Öffentlicher Nahverkehr:Digital unterwegs

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Immer mehr Menschen im Landkreis nutzen Bahn und Bus. Das Angebot wird deshalb laufend ausgebaut. Schnellere und genauere Informationen sollen das System für Fahrgäste noch attraktiver machen

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Der Landkreis möchte die Möglichkeiten der Digitalisierung verstärkt für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) nutzen. Dazu zählen sollen dynamische Fahrgastinformationssysteme, die Busfahrgäste über die tatsächlichen Abfahrtszeiten informieren, automatische Zählsysteme, die darüber Auskunft geben, wie viele Fahrgäste auf welchen Strecken unterwegs sind, bis hin zur Aufwertung der Ruftaxizentrale in eine Mobilitätszentrale. Der Kreistag fand die Ideen, die die CSU-Fraktion als Antrag eingebracht hatte, jetzt ausnahmslos gut und beauftragte die Kreisverwaltung per einstimmigem Votum, entsprechende Schritte einzuleiten.

Die Landkreise im boomenden Großraum München sind, weil immer mehr Verkehr entsteht, auf gute Bahn- und Busverbindungen angewiesen. Allein im Landkreis Fürstenfeldbruck befördern die Regionalbusse mittlerweile mehr als neun Millionen Fahrgäste jährlich, bedienen etwa 800 Haltestellen und legen knapp acht Millionen Wagenkilometer zurück. Auch in seinem Klimaschutzkonzept bekennt sich der Landkreis zu einer nachhaltigen Mobilität. Im Bereich ÖPNV habe der Landkreis eine "Vorbildfunktion", betonte deshalb Hubert Ficker (CSU), Referent für Strukturpolitik und den ländlichen Raum, in der jüngsten Kreistagssitzung. Um die Attraktivität des ÖPNV weiter zu steigern und ihn nachhaltig und umweltfreundlich zu gestalten, forderte die CSU nun in einem Antrag eine "digitale Mobilitätsoffensive". Fraktionsübergreifend fand das Ansinnen Zustimmung, das zunächst keine finanziellen Auswirkungen auf den Kreishaushalt haben wird. Vielmehr geht es erst darum, die entsprechende Logistik zu entwickeln und bereit zu stellen.

Busbahnhof Fürstenfeldbruck: Mehr als neun Millionen Fahrgäste nutzen pro Jahr im Landkreis die Regionalbusse. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Bis es so weit ist, dass Fahrgäste zum Beispiel sogenannte Echtzeitdaten übers Handy abrufen können, also Live-Informationen darüber, wann der von ihnen gewählte Bus tatsächlich ankommen oder abfahren wird, wird es noch dauern. Verwaltungsintern gibt es diese Daten in den acht MVV-Verbundlandkreisen schon, für die Nutzung etwa über Smartphone-Apps müssen indes noch Anforderungen des von der Bayerischen Eisenbahngesellschaft betriebenen "durchgängigen elektronischen Fahrgastinformations- und Anschlusssicherungssystems" (Defas) definiert werden.

Mit der flächendeckenden Verfügbarkeit von Echtzeitdaten können dann auch "dynamische Fahrgastinformationssysteme" (DFI) zum Einsatz kommen, die auf größeren Displays über die jeweiligen Abfahrts- und Ankunftszeiten von S-Bahn, Bussen und Ruftaxi informieren. Weil die Einrichtung solcher Displays für die einzelnen Städte und Gemeinden teuer ist, soll die digitale Ausstattung für alle Verbundlandkreise einheitlich über den MVV koordiniert werden. Jede Kommune soll dann selbst entscheiden, wo und wie viele Displays aufgestellt werden. Die ersten Kommunen stünden schon in den Startlöchern, sagte Hermann Seifert, ÖPNV-Fachmann im Landratsamt, der SZ.

Außerdem sieht die Digitalisierungsoffensive vor, dass die Busse auf den Linien im Landkreis zumindest in Teilen mit automatischen Fahrgastzählsystemen ausgestattet werden, "damit für einzelne Strecken kontinuierlich repräsentative Fahrgastdaten zur Verfügung stehen". Damit könnte die alle drei Jahre gleichzeitig in allen acht Verbundlandkreisen stattfindende Zählung durch den MVV obsolet werden, erläuterte Seifert den Kreisräten. Der Aufwand dieser Zählungen, auch personeller Art, ist hoch, "es sollte möglichst jede Fahrt an einem anderen Tag gezählt sein", so Seifert. Dennoch sind die Daten wichtig, um Details über die Frequentierung der einzelnen Buslinien zu erhalten. Mit der ständigen Ausweitung des Bahn- und Busnetzes wird die Durchführung der Zählungen freilich immer schwieriger. Ein automatisches Zählsystem hätte den Vorteil, auch über einen längeren Zeitraum und damit unabhängig von Einzelereignissen auch kurzfristig "Daten mit hoher Validität zu liefern", heißt es in den Unterlagen, die den Kreisräten zur Sitzung ausgereicht wurden. Mit einem Einsatz im Landkreis rechnet die Kreisverwaltung jedoch nicht vor Ende 2020, weil dies zunächst nur bei neu auszuschreibenden Buslinien möglich sei.

Bei den Ruftaxis möchte der Landkreis, wie im CSU-Antrag gefordert, mit der neuen Ausschreibung im nächsten Jahr auch alternative Antriebe zum Einsatz bringen. Die Ruftaxizentrale - in der die telefonischen Anfragen eingehen und disponiert werden - soll mittelfristig zu einer Mobilitätszentrale ausgebaut werden, die auch landkreisübergreifend tätig sein kann. Der Landkreis Dachau hat bereits Interesse gezeigt und der Kreis Starnberg, der noch überhaupt kein eigenes Ruftaxiangebot hat, beschloss jüngst, dass es von Herbst an im Bereich Inning, Gilching, Herrsching einen Probelauf dazu geben soll. Die Fahrten sollen über die Rufzentrale in Fürstenfeldbruck gebucht werden. Für den Kreis Fürstenfeldbruck könnten damit in Zukunft die entstehenden Kosten auf mehrere Beteiligte umgelegt werden. Das MVV-Ruftaxi - das zu den Zeiten fährt, in denen kein Regionalbus mehr unterwegs ist - gilt im Landkreis Fürstenfeldbruck als Erfolgsmodell. Es löste Mitte 2015 das Anrufsammeltaxi ab und wurde 2017 von knapp 100 000 Fahrgästen genutzt. Durch die geplante Ausweitung der digitalen Bestellmöglichkeiten und Streckenplanungen soll die Ruftaxizentrale schließlich auch entlastet werden.

Bereits im Vorjahr hatte der Brucker Kreistag beschlossen, sogenannte multimodale Verkehrsknotenpunkte koordinieren zu wollen. Darunter versteht man Schnittpunkte der verschiedenen Verkehrssysteme, an denen der Fahrgast das Verkehrsmittel wechseln kann. Nach individuellen Kriterien wird der Fahrgast der Zukunft dann für jeden Weg das jeweils geeignete Verkehrsmittel wählen, auch spontan. Das eigene Auto spielt demnach in den Planungen der Verkehrsteilnehmer weniger eine Rolle, sondern die Fahrgäste können wechseln zwischen den verschiedenen Komponenten, die der ÖPNV dann zu bieten hat - je nachdem, wohin sie gerade wollen. Dazu sollen künftig auch im Landkreis Leihrad- und Carsharing-Systeme sowie E-Mobilität gehören. Im Landratsamt wird es für diese Projekte von Oktober an eine neue Personalstelle geben.

© SZ vom 06.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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