff in die historische Substanz sollte unbedingt vermieden werden. Letztlich hat man sich darauf geeinigt, den Glockenstuhl völlig abzubauen und in der Werkstatt zu sanieren. Am Montag vor einer Woche begannen die Demontage-Arbeiten. Alle Balken des Glockenstuhls und auch die Glocken wurden auf die Empore abgeseilt. Das letzte Stück wurden sie aus der Kirche getragen. Dabei wurde deutlich, was für Prachtstücke die drei Glocken sind: Die größte und schönste ist den heiligen Aposteln Philippus und Jacobus geweiht. Zwar sind beide die ursprünglichen Kirchenpatrone. Die Glocke aber wurde 1741 gegossen. Und zu dieser Zeit war das Grab des heiligen Rasso der Hauptanziehungspunkt der Wallfahrten, und wenige Jahre später erhielt die Kirche dann ihre prachtvolle Rokoko-Ausstattung, die den heiligen Rasso ganz in den Vordergrund stellt.

Auf dieser Glocke von 1741 ist deutlich sichtbar eine Registrierungsnummer aufgemalt. Das deutet darauf hin, dass sie im Zweiten Weltkrieg schon konfisziert worden war, um eingeschmolzen zu werden. Sie gelangte dann aber doch unbeschadet nach Grafrath zurück. Die zweite Glocke wurde 1746 gegossen. Sie erklingt "Zu Gottes Ehr". Die dritte und kleinste Glocke ist nicht datiert. Vermutlich wurde sie erst nach den Zweiten Weltkrieg gegossen, als keine Bronze für den Glockenguss zur Verfügung stand.

Bei der Demontage des Glockenstuhls stellte sich heraus, dass fast alle Balken morsch sind. Einige weisen Brandspuren auf. Nach dem ersten Augenschein ist fraglich, ob eine Wiederherstellung überhaupt möglich ist. Eine Sanierung dürfte in jedem Fall um ein Vielfaches teurer sein als ein neuer Glockenstuhl. Wie weiter verfahren werden soll, entscheidet das staatliche Hochbauamt Freising, das Landesamt für Denkmalpflege und die Fachleute der Passauer Firma Perner.

Bevor die Glocken verladen wurden, kam Pater Ludwig, Pfarrer im Pfarrverband Grafrath-Schöngeising und Guardian im Franziskaner-Kloster Grafrath, vorbei, um sich zu verabschieden. Vor dem Abbau des Glockenstuhls wurde in Aussicht gestellt, dass das Geläut der Rassokirche heuer an Ostern wieder erklingen kann.

© SZ vom 16.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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