Runder Geburtstag:Das Gesicht der Bürgerstiftung

Lesezeit: 3 min

Anlass zum Feiern: Dorothee von Bary beim Empfang zum 20-jährigen Bestehen der Bürgerstiftung. (Foto: Matthias F. Döring)

Mit Tatkraft und Einfühlungsvermögen hat die Vorsitzende Dorothee von Bary die Hilfseinrichtung geprägt. Jetzt wird die Sonderpädagogin aus Emmering 60 Jahre alt

Von Gerhard Eisenkolb, Emmering

Glück und Zufriedenheit stellen sich bei Dorothee von Bary ein, wenn sie mit dem, was sie tut, etwas bewegen kann. Was sie damit meint, bezeichnet die Sonderschullehrerin mit einem Fachbegriff. Sie spricht von der Erfahrung der Selbstwirksamkeit, die sie seit 20 Jahren auch als ehrenamtliches Vorstandsmitglied der Bürgerstiftung für den Landkreis Fürstenfeldbruck erlebt. Dass dort einiges bewegt wird, liegt auch an ihr. Schließlich trägt sie seit Gründung der Bürgerstiftung im Vorstand Verantwortung. Verantwortung für das von Stiftern anvertraute Kapital, für deren Projekte wie die Tafeln oder für die etwa 250 Zeitstifter, wie dort die Ehrenamtlichen genannt werden. Wenn sie sagt, "dass man dort, wo man lebt, Verantwortung übernehmen muss", klingt ein konservativer, nicht mehr selbstverständlicher Wert an. Die Aussage erinnert daran, dass in einem Gemeinwesen jeder auch Pflichten hat, ebenso wie in der Familie und im Beruf.

Die agile Dorothee von Bary lässt sich gerne in die Pflicht nehmen. Seit 2013 ist die mit einem Juristen verheiratete Emmeringerin, die an diesem Montag ihren 60. Geburtstag feiert, Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung. In der Öffentlichkeit wurde sie zu deren Gesicht. Und weil sie in diesem Amt aufgeht, steht sie wie kein anderer für das Image der Bürgerstiftung. Also für das Vertrauen, das diese genießt, und für deren Leistung, im Landkreis das ehemals elitäre, Vermögenden vorbehalten Stiften demokratisiert zu haben. Kann doch hier jeder Stifter werden, indem er Geld oder Zeit einbringt. Dorothee von Bary übergeht im Gespräch geflissentlich, dass ihre Art von Selbstwirksamkeit kein Selbstläufer ist. Ohne ihre Selbstdisziplin, ihre Zuverlässigkeit, ihren Fleiß, ihr Improvisations- und Organisationstalent wäre die Bürgerstiftung nicht geworden, was sie ist.

Die gewinnende, sympathische Vorstandsvorsitzende ist sich für keine Arbeit zu schade, sie packt überall mit an. So lebt sie vor, was die Stiftung ausmacht: Unterschiedliche Menschen mit verschiedenen Talenten begegnen sich auf gleichem Niveau, weil sie ein gemeinsames Ziel verfolgen. Das verbindet. Auch wenn sie viel Zeit investiert, sei die Familie nie zu kurz gekommen, sagt von Bary. Beruf, Familie und Ehrenamt zu vereinbaren, hält sie für eine Frage der Organisation. Und mit anderen gut zusammenzuarbeiten, das Miteinander von Menschen zu befördern, bezeichnet sie als ihre Stärke.

Was macht eine Mutter von drei Kindern, die eine Auszeit vom Beruf genommen hat und sich für gesellschaftspolitische Themen interessiert. Sie sucht sich eine Aufgabe, die für die Pädagogin idealerweise die Kommunalpolitik gewesen wäre. Nur konnte sie sich nicht dazu durchringen, einer Partei beizutreten. Zudem schreckte sie ab, was sie als Zuhörerin in Sitzungen kommunaler Gremien erlebte. "Das war nichts für mich", bekennt sie offen. Just in der Phase, in der sie kurz vor dem 40. Geburtstag wieder zu arbeiten begann, tat sich eine für sie bessere Alternative auf. Das war die Möglichkeit, in der neugegründeten Bürgerstiftung Pionierarbeit zu leisten.

Dort konnte sich Dorothee von Bary jenseits von Parteien gesellschaftspolitisch engagieren. Zudem boten sich ihr, wie sie beteuert, größere Möglichkeiten zu wirken und sich zugleich etwas zu bewahren, was sie für essenziell hält: ihre Unabhängigkeit und Freiheit. Zeichnet es doch die Bürgerstiftung aus, unabhängig von Parteien, Politikern, Außenstehenden zu sein. Verpflichtet ist sie nur dem Stifterwillen. Also den Auflagen oder Zweckbestimmungen, die Stifter mit der Überlassung eines Teils ihres Vermögens verbinden. Im Denken und Handeln unabhängig zu sein, mit Menschen zusammenarbeiten zu dürfen, die ebenso empfinden wie sie, und mit ihnen spannende Dinge zu besprechen, das alles fand die Vorsitzende in den Gremien der Stiftung. "Dort kann man über alles diskutieren, trotz unterschiedlicher Lebenswege", sagt sie begeistert.

Gesellschaftliches Engagement wie Dorothee von Bary es praktiziert, bedeutet zuerst einmal, offen zu sein und sich ohne Vorbehalte auf andere einzulassen. Also sie ernst zu nehmen, um deren Lebenssituation und Anliegen zu verstehen. Sie geht davon aus, dass jeder für sein Verhalten einen tieferen Grund hat. So wird das Verstehen anderer Lebenswirklichkeiten, dessen was andere Menschen tun, zum Ausgangspunkt eines fundierten Urteils. Erst dann folgt das Agieren, mit das Ziel, etwas zu verbessern.

Diesem Prinzip, eine Notwendigkeit zu erkennen und danach zu handeln, bleibt die Vorsitzende in der Stiftung treu. Ja, es gab auch den Ausschlag bei ihrer Berufswahl. Weil sie mit einer gehörlosen Schwester in einer gutbürgerlichen Familie aufwuchs und den Umgang mit Hörbehinderten schon als Kind lernte, wurde sie Sonderpädagogin. Zurzeit unterrichtet sie nicht. Sie gehört dem Mobilen Sonderpädagogischen Dienst an, der im Landkreis an Regelschulen Lehrer, Eltern und Kinder fachlich berät und unterstützt. Sie kümmert sich um Kinder, die auffällig sind, sowie um Integration und Inklusion. Sie sei im "beratenden Gewerbe" tätig, merkt die 60-Jährige dazu flapsig an. Hier komme es, wie so oft im Leben, auf Authentizität sowie auf Gradlinigkeit an. Fehlt letztere, erzeuge das nur Unsicherheit.

Ihr Beruf und die Arbeit für die Bürgerstiftung ergänzen sich oft. Wie beim Projekt "Willkommen im Leben" oder beim früheren Projekt "Grundton", dessen Anliegen es war, allen Kindergartenkindern im Landkreis über Musikerziehung Basiskompetenzen fürs Leben zu vermitteln. In ihrer Freizeit reist, wandert, walkt Dorothee von Bary gern. Sich täglich zu bewegen oder wie beim Bergsteigen körperlich auszuarbeiten, reinige den Kopf, merkt sie mit einem Lächeln an. Zudem interessiert sie sich für klassische Musik. Und es gibt auch Dinge, für die ihr momentan die Zeit fehlt. So würde sie gerne wieder Querflöte spielen.

© SZ vom 11.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: