Neujahrsempfang der Luftwaffe:Beziehungskiste mit Ablaufdatum

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Zweiter Bürgermeister Erich Raff wird von Brigadegeneral Bernhardt Schlaak begrüßt (links: Oliver Lentz von der Schlossbrauerei Kaltenberg). (Foto: Günther Reger)

Die Stadt möchte die Partnerschaft mit dem Fliegerhorst über das Jahr 2020 hinaus fortzusetzen

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Nach gut einer Stunde geht am Mittwoch ein Raunen durch den Saal des altehrwürdigen Offizierscasinos, und es gibt spontanen Applaus. Das ist beim Neujahrsempfang im Fliegerhorst eher ungewöhnlich. Brucks Zweiter Bürgermeister Erich Raff hat da gerade vor den etwa 200 Gästen etwas flapsig seiner Hoffnung Ausdruck gegeben, diese besondere Beziehung möge doch noch sehr lange halten. Die besondere Beziehung pflegt die Stadt zum Stützpunkt der Luftwaffe nebst Offizierschule. Die Bundeswehr habe die Stadt geprägt, sagt Raff. Und die Nachricht, dass sich der geplante Umzug der Offizierschule, nach deren Verlegung im Fliegerhorst endgültig das Licht ausgeknipst werden soll, wohl mindestens bis zum Jahr 2020 verschiebt, stimmt den CSU-Politiker alles andere als traurig. Natürlich kennt er die Pläne für den schrittweisen Abzug aller Einrichtungen. "Ich hätte aber auch nichts dagegen, wenn diese endgültig in der Schublade verschwinden."

Damit trifft Raff den Nerv der Gäste, aber offenbar auch vieler Soldaten in den blauen Ausgehuniformen. Der höchste Offizier, Brigadegeneral Bernhardt Schlaak, wurde in den zurückliegenden Monaten und Jahren freilich nicht müde, solche Gerüchte zu dementieren. In seiner Ansprache hält der Leiter der Offizierschule denn auch unbeirrt am Kurs fest. Während draußen die Schneeflocken herunterrieseln, wirft er einen Blick in die Zukunft und gibt sich trotz der angespannten Sicherheitslage durchaus optimistisch. Ein Grund dürfte sein, dass die Soldaten sich in Bruck gut aufgehoben wissen. Dafür spricht, dass Repräsentanten aus Politik, Gesellschaft und Kirche sowie Vertreter der Gymnasien, der Bankinstitute und von Behörden zahlreich der Einladung gefolgt sind - darunter der SPD-Bundestagsabgeordnete Karl-Heinz Brunner, Luitpold Prinz von Bayern, Maisachs Bürgermeister Hans Seidl, Brucks Alt-OB Sepp Kellerer, Polizeichef Walter Müller sowie Stadt- und Kreisräte.

Schlaak streicht heraus, dass sich die Bundeswehr das Wohlwollen der Zivilisten auch verdient hat. So verkaufen Soldaten seit 1996 auf dem Viehmarkt-Christkindlmarkt die fast schon legendäre Erbsensuppe. 13 000 Euro wurden eingenommen und gleich wieder gespendet, unter anderem an Kindergärten und die ökumenische Nachbarschaftshilfe. Entgegenkommend gezeigt hat sich die Luftwaffe auch beim Thema Flüchtlingsunterbringung. Im Herbst 2014 stellte sie mehrere Gebäudetrakte um das frühere Unteroffiziersheim zur Verfügung. Mittlerweile wurde die Unterkunft noch ergänzt um weitere Trakte der einstigen Luftkriegsschule. Zurzeit sind in den Unterkünften, die militärisch entwidmet worden sind, 1200 Menschen untergebracht, in den nächsten Wochen dürfte die Zahl auf bis zu 1600 steigen. Ob weitere Teile im Nordwesten des Militärareals bald abgegeben werden, um dort eine weitere Kurzzeit-Verweileinrichtung für Flüchtlinge einzurichten, dazu äußert sich Schlaak ebenso wenig wie zu Verhandlungen mit der Stadt. Diese will noch vor dem endgültigen Abzug der Bundeswehr die beiden nördlichen Sternbauten sowie ein großes Grundstück im westlichen Bereich erwerben, um den Sozialen Wohnungsbau voranzutreiben. Den Informationen auf Fernsehmonitoren ist zu entnehmen, dass die Bundeswehr bereits im laufenden Jahr die Shelterschleife West ausgliedert.

Auch am bundesweiten Girls Day wird sich die Luftwaffe laut Schlaak erneut beteiligen. 20 Mädchen, die in absehbarer Zeit mit ihrer Ausbildung beginnen, können dabei einen Tag lang in Berufe hineinschnuppern, die man eher mit Buben in Verbindung bringt. Die Bundeswehr nutzt den Aktionstag auch für Nachwuchsgewinnung. Die wird ebenfalls durch die zunehmende Familienfreundlichkeit erleichtert. So wird auch am Brucker Standort trotz aller praktischen Schwierigkeiten die EU-Arbeitszeitverordnung umgesetzt.

Bei allem Lob spricht Landratsstellvertreter Johann Wieser, der den an einer Grippe erkrankten Thomas Karmasin vertritt, dann aber doch noch einen wunden Punkt an: den bereits erfolgten Abzug der Fliegerhorstfeuerwehr, der die örtlichen Feuerwehren "vor große Herausforderungen" stelle. Es gibt Überlegungen, eine Art Feuerwehr-Zweigstelle in der Nähe des Fliegerhorsts zu errichten. Umstritten ist, ob die Bundeswehr sich an den Kosten beteiligen muss. Beim Neujahrsempfang jedenfalls zeigt sich die Bundeswehr von der spendablen Seite und verteilt zu den Klängen des Gebirgsmusikkorps aus Garmisch-Partenkirchen Chili con Carne, das es mit der formidablen Erbsensuppe aufnehmen kann.

© SZ vom 04.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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