Natur:Biber dürfen wieder getötet werden

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In Maisach werden zwei von den Nagern errichtete Dämme beseitigt, weil das aufgestaute Wasser Äcker und Wohnhäuser bedroht. Die Population ist inzwischen wieder so groß, dass es nicht mehr genügt, die Tiere wie früher umzusiedeln

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Er ist wieder da: Der Biber lebt seit einigen Jahren wieder im Landkreis; seine Population hat sich gut entwickelt. Angenagte oder gefällte Bäume entlang Amper, Maisach und Glonn und mit Maschendraht umwickelte Baumstämme als Schutz vor den scharfen Zähnen zeugen davon. Für Naturfreunde und -schützer ist die Rückkehr des Bibers eine gute Nachricht. Doch insbesondere für Land- oder Forstwirte sind die unter Naturschutz stehenden Tiere oft ein rotes Tuch: Sie fällen Bäume, plündern Felder, stauen Gewässer, sodass angrenzende, bewirtschaftete Äcker unter Wasser stehen, und unterhöhlen mit ihren Bauten auch Äcker - wenn ein Landwirt dort mit seinem Traktor darüber fährt, kann es schon einmal passieren, dass er mit seinem Fahrzeug einsinkt. In Maisach, genauer: im Ortsteil Überacker, sollen deshalb diese Woche zwei Biberdämme entfernt werden.

Dafür muss eine Tiefbaufirma mit einem speziellen Kettenbagger anrücken. Der erste Versuch mit einem herkömmlichen Radbagger ging bereits schief: Das Fahrzeug versank in dem aufgeweichten Untergrund und musste von einem Traktor herausgezogen werden. Der gemeindliche Bauhof winkte bei der Anfrage des zuständigen Umweltreferenten Eugen Bachhuber von vorneherein ab, da er kein geeignete maschinelle Ausstattung hat.

Allein schon dieser Aufwand verdeutlicht, welche Probleme Landwirte mit dem im vorigen Jahrhundert hierzulande komplett ausgerotteten Nagetier haben. Und dennoch scheint die Geschichte des Bibers in den letzten 150 Jahren exemplarisch für das unausgewogene Verhältnis zwischen Mensch und Natur zu stehen. Wegen seines Fells und des wohlschmeckenden Fleisches war das Tier in Europa praktisch ausgestorben. Seit Ende der Sechzigerjahre setzt der Bund Naturschutz Biber an deutschen Gewässern aus, damit sich ihr Bestand wieder erholt. Seit 1976 steht er unter Naturschutz und unterliegt nicht mehr dem Jagdgesetz. Etwa seit der Jahrtausendwende siedeln sich die possierlichen Tiere mit den langen Zähnen auch im Landkreis stärker an. Inzwischen sind an Amper, Maisach und Glonn alle Reviere besetzt.

Freud und Leid: Für manche ist die Rückkehrdes Bibers an die heimischen Gewässer ein Sieg der Natur. (Foto: Felix Heyder)

Dort, wo der Biber Schäden anrichtet, kann er mit einer Genehmigung "entfernt" werden. Wie Bachhuber erläutert, bedeutet dieses Entfernen mittlerweile meistens, die Tiere zu töten. "Am Anfang durfte man sie nur fangen", erinnert er sich. Noch vor 10, 15 Jahren wurden sie dann in biberarme Gebiete gebracht, etwa in Rumänien. Doch inzwischen sei der Bestand so stabil, dass die Biber getötet werden. Dass die Genehmigung inzwischen bei der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt beantragt wird und nicht mehr bei der Regierung von Oberbayern, was das Vorgehen deutlich unkomplizierter macht, sieht Bachhuber als weiteres Indiz dafür, dass sich die Biberpopulation gut entwickelt.

Für den Krautgartengraben in Überacker, wo nun die zwei Biberdämme entfernt werden sollen, will der Umweltreferent zudem beantragen, dass die Biber getötet werden, sollte das Entfernen der Biberbauten nicht reichen, um sie zu vertreiben. Der künstlich angelegte Entwässerungsgraben verläuft am südöstlichen Ortsrand, fließt zwischen Äckern und Wohnhäusern durch, bevor sie in die Maisach mündet. Laut Michael Kappelmeir FW-Gemeinderat und Nebenerwerbslandwirt aus Überacker, ist der Biber aber nicht nur dort, sondern "im ganzen Moos ein Problem". Seiner Darstellung nach "stehen die Felder schon komplett unter Wasser". Er forderte deshalb jüngst im Umweltausschuss, für die Tiere eine Abschussgenehmigung zu beantragen. Für Anke Simon, die im Auftrag des Bund Naturschutz als Biberberaterin tätig ist, zeigt sich an derartigen Forderungen das charakteristische Problem solcher Konflikte, bei denen verschiedene Interessen aufeinander prallen. "Es ist auch immer Biber versus Landnutzer", beschreibt sie die Problematik.

Für Anwohner können die durch die Staudämme der Biber verursachten Überschwämmungen gefährlich werden. (Foto: Florian Peljak)

Tatsächlich liegt der Krautgartengraben am Rande des Fußbergmooses. Weiter drinnen, "im Kernbereich des Moores" gibt es nach ihrer Erfahrung keine Probleme mit der Rückkehr der Biber. Auch Eugen Bachhuber kann Kappelmeirs Darstellung nicht bestätigen. "Im Fußbergmoos gibt es zwei Dämme, die sind beide legal sag ich mal und werden überwacht." Der eine am Wehr- oder Wöhrgraben wurde mit einer Drainage in seiner Wirkung entschärft. Auch an anderen Stellen versuchen die Tiere Bachhuber zufolge regelmäßig, ihre Dämme zu bauen. Doch dort greife der Mensch ein und entferne sie wieder.

Die Wiedervernässung der Moore ist zudem ein wichtiger Beitrag für den Umweltschutz ist, da viel Kohlendioxid gebunden wird. Das betont der Umweltreferent und verweist auf ein entsprechendes Förderprogramm der Bayerischen Staatsregierung. Ferner gibt es für geschädigte Landwirte finanzielle Hilfen, beispielsweise vom Bund Naturschutz.

© SZ vom 13.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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