Reden wir über:Puchheims Masche

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Bürgermeister Norbert Seidl und seine "bestrickte Stadt"

Interview von Peter Bierl

Die Puchheimer haben bis Jahresende die Gelegenheit, ihre Stadt zu bestricken. Sie können für das Geländer der Bahnhofsunterführung, die Skulptur am Grünen Markt oder diverse Poller und Zäune bunte Überzüge anfertigen. Die Kampagne "Bestrickte Stadt" hat das Mehrgenerationenhaus Zap zum zehnjährigen Bestehen seines Strickcafés "Heiße Nadel" gestartet. Bürgermeister Norbert Seidl übernimmt die Schirmherrschaft.

SZ: Stricken Sie oft mit heißer Nadel?

Norbert Seidl: Eigentlich immer, zumal ich sowohl Stricken als auch Häkeln in der Grundschule gelernt habe. Ich war ganz gut darin, Topflappen zum Muttertag und so. Während des Studiums habe ich manchmal gestrickt. In den frühen Achtzigerjahren war es angesagt zu zeigen, dass auch Männer stricken können.

Die Grünen waren damals die Stricker-Partei, aber Sie sind zur SPD gegangen.

Damals war ich gar nicht parteilich fixiert. Es war der Spirit der Zeit.

Was war Ihr größtes Werk?

Ein FC-Nürnberg-Schal, den habe ich mit Stolz getragen.

Woran stricken Sie gerade?

Zuletzt habe ich vor zwei Jahre eine Mütze gemacht. Es hat zwar etwas Beruhigendes, aber jetzt komme ich nicht mehr dazu.

Und in den diversen Sitzungen?

Da muss ich aufpassen, die anderen lauern doch darauf, dass der Bürgermeister einen Fehler macht.

Im Kreistag ginge es doch.

Stimmt, die einen sind auf Facebook unterwegs, ich könnte häkeln.

Bei dem Projekt "Bestrickte Stadt" ist von Wollkunst im öffentlichen Raum die Rede. Halten Sie Strickwaren für Kunst?

Es ist weniger Kunst als eine Inanspruchnahme des öffentlichen Raums, der nicht klinisch rein sein soll.

Das spräche auch für Graffiti.

Im Prinzip sollte der Raum der Jugend zur Verfügung stehen, es ist ein Teil von Revolte. Oft ist es Sachbeschädigung, bei privaten Flächen geht es gar nicht, im öffentlichen Raum eher. Eine graue Bahnhofsunterführung kann grauselig bunt werden, aber auch wahre Kunstwerke enthalten, oft sind Graffiti inzwischen kommerzialisiert. In Helsinki hat die Stadt 50 Meter einer neuen Unterführung freigegeben und eine Absauganlage eingebaut, damit keiner sich durch die Dämpfe vergiftet. Das Schöne an unseren Wollsachen ist, dass man sie ganz leicht wieder entfernen kann.

Start von "Bestrickte Stadt" im Strickcafé "Heiße Nadel", Samstag, 15. Juli , 14 bis 20 Uhr (anschließend immer dienstags von 14 bis 16 Uhr)

© SZ vom 14.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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