Reden wir über:Neujahrsböllern am Seeufer

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Foto: Günther Reger (Foto: Günther Reger)

Schussmeisterin Carmen Sturz gibt in Germering das Kommando

Von Stefan Salger

Der Schützenverein Gemütlichkeit Unterpfaffenhofen lässt am Neujahrstag die Korken knallen - ganz ohne Schampusflaschen. Von 14 Uhr an greifen zwölf Schützen zu Handböllern, zünden jeweils um die 20 Gramm Pulver und lassen es ordentlich krachen. Verschossen werden Korkpfropfen. Zum Neujahrsböllern oberhalb des Parkplatzes am Germeringer See werden Hunderte Gäste erwartet. Schussmeisterin Carmen Sturz, 50 (), erläutert das Brauchtum.

SZ: Was, bitte schön, macht eine Schussmeisterin?

Carmen Sturz: Sie ist die Chefin der Böllerschützen und gibt das Kommando. Am Dienstag gibt es eine Achter-Schussfolge.

Wie passt das zusammen: Schussmeisterin und Leiterin des Oekumenischen Sozialdienstes Gröbenzell?

Das passt ganz wunderbar. Es ist so etwas wie ein Ausgleich auf einer ganz anderen Schiene - auch zur Tätigkeit als Leiterin des Kriseninterventionsteams. Man erhält eine Tradition, und es macht einfach Spaß und ist gemütlich.

Wie sind Sie zum Böllern gekommen?

Das war 2007. Meine Schwester hat sich zu ihrer Hochzeit die Böllerschützen gewünscht. In München darf man nicht schießen, also haben wir die Böllerer nach Gröbenzell geholt. Und uns beiden hat diese sympathische Truppe so gut gefallen, dass wir etwas später selbst eingetreten sind ...

... als einzige Frauen unter 16 Böllerschützen. Gut für die Frauenquote.

Manche Vereine nehmen gar keine Frauen auf. Es mag eine Rolle spielen, dass die Handböller halt auch einige Kilo wiegen - meiner wiegt acht Kilo. Aber das ist eigentlich gar kein Problem für mich.

Was bedeutet das Neujahrsböllern?

Die Geister des Winters werden mit viel Rauch und Lärm vertrieben. Das Brauchtum gibt es seit langer Zeit, in Germering immerhin schon knapp 20 Jahre. Für uns als Verein ist das Neujahrsschießen der Höhepunkt des Jahres, auch weil da immer viele Zuschauer kommen.

Kann beim Schießen etwas schiefgehen?

Wichtig ist, dass das Schwarzpulver nicht nass wird. Manchmal ist es gar nicht so leicht zu sagen, woran es liegt, wenn sich mal kein Schuss löst.

Benötigen Sie einen Waffenschein?

Nein, aber man muss eine Ausbildung nach Paragraf 27 Sprengstoffgesetz absolvieren, schließlich hantiert man mit explosivem Schwarzpulver.

Wie sieht es mit dem Vereinsnachwuchs aus?

Unser Jüngster ist 30 Jahre alt, der Altersschnitt liegt bei 63 Jahren. Das zeigt, dass auch unser Verein gerne junge Mitglieder aufnehmen würde. Eine Hürde kann das Finanzielle sein. Für Lehrgang, Bescheinigungen und die passende Schuhe, Jacke, Hut und Lederhose kann man schon mit bis zu zweitausend Euro rechnen, inklusive mindestens 500 Euro für den handgefertigten Böller. Die Tradition hat also schon ihren Preis.

© SZ vom 29.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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