Reden wir über:Die Leugnung des Holocaust

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Historiker Sven Deppisch. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Historiker Sven Deppisch referiert an der Volkshochschule

Von Peter Bierl

Die Leugnung des Holocaust beginnt bereits während des Zweiten Weltkrieges und findet sich heute etwa auf Querdenker-Aufmärschen. Der Gröbenzeller Historiker Sven Deppisch () referiert darüber am Donnerstag, 11. März, in einer Veranstaltung der Volkshochschule Fürste. Die SZ fragte ihn, wie aktuell die Leugnung der Schoah ist.

SZ: Sie haben über die Beteiligung der Polizeischule Fürstenfeldbruck an den NS-Verbrechen geschrieben. Wie kamen Sie auf das Thema Holocaustleugnung?

Sven Deppisch: Ich wurde im Studium damit konfrontiert. Mich reizte die Frage, wie es sein kann, dass der Völkermord, der am besten erforscht und dokumentiert ist, bestritten wird. Bei Vorträgen über mein Buch zur Polizeischule habe ich dann auch erlebt, dass einzelne Leute die Wahrheit nicht akzeptieren wollen und rechte Propaganda verbreiten.

Wann beginnt die Holocaustleugnung?

Die Nationalsozialisten versuchten schon, die Schoah zu vertuschen. Sie verwendeten Codewörter wie "Sonderbehandlung", gegen Kriegsende wurden Dokumente vernichtet, Krematorien und Gaskammern gesprengt, Leichen exhumiert und verbrannt. In der Nachkriegszeit konzentrierte sich die extreme Rechte zunächst darauf, die Kriegsschuld zu bestreiten. Seit den Siebzigerjahren treten Leute professionell auf, bestreiten den Holocaust in Teilen oder zur Gänze und gerieren sich als unbescholtene Forscher, die bloß Fragen stellen.

Welche Rolle spielen die sozialen Medien?

Darüber können sich solche Positionen schneller ausbreiten, aber es liegt nicht nur daran und es handelt sich nicht bloß um ein paar Ewiggestrige. Die AfD trägt dazu bei, erinnert sei an einen Vorfall 2018, als eine Führung durch die KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen abgebrochen wurde, nachdem von der Partei geladene Gäste die Existenz der Gaskammern in Frage stellten. Generell gilt, im postfaktischen Zeitalter erfreuen sich Verschwörungstheorien und Antisemitismus zunehmender Beliebtheit. Die Corona-Krise ist dafür ein idealer Nährboden.

Inwiefern spielt die Pandemie eine Rolle dafür?

Da heften sich Leute einen Judenstern mit dem Schriftzug "ungeimpft" an die Brust oder ein Mädchen vergleicht sich mit Anne Frank, weil sie nicht wie sonst Geburtstag feiern kann. Das Leid der Opfer wird so grob verharmlost.

Besteht zwischen Leugnung und Relativierung kein Unterschied?

Doch klar, aber das Schema ist ähnlich. Der Judenmord wird instrumentalisiert und man stilisiert sich selbst zum Opfer. Im Kern geht es darum, die Geschichte umzuschreiben und Antisemitismus zu schüren.

Holocaustleugnung, Online-Vortrag mit Sven Deppisch am Donnerstag, 11. März, 19 bis 21 Uhr, Anmeldung VHS Fürstenfeldbruck, Telefon 08141/50 14 20, E-Mail: vhs@fuerstenfeldbruck.de

© SZ vom 04.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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