Natur im Stress:"Im nächsten Jahr schlagen sie wieder aus"

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Paul Högenauer von der Waldbesitzervereinigung erklärt die Folgen der Trockenheit für die Bäume

Interview Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Noch sind die Temperaturen hoch, noch ist Sommer, doch so mancher Baum sieht aus, als wäre der Herbst für ihn bereits vorbei. Immer mehr Laubbäume zeigen gelbe Blätter, manche Exemplare lassen die Blätter auch schon fallen. Paul Högenauer, Geschäftsführer der Waldbesitzervereinigung Fürstenfeldbruck, erklärt im SZ-Interview, warum die Bäume unter Stress leiden und welche Folgen das für den Wald der Zukunft haben könnte.

SZ: Wie haben sich Hitze und Trockenheit in den vergangenen Wochen auf den Wald ausgewirkt?

Paul Högenauer: Bäume, die auf kiesigem oder sandigem Boden stehen, haben unter dem Wassermangel gelitten. Die Bäume wollen in dem Trockenstress weniger verdunsten und reagieren darauf, indem sie ihre Blätter frühzeitig abwerfen. Auch Nadelbäume können Nadeln verlieren. Das sieht dann so aus, als würden die Bäume eingehen. Aber das ist in den allermeisten Fällen nicht so. Im kommenden Jahr schlagen sie wieder aus. Es gibt in den Wäldern im Landkreis Fürstenfeldbruck natürlich auch Standorte, die einen lehmigeren Boden aufweisen, der Wasser besser speichern kann. Dort leiden die Bäume weniger unter Trockenstress und vertragen die Hitze ganz gut, weil sie sich ausreichend mit Wasser versorgen können.

Im Herbstkleid: Das Laub zahlreicher Bäume ist bereits verfärbt, wie hier in Fürstenfeldbruck. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Was können Waldbesitzer in dieser Situation tun?

Auf Regen hoffen. Das ist das eine, das andere ist die Bewässerung. Man kann einen Wald aber nicht gießen wie einen Garten. Einige Waldbesitzer, die im Frühjahr frisch gepflanzt hatten, haben sich die Mühe gemacht und die Pflanzen gewässert. Aber: Ein ausgewachsener Baum braucht mehrere hundert Liter Wasser am Tag. Da wird es sicher an der einen oder andere Stelle dieses Jahr einen Ausfall geben. Denn je mehr ein Baum unter Wassermangel leidet, desto anfälliger wird er für Krankheiten. Er wird anfälliger für Pilzkrankheiten und Schadinsekten, wie zum Beispiel der Borkenkäfer bei der Fichte.

Welche Folgen hat die Trockenheit langfristig?

Die Fichte ist ein Flachwurzler, sie kommt aus der Bergregion und bevorzugt eigentlich kühleres, feuchteres Klima. Da sie mit ihren Wurzeln eben nicht in tiefere, wasserreiche Schichten vordringt, wird sie in einem Trockenjahr weniger Zuwachs haben. Das sieht man später erst, wenn sie gefällt ist, an den Jahresringen. Ein schmaler Jahresring deutet auf ein Trockenjahr hin. Anders dagegen die Eiche, die mit ihren Wurzeln Schichten erreicht, aus denen sie Wasser ziehen kann.

Paul Högenauer ist Geschäftsführer der Waldbesitzervereinigung Fürstenfeldbruck. Zu der Vereinigung gehören mehr als 650 Waldbesitzer, die eine Gesamtwaldfläche von etwa 4300 Hektar bewirtschaften. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Heißt das jetzt, Fichte raus aus dem Wald und Eiche neu pflanzen?

Es hängt immer von den Standortbedingungen ab. Im Landkreis gibt es sehr gute Böden, die Wasser speichern können, aber eben auch sandige, trockene. Die Fichte wird sich jedoch immer mehr von der Münchner Schotterebene verabschieden. Dafür wird man Kiefern oder Eichen pflanzen können, aber natürlich nicht als Monokultur wie jetzt bei der Fichte. Am besten wäre es, zwei, drei oder vier Baumarten im Wald zu haben. Das nennt man dann Risikostreuung. Die Waldbesitzervereinigung und die Förster vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten beraten die Waldbesitzer, wir haben detaillierte Standortdaten, so dass Wälder entstehen können, die der Klimaveränderung standhalten. So erfährt man von uns auch, dass der Waldumbau staatlich gefördert wird. Aber noch einmal: Wenn die Bäume jetzt Anzeichen von Trockenheit zeigen und Blätter und Nadeln abwerfen, heißt das nicht, dass sie kaputt gehen. Sie sind weniger vital, aber im nächsten Jahr schlagen sie wieder aus.

© SZ vom 30.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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