Reden wir über:Basis-Deutsch und Pünktlichkeit

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Geschäftsführerin der Volkshochschule Puchheim Claudia Frodien. (Foto: Johannes Simon)

Volkshochschulchefin Frodien zu den Puchheimer Flüchtlingssprachkursen

interview Von Peter Bierl

Die Volkshochschule Puchheim bietet drei Sprachkurse für Asylbewerber an, die in der Unterkunft in der Siemensstraße abgehalten werden. Zwei Kurse werden mit Spenden aus der Puchheimer Aktion "Sei ein Deutschkurs-Pate für Flüchtlinge" finanziert, einen Kurs bezahlt die Agentur für Arbeit. Statt Grammatik zu pauken, verfolgen die Dozenten ein praxisorientiertes Konzept. Über die Schwierigkeiten sprach die SZ mit Geschäftsführerin Claudia Frodien .

SZ: Was ist das Ziel der Sprachkurse für Flüchtlinge?

Claudia Frodien: Es geht darum, Grundkenntnisse zu vermitteln, um den Alltag zu bewältigen. Dazu setzen die Dozenten auf ein sehr praxisorientiertes Konzept. Wir verwenden am Anfang keine Bücher, weil manche Teilnehmer mit dieser Struktur noch nichts anfangen können. Außerdem versuchen wir, die Bedeutung von Pünktlichkeit und Anwesenheit zu vermitteln.

Wie sieht das in der Praxis aus?

Im Klassenzimmer werden zum Beispiel am Vormittag Lebensmittel durchgenommen, anschließend ein Einkaufszettel erstellt. Nachmittags gehen die Kursteilnehmer in die Geschäfte, am nächsten Tag werden die Einkäufe im Kurs präsentiert, dabei die Wörter wiederholt und zeitlich eingeordnet, sodass die Vergangenheitsformen gelernt und geübt werden. Ein weiterer Aspekt ist, dass gezielt Fragen aufgegriffen werden. Manchen fällt es schwer, Begriffe wie "Nein", "neu", "neun" und "Null" zu unterscheiden.

Woher kommen die Menschen, die die Kurse besuchen?

An dem Kurs, den die Arbeitsagentur bezahlt, dürfen nur Asylbewerber mit eine Bleibeperspektive teilnehmen. Das sind Menschen aus Syrien, Eritrea, Iran und Irak. In den beiden Kurse, die aus der Puchheimer Spendenaktion finanziert werden, kommen die Teilnehmer aus allen möglichen Ländern.

Der Bildungsgrad dürfte sehr unterschiedlich sein?

Ja, die Spanne reicht von der akademischen Mittelschicht bis zu Tagelöhnern. Das Niveau ist sehr unterschiedlich und es ist die große Kunst der Dozenten, damit klarzukommen. Aber wir haben vier Vollprofis. In den Puchheimer Kursen sind allerdings keine Analphabeten und nur Menschen, die die lateinische Schrift kennen. Die anderen fahren zu Sprachkursen nach München, dort gibt es auch spezielle Alphabetisierungskurse. Es sind mehr Männer als Frauen in den Kursen.

Gibt es Unterschiede?

Die Frauen sind im Durchschnitt höher motiviert, oft anfangs etwas schüchtern, setzen sich aber durch, obwohl manche der Männer dominant sind.

Worin zeigt sich das?

Die Männer setzen sich in der Regel im Kursraum am Anfang vorne hin und die Frauen hinten. Es ist wie bei uns in den Fünfzigerjahren.

Wie lange dauern die Kurse an der Volkshochschule?

Von November bis Juni. Dazu wollen wir ab Februar in den Räumen der Volkshochschule einen Intensivkurs für Fortgeschrittene anbieten.

© SZ vom 04.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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