Partnerstadt:Gelebte Völkerverständigung

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Enthüllung: OB Andreas Haas (von links), Künstler Ferenc Nemes und der Bürgermeister von Balatonfüred, Istvan Boka, zeigen die "Mutter mit Kind", Germerings neues Kunstwerk im Rathauspark. (Foto: Günther Reger)

Neben dem Rathaus steht jetzt die Skulptur eines Bildhauers aus der ungarischen Partnerstadt Balatonfüred. Die "Mutter mit Kind" ist aus einem groben Felsbrocken entstanden

Von Isolde Ruhdorfer, Germering

Im Rathauspark des Germeringer Rathauses steht am Freitag ein geheimnisvoll verhüllter Klotz. Das weiße Tuch lässt nur Konturen erahnen. Zusammengehalten wird es von zwei Bändern in den Nationalfarben Deutschlands und Ungarns. Bei dem verdeckten Klotz handelt es sich um die Skulptur "Mutter mit Kind" des ungarischen Künstlers Ferenc Nemes. Germering pflegt seit nunmehr 30 Jahren eine Partnerschaft zur ungarischen Stadt Balatonfüred. Die Kleinstadt liegt am Plattensee im Westen des Landes und hat etwa 13 500 Einwohner. Nun, zum Jubiläum der Städtepartnerschaft, wird die Skulptur feierlich enthüllt.

Aus der Partnerstadt ist neben einer Delegation und dem Bürgermeister auch der Künstler angereist. Bei ihm bedankt sich Oberbürgermeister Andreas Haas (CSU) ganz besonders. Dann erklärt er, was eine "Mutter mit Kind" mit der Freundschaft zwischen zwei Städten zu tun hat. "Man denkt ja an Maria mit dem Jesuskind", sagt er. Dennoch sei die Statue nicht in die Nähe einer Kirche, sondern neben das Rathaus gestellt worden. Titel und Kunstwerk seien sehr neutral gehalten.

Der grobe Felsbrocken ist etwa einen Meter hoch. Daraus schält sich das Gesicht einer Frau. Sie hat die Augen geschlossen und strahlt vollkommene Zufriedenheit und Glückseligkeit aus. Unter ihr befindet sich der Kopf eines Säuglings. Die Mutter solle man als Idee verstehen, meint Haas, und das Kind als deren erfolgreiche Umsetzung. Die Idee, das ist hier natürlich die der "Völkerverständigung". Die Umsetzung ist die gelebte Freundschaft zwischen zwei Städten aus verschiedenen Ländern. Das sei nach Zeiten des Nationalsozialismus und Kommunismus sehr wichtig, betont Haas. Schließlich sei eine Partnerschaft wie jetzt nicht immer möglich gewesen. "Das erscheint uns heute selbstverständlich - fast schon zu selbstverständlich", sagt Haas.

Dabei sei Völkerverständigung "schon als Wort groß". Das könne nur funktionieren, wenn "die Menschen aus verschiedenen Ländern die Möglichkeit haben, sich kennenzulernen." Städtepartnerschaften würden einen hervorragenden Rahmen für gegenseitige Besuche bieten. So seien nicht nur persönliche Freundschaften entstanden, sondern auch Beziehungen zwischen Einrichtungen und Institutionen. "Wir wollen diese Freundschaft weiterhin mit Leben füllen", verspricht Haas.

Die Skulptur wurde zwar von einem ungarischen Künstler geschaffen, entstand aber in Germering während der "Werktage". Jedes Jahr treffen sich 16 Bildhauer, um zwei Wochen lang mit Holz und Stein zu arbeiten. Der Leiter der Werktage achtet immer darauf, dass zwei Plätze Künstlern aus der ungarischen Partnerstadt vorbehalten sind. So entstand im vergangenen Juli die "Mutter mit Kind". Der Stein, aus dem die Skulptur gemacht ist, stammt aus Österreich. So entstehe echte Völkerverständigung, freuen sich einige Ungaren. Ferenc Nemes reist jedes Jahr zu den Werktagen an und wollte die Skulptur von Anfang an der Stadt schenken. "Aus Dankbarkeit", wie er sagt. Und aus Freundschaft und Sympathie. Das erste Mal in Germering war er vor mehr als 20 Jahren. Damals suchte der Deutsch-Ungarische Verein, den es heute nicht mehr gibt, Gastfamilien für die Besucher aus Balatonfüred. Dreimal war Nemes so in Germering gewesen, später dann nur noch zu den Werktagen. Seine damalige Gastmutter, die Stadträtin Eleonore Cröniger (CSU), sieht er jetzt zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder. Sie habe heute noch einige seiner Kunstwerke. "Wir haben so schöne Sachen von ihm", sagt sie. Sogar eine "Mutter mit Kind" aus Holz. Das ist nämlich eines seiner Lieblingsmotive.

© SZ vom 12.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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