Regierungsbildung:Appell zum Weiterverhandeln

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Auf die Plätze fertig los: Die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) trägt Schuhe, die mit der Bayernraute und einem grünen Lederaufsatz in den Umrissen des Freistaates Bayern verziert sind. (Symbolbild) (Foto: dpa)

Für keinen der drei Bundestagsabgeordneten aus dem Landkreis ist Jamaika endgültig gestorben. Während sich Staffler und Walter-Rosenheimer gegen Neuwahlen aussprechen, ist das für Schrodi zumindest eine Option

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Beate Walter-Rosenheimer, Bundestagsabgeordnete der Grünen aus Germering, hat sich am Montag mit dem Scheitern der Sondierungsgespräche für ein schwarz-gelb-grünes Regierungsbündnis nicht abfinden wollen. Schon bevor Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine Erklärung abgab, erinnerte die Politikerin aus dem Landkreis an die Verantwortung der Parteien, eine Regierung hinzubekommen. Das würden die Wähler zu Recht erwarten. Laut Walter-Rosenheimer geht es nun darum, das Beste aus der Situation zu machen. Auch die direkt gewählte Wahlkreisabgeordnete und Hasselfeldt-Nachfolgerin Katrin Staffler bezeichnete es als falsch, nun Neuwahlen anzustreben. "Wir haben einen Wählerauftrag bekommen und sollten es noch einmal probieren", sagte die CSU-Politikerin.

Um zu ergänzen, "mir fehlt die Fantasie dafür, was bei Neuwahlen besser werden sollte". Eine stabilere Regierung verbindet die Türkenfelderin nämlich nicht unbedingt mit einem zweiten Urnengang. Ihr SPD-Bundestagskollege aus Olching, Michael Schrodi, hält nun alles für möglich. Sowohl Neuwahlen als auch weiterhin noch eine Jamaika-Koalition. Die Hasselfedt-Nachfolgerin hofft nun, dass sich in den anstehenden Gesprächen der Parteivorsitzenden mit dem Bundespräsidenten ein Weg findet, der zu einer stabilen, handlungsfähigen Regierung führt. Dies habe für sie zurzeit oberste Priorität.

Während Staffler der SPD vorwarf, sie weigere sich strikt, Verantwortung zu übernehmen, verwies Schrodi darauf, aus dem Wahlergebnis seiner Partei mit 20,5 Prozent lasse sich kein Auftrag für eine Regierungsbeteiligung ableiten. Die Grüne Walter-Rosenheimer kritisierte wiederum vor allem FDP und CSU. "Ich finde es traurig, wie die FDP die Sondierungen abbricht", sagte sie. Den CSU-Verhandlern sprach sie den Willen ab, Jamaika gelingen zu lassen. Die "Selbstherrlichkeit" des FDP-Vorsitzenden Christian Lindner rege sie auf, die "bockbeinige und sture CSU" ebenso. Schließlich gehe es um die Zukunft Deutschlands und nicht um die bayerische Landtagswahl im nächsten Jahr, auch wenn das für die CSU an erster Stelle stehe. Die Abgeordnete aus Germering sprach sich, ebenso wie Staffler, gegen Neuwahlen aus, obwohl ihre Partei nach Umfragen viel besser abschneiden würde als noch Ende September.

Die Frage, ob er, sollte es zu Neuwahlen kommen, Angst hat, seine Bundestagsmandat innerhalb kürzester Zeit wieder zu verlieren, ließ Schrodi offen. "Persönliche Befindlichkeiten stehen nicht im Vordergrund", sagte der Parlamentarier. Es gehe momentan nicht um das eigene Mandat. Der Sozialdemokrat verwies vor der Sitzung seiner Fraktion am Montagnachmittag auf die bisherige Linie seiner Partei, für eine weitere große Koalition nicht zur Verfügung zu stehen. Schrodi ließ aber offen, wie sich die SPD seiner Ansicht nach verhalten sollte. Dafür beteuerte auch der SPD-Politiker, Neuwahlen nicht zu fürchten. Gelinge es der SPD nämlich zu vermitteln, dass sie für Stabilität und Verlässlichkeit stehe, habe sie bei Neuwahlen nichts zu befürchten. Zudem sei seine Partei programmatisch gut aufgestellt. Ja, Schrodi hofft sogar, dass die SPD vom Scheitern der Verhandlungen und dem damit verbundenen Durcheinander profitieren könnte. So hätten Grüne und FDP im Wahlkampf getönt, es besser zu können. Jetzt wären die beidem Parteien in der Verantwortung und kämen nicht zusammen, sagt der Abgeordnete. Das sein kein "Reifezeugnis". Im Gegensatz hierzu habe die SPD bewiesen, dass Deutschland mit einer sozialdemokratischen Regierungsbeteiligung immer gut gefahren sei.

Walter-Rosenheimer verwies auf die Kompromissbereitschaft der Grünen. In diesem Punkt sei ihre Partei bis an die Schmerzgrenze gegangen. Um zu ergänzen, sie sei bereit, auch bei einer Minderheitsregierung mitzumachen und Angela Merkel (CDU) zur Bundeskanzlerin zu wählen. Klarheit zur Beteiligung an einer Minderheitsregierung erwartete sich die Germeringerin von der Sitzung ihrer Fraktion am Montagnachmittag. Es bestehe kein Grund zur Panik, beteuerte die Grüne.

"Bestürzt" zeigte sich Katrin Staffler darüber, wie sich die CSU in den vergangenen Wochen in der Öffentlichkeit als Partei präsentierte. Das gebote Schauspiel habe "etwas von Selbstdemontage", kritisierte sie die parteiinternen Machtkämpfe. Die Türkenfelderin erinnerte an den Beschluss, erst die Sondierungsgespräche und dann die Personaldebatte zu führen. Laut der neuen Bundestagsabgeordneten stehen nun schnelle Entscheidungen dazu an, wie es in der CSU weitergehen soll und wie der alte Zusammenhalt wiederherzustellen sei. Viele Mails und Anrufe hätten ihr gezeigt, wie groß inzwischen die Verunsicherung unter den CSU-Mitgliedern sei.

© SZ vom 21.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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