Puchheim:Von den Problemen der Posts

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Wie soll man mit den sozialen Medien umgehen? Das bereden in Puchheim (von links) Dominik Schneider, Michael Schrodi, Moderator Norbert Seidl, Stefan Primbs und Christian Hufnagel. (Foto: Günther Reger)

Eine Expertenrunde diskutiert die Auswirkungen der sozialen Medien auf die Meinungsbildung

Von Valentina Finger, Puchheim

Wenn Stefan Primbs von Trollen und unwahren Narrativen berichtet, führt er nicht durch den Märchenwald. Das Dickicht, das er in seinem Vortrag "Social Media, Fake News und Hate Speech" zu lichten versucht, ist vielmehr das Internet. Primbs ist Social-Media-Beauftragter des Bayerischen Rundfunks, wo er die Einheit "Social Listening und Verifikation" leitet. Der Status quo der sozialen Medien und wie man die dort verfügbaren Informationen wertet, war der Schwerpunkt seines Impulsreferats im Puc.

Fake News, also manipulativ in Umlauf gebrachte Falschmeldungen, die zum Beispiel im Kontext der Flüchtlingskrise auftauchen, könne man durch eigene Recherchen und die Überprüfung der Quellen als solche enttarnen, so Primbs. Denn das sogenannte Framing, die Neu-Kontextualisierung von Botschaften zu bestimmten Zwecken, berge die Gefahr, beeinflusst zu werden. Sieht jeder online nur das, was seine Ansicht bestätigt, und prallen jene Filterblasen dann aufeinander, komme es zu einem Filterclash, einer Spaltung der Gesellschaft, verstärkt durch Propaganda und Hetze in den Netzwerken.

Wenn die Auswirkungen von Plattformen wie Facebook so negativ ausfallen können, worin liegt dann das Gute von Social Media?, wollte der Puchheimer Bürgermeister Norbert Seidl (SPD), der die anschließende Podiumsdiskussion moderierte, wissen. Primbs spricht von einem Demokratisierungsschub, da man sich frei äußern und andere leichter mobilisieren könne. Dass jener Mehrwert jedoch nur eine Seite ist, geben der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Schrodi und Dominik Schneider vom Puchheimer Jugendbeirat zu bedenken. Schrodi verweist auf das starke Verhetzungspotenzial, Schneider auf die Einschränkung der freien Meinungsäußerung, wenn Netzwerke ungemütliche Posts eigenmächtig entfernen dürfen.

Dass jeder, auch unter falschem Namen, seine Meinungen im Netz verbreiten kann, sieht Christian Hufnagel, Redaktionsleiter der Fürstenfeldbrucker SZ, als Nachteil. Bei Kommentaren unter bestimmten Beiträgen, die brisante Themen behandeln, komme man als Moderator oft nicht hinterher. Während die Reich- und Wirkungsweite der gedruckten Lokalausgaben qualitativ und quantitativ abnehme, erreiche man mit einem Facebook-Post auch bei geringerer Abonnentenzahl mehr Leser-Offensive, ein Trend, den Hufnagel mit Blick auf die Zukunft der Print-Medien enttäuscht zur Kenntnis nimmt. Um die Entwicklung der digitalen Demokratie positiv zu beeinflussen, muss der öffentliche Raum der sozialen Netzwerke laut Primbs noch mehr von den "Guten" besetzt werden, um Hetzern keinen Platz zu lassen. Hufnagel rät Journalisten, ihre Arbeit weiter gewissenhaft zu verfolgen, um zu zeigen, was Qualitätsjournalismus bedeutet. Für Diskussion statt Zensur und verstärkte Medienbildung plädiert Schneider. Dass man "dagegen halten" muss, darin sind sich alle einig, und das, so Schrodi, "auf der Straße genauso wie im Netz".

© SZ vom 17.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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